Entspannt sich vor dem Saison-Finish: Der deutsche Tennisspieler Philipp Kohlschreiber.

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Auf Weltranglistenplatz 24 ist der Augsburger aktuell Deutschlands bester Tennisspieler und hat es zuletzt bei den US Open bis ins Achtelfinale geschafft, wo er an Titelverteidiger Novak Djokovic scheiterte. Vor dem Saisonfinale hat Philipp Kohlschreiber im Robinson Club Cala Serena nochmal die Batterien aufgeladen.

Mallorca Magazin: Sie sind zum ersten Mal auf der Insel...?

Philipp Kohlschreiber: Das ist eigentlich erstaunlich: Ich hab die ganze Welt bereist, aber auf Mallorca war ich noch nie. Es ist so schön, dass ich auf jeden Fall noch mehr von der Insel sehen möchte.

MM: Bei den US Open haben Sie das Achtelfinale erreicht, sind Sie damit zufrieden?

Kohlschreiber: Ich bin zufrieden, auch wenn ich gerne das Viertelfinale erreicht hätte. Mit Djokovic hatte ich dann aber doch einen zu starken Gegner. Solange meine Ergebnisse gleich bleiben oder ein Stückchen nach oben gehen, ist es gut. Beim Tennis gibt es aber immer einen Wermutstropfen: Egal wie gut man gespielt hat, man hört in der Regel mit einer Niederlage auf. Aber damit lernt man umzugehen.

MM: In der dritten Runde spielten Sie gegen den Amerikaner Isner, Weltranglisten-16. Sie sind beide aktuell die besten Spieler ihrer Länder, kein Amerikaner oder Deutscher ist unter den Top 15...

Kohlschreiber: Erfolg kann man im Sport nicht planen, auch die deutsche Fußballnationalmannschaft brauchte lange, um wieder Weltmeister zu werden. Ich denke, es gibt viele gute Spieler in Deutschland. Wir sind aber sehr verwöhnt im Sport. Wenn man nicht gewinnt, ist man leider oftmals nicht gut genug, um wahrgenommen zu werden. In Spanien kommt seit zehn Jahren auch kein neuer Nadal nach. Das verlagert sich immer wieder mal, man muss geduldig sein und dranbleiben. In Deutschland haben wir mit Zverev auch wieder einen sehr guten Spieler, der mal irgendwann in die Top Ten kommen kann. Der ist 17 und zeigt schon ganz starke Leistungen. Man würde sich über ein bisschen mehr Aufmerksamkeit von größeren Fernsehanstalten freuen. Wir leiden extrem darunter, dass zum Beispiel die Öffentlich-Rechtlichen so gut wie kein Tennis zeigen.

MM: Sie selbst werden 31, fühlen Sie sich noch fit für große Taten?

Kohlschreiber: Ich arbeite hart daran, noch weiter nach vorne zu kommen und ich bin fest davon überzeugt, dass ich es noch schaffen kann. Nach zwölf Jahren als Profi gibt es mehr Zwicken im Körper als als man noch jung war, aber noch ist alles unter Kontrolle. Mit 22 habe ich zwar gesagt, mit 30 will ich aufhören. Aber so fühlt sich das jetzt nicht an. Ich finde auch, das vergangene Jahr gehört zu den besten meiner Karriere. Ich spiele besseres Tennis und das macht Lust, noch ein paar Jahre dranzuhängen.

MM: Steht man als Tennisspieler in Deutschland immer im Schatten eines Boris Becker?

Kohlschreiber: Definitiv. Hätte es nie einen Becker oder Stich mit ihren Riesenerfolgen gegeben, hätte man mich als aktuell besten Deutschen bestimmt anders wahrgenommen. So ist man halt in der Geschichte der zehntbeste Deutsche.

MM: Man sagt, Sie haben aber einen guten Kontakt zu Boris Becker. Stimmt das?

Kohlschreiber: Wir haben öfter mal zusammen trainiert und daraus ist ein netter Kontakt entstanden. Er hat mir nach dem Match gegen Djokovic gesagt, dass es ein Monsterfight von mir war, wenn der zweite Satz anders läuft, hätte Djokovic Probleme bekommen. Er hat in der Niederlage nette Worte gefunden, das schätze ich.

MM: Gibt es Freundschaften im Profitennis?

Kohlschreiber: In unserem Sport wird man leider auf Individualismus getrimmt. Das heißt nicht, dass man unfair ist, aber man muss schauen, dass man das Beste für sich rausholt. Ich würde lieber im Teamsport spielen, weil das mehr Spaß macht, wenn man Erfolge feiert.

MM: Der Teamwettbewerb im Tennis heißt Davis Cup. Dort hat Sie Teamchef Carsten Arriens aus dem Team gestrichen. Können Sie die Entscheidung verstehen?

Kohlschreiber: Wenn er das mit jungen Spielern probieren will, muss ich das akzeptieren. Ich kann nur sagen, dass der Davis Cup bei mir persönlich die besten Spiele meiner Karriere hervorgerufen hat. Davis- Cup ist eine unglaubliche Belastung, weil es über Best-of-Five geht. Bei mir merke ich die zwölf Profijahre auch. Wenn mich der Teamchef fragt, würde ich wieder für mein Land spielen.

Die Fragen stellte Thomas Zapp.

(aus MM 37/2014)