Der neue Zaun um Mallorcas wohl bekanntesten Olivenbaum. | Youtube: Mallorca Magazin

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Seit fast 40 Jahren ist er im Amt. Touristen bestaunen ihn, Anwohner schätzen ihn und aus dem Stadtbild von Palma de Mallorca ist er nicht mehr wegzudenken. Die Rede ist vom zirka 600 Jahre alten „Olivera de Cort” – dem Rathaus-Olivenbaum der Inselhauptstadt. Die kunstvollen Verwachsungen seines Stammes verhalfen ihm zu weiteren Namen, wie „das Ohr Mallorcas” oder „das Gesicht des Alten Mannes”. Die Verformungen sind zu sehen, je nachdem, aus welchem Winkel man seinen knorrigen Stamm betrachtet.

Aufgewachsen ist der alte Olivenbaum auf der Finca Pedruixella Petit in Pollença, bis sein Besitzer – der mallorquinische Unternehmer und Hotelier Jaime Batle Manresa – ihn am 3. Mai 1989 der Stadt schenkte. Grund dafür war der erfolglose Versuch in den 1960er-Jahren eine Fichte auf dem Rathausplatz zu pflanzen, die zu Weihnachten als Christbaum geschmückt werden sollte.

Die Idee dazu ist dem deutschstämmigen Landschaftsarchitekten Ulrich Werthwein zu verdanken, der zu Zeiten des damaligen Tourismusbooms nicht nur Hotelgärten, sondern auch öffentliche Plätze professionell begrünte. Sein raffinierter Geschäftssinn veranlasste ihn dazu, Mitte der 50er Jahre, Weihnachtsbäume nach Mallorca zu schaffen und diese auf der Plaça Major den Einheimischen zu verkaufen. Doch die wollten davon nichts wissen und so gingen die geschlagenen Christfichten an ausländische Zirkusdarsteller, die zu der Zeit in der Hauptstadt gastierten. Mit den Jahren stieg die Nachfrage an Werthweins Bäumen in der Adventszeit, aber nur bei den zugezogenen Inselbewohnern. Um schließlich auch die Mallorquiner von seinen Weihnachtsbäumen zu überzeugen, schenkte er dem Rathaus 1963 kurzerhand ein zehn Meter hohes Exemplar, das voller Begeisterung von den Palmesanern angenommen wurde. Damit man nicht jedes Jahr einen neuen Baum aufstellen musste, wurde die Fichte im folgenden Jahr dauerhaft, mit Wurzelwerk, in die Erde zwischen die Pflastersteine auf die Plaça Cort gesetzt.

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Dem nordischen Gewächs war es auf der Insel jedoch zu heiß und so ging die Fichte ein. Auch die darauffolgende Hochgebirgszeder konnte sich mit ihrer neuen, mediterranen Heimat nicht anfreunden.

Die Lösung: ein einheimischer Olivenbaum! Seine Verpflanzung fand als Symbol des Friedens und der Verwurzelung mit dem Land statt. Und da steht er nun, spendet Schatten für erschöpfte Stadterkunder, bietet Unterschlupf für hungrige Vögel, die auf die Tische der umliegenden Restaurants spähen und nach Essensresten Ausschau halten, und schmückt unzählige Fotos als Wahrzeichen der Stadt.

Als Dank für seine treuen Dienste erhielt der „Olivo” vergangene Woche einen metallenen Schutzring, bestehend aus 48 Stäben, die mit einem Handlauf verschweißt sind. Um die Wurzeln, die sich über einen Großteil des Platzes erstrecken, nicht zu beschädigen, wurde der Ring an der Granitpflasterung befestigt. Ein „diskreter und unschädlicher Schutz”, wie die Abteilung für Infrastrukturen die Abzäunung beschreibt, mit der die Menschen auf Abstand gehalten werden sollen. Ganz nach dem Motto: Gucken, ja! Aber bitte nicht anfassen. Oder zu nahe kommen ... Der hölzerne Greis braucht Platz zum Wachsen, damit es ihm nicht so ergeht, wie seinen nordeuropäischen Vorgängern. Er lässt sich nicht gerne auf den Wurzeln herumtrampeln.

Anders auch als seine verendeten Kollegen trägt er keinen Schmuck zu Weihnachten. Der alte Herr steht während der dunklen Jahreszeit würdevoll auf dem Platz unter einem Lichterzelt, anstatt sich selbst mit Leuchtobjekten behangen zur Schau zu stellen. Zurückhaltend und doch imposant wird er hoffentlich noch weitere 40 Jahre über den Platz wachen. Wie der Olivera de Cort selbst zu seiner Bekanntheit steht, wird er nicht verraten. Ein Gentleman schweigt und genießt.