An warmen Novembertagen ist es auf Mallorca noch immer möglich, im Meer zu baden. | Ingo Thor

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Es ist, als würde irgendetwas von einem Besitz ergreifen. Kommt man nach Porto Cristo, so wird man von der Größe und Eleganz des nagelneuen Anwesens von Rafael Nadal in den Bann gezogen – und das, obwohl die Bucht des 7000-Einwohner-Ortes und der dazugehörige Strand allein schön genug sind, um die Sinne zu betören. Um seinen herausgehobenen Status zu unterstreichen, lässt der aus dem nur zwölf Kilometer entfernten Manacor stammende Tennisstar den erst vor einigen Wochen fertiggewordenen Komplex abends saphirblau anstrahlen. Seinen im Hafen liegenden Luxuskatamaran hat der Sportler, wenn er denn da ist, immer im Blick.

Ebenfalls in Sichtweite vom Nadal-Anwesen spielt sich auch noch jetzt am 20. November, der MM-Ortsbegehung, ein stilles und gehobenes Urlaubsleben auf der Promenade und an dem kleinen Strand ab, der wie der Ort zur Gemeinde Manacor gehört. Diese kann sich rühmen, dass ihre Strände in den vergangenen Jahren anders als woanders größer geworden sind, und dies vor allem dank der Tatsache, dass in der kühlen Jahreszeit die Flächen regelmäßig mit angeschwemmtem Seegras geschützt wurden. Dass das Ufer in Porto Cristo noch jetzt durchaus belebt ist, liegt am Viersternehotel THB Felip, das sich direkt an der Promenade befindet und im Unterschied zu vielen anderen Insel-Herbergen den gesamten Winter über geöffnet hat.

„Hier kommt man so richtig zur Ruhe”, sagt eine deutsche Urlauberin, die in dem Adults-Only-Haus mit ihrem Gatten eine Woche verbringt. „Die haben ein schönes Spa und ein gutes Frühstücksbüffet.” Ansonsten vertreibe man sich die Zeit bei schönem Wetter am Strand oder in einem der Cafés am sogenannten Riuet, einem stilvoll mit Fischerbooten und Yachten vollgestellten Meeresarm. „Wir gehen immer ins Porto Bello.” Dort speisen auch beim MM-Rundgang viele deutsch- und spanischsprachige Gäste. Schnitzel und Seezunge sowie gebratene Gambas feiern hier ihre Vermählung.

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Auf der Promenade am "Riuet" und nahe dem Strand kann man stundenlang lustwandeln. Foto: it

Unweit dieser gediegenen Bar wurde in den vergangenen Monaten einiges getan, um die Urlauber künstlerisch aufzuheitern: Juan Carlos Núñez bemalte im vergangenen Sommer eine Treppe und andere Wände liebe- und hingebungsvoll mit farbenfrohen Tier- und Pflanzenmotiven. Im Winter davor waren die Promenade und andere Uferbereiche mühevoll aufgemöbelt worden, so dass sie jetzt wie jungfräulich aus dem Ei gepellt daherkommen.

Für das seelische Wohlergehen kultur- und geschichtsbeflissener Gäste sorgt unter anderem eine Ausstellung im Hafen mit über 40 historischen Fotos, auf denen unter anderem zu erkennen ist, wie es hier vor fast 100 Jahren aussah. Und man erfährt, wie es während des Bürgerkriegs 1936 bis 1939 zuging, als republikanische Truppen versuchten, Mallorca unter anderem von Porto Cristo aus den faschistischen Aufständischen um General Francisco Franco zu entreißen, was bekanntlich kläglich scheiterte. Die im neuromanischen Stil erbaute Kirche Mare del Deu del Carme und der 1577 errichtete Wehrturm Torre del Serral dels Falcons taugen ebenfalls dafür, ein kulturvolles Publikum zu elektrisieren. Und wenn man noch Natur sehen möchte, kann man die nahegelegene Drach-Höhle besuchen.

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Urlauber machen ein Erinnerungsfoto. Foto: it

Früher standen in Porto Cristo nur ein paar bescheidene Häuschen, das Hotel Felip gab es bereits, doch viel mehr befand sich nicht hier. Heute strahlt der Ort eine Urbanität aus, die man in anderen Kommunen dieser Größe nicht unbedingt findet. Das liegt daran, dass hier das ganze Jahr über recht viele Menschen leben, anders als etwa in den Ferienorten Cala d’Or oder Cala Rajada, die im Winter quasi aussterben. In Porto Cristo dagegen sind die Bars immer belebt – ob es nun Spanier- oder Magrebinerpinten weiter entfernt vom Meer sind oder Touristenlokale am Riuet und an der Promenade. Ein weiterer Grund, warum Porto Cristo so urban wirkt, dürfte der Kulturmix sein: Urlauber leben hier Straße an Straße mit Nordafrikanern und Normalo- sowie wohlhabenden Spaniern.

Angesichts dieser Urbanität verwundert es nicht, dass die Einwohner von Porto Cristo mitunter die „Unabhängigkeit” von der Muttergemeinde Manacor einfordern. Einige linksregionalistische Lokalpolitiker verlangen in dieser Angelegenheit inzwischen eine Bürger-Befragung.