Hier ist Vorsicht geboten, denn die unerlaubte Fahrt durch den kameraüberwachten Anwohnerbereich ("Zona Acire") am Museum Es Baluard schlägt mit 90 Euro zu Buche. | Foto: Jaume Morey

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Europa wächst zusammen, im Guten wie im Schlechten. Das sollten auch ausländische Verkehrssünder auf Mallorca beherzigen, die in der Vergangenheit meist straflos ausgingen, weil die Behörden mit der grenzüberschreitenden Zustellung und Eintreibung überfordert waren.

Seit etwa ein bis zwei Jahren ist für sie die Schonzeit vorbei. Grundlage dafür ist das zum 28. Oktober 2010 in Kraft getretene EU-Abkommen zur Vollstreckung von Bußgeldern, das nun verstärkt in die Praxis umgesetzt wird. Am eigenen Leib erfahren musste das MM-Leser Reinhard M. aus Innsbruck, der im April 2012 seinen Mietwagen in Palmas Altstadt zehn Minuten lang abgestellt hatte, ohne ein Ticket zu ziehen.

"Parken mit Behinderung, 105 Euro", hieß es auf dem in spanischer Sprache ausgestellten Strafmandat, das der 37-Jährige bei seiner Rückkehr an der Windschutzscheibe vorfand. Statt zu bezahlen, flog der Kaufmann zurück nach Hause. Zumal er mit der Summe nicht ganz einverstanden war, die Schuld nur zu bestimmten Zeiten am Bankschalter beglichen werden konnte und am nächsten Tag der Flieger ging. "Vergessen Sie's", rieten einem in solchen Fällen bis 2011 auch die Angestellten vieler Mietwagenunternehmen.

Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Bereits drei Einschreiben aus Spanien haben Reinhard M. in der Heimat erreicht, das erste von der Verkehrsbehörde Dirección General de Tráfico, das zweite vom Innenministerium in Madrid und das dritte von einem Inkasso-Büro aus Barcelona. Die Bezahlung bleibt ihm nur deswegen erspart, weil die Vollstreckung laut Bußgeldabkommen über die österreichischen Behörden laufen müsste, eine direkte Durchsetzung ist nicht zulässig.

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Andere Firmen sind nach MM-Informationen mittlerweile dazu übergegangen, das fällige Bußgeld direkt von der Kreditkarte des Mieters abzubuchen. Rechtlich zwar unzulässig, aber pragmatisch. Zumal es bei sofortiger Zahlung 30 bis 50 Prozent Rabatt gibt und dem Kunden auch eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr des Autovermieters erspart bleibt, die laut AGB bis zu 50 Euro betragen kann.

Auch über das EU-Bußgeldabkommen hinaus finden die spanischen Behörden mittlerweile Wege, um an ihr Geld zu kommen. Vorreiter war die Stadt Palma, die 2012 die Firma Nivi Gestiones S.L. mit internationalen Vollstreckungsaufgaben beauftragt hat. Zugestellt werden die Bescheide nun in lupenreinem Behördendeutsch unter dem Wappen der Stadt Palma - unter anderem auch an die Heimatadresse des Verfassers dieser Zeilen, der für die unerlaubte Fahrt durch einen kameraüberwachten Anwohnerbereich ("Zona Acire") 90 Euro bezahlen sollte.

Eine höfliche Aufforderung mit Widerspruchsmöglichkeit und Ermäßigung auf 45 Euro bei sofortiger Kreditkartenzahlung über ein Internetportal. Besser man kommt ihr nach, wenn das Auto nicht auf der schwarzen Liste landen soll. Auch, wenn die Zustellung nach Auffassung von Juristen theoretisch über das Bundesamt für Justiz erfolgen müsste, um rechtskräftig zu sein.

Das neue Verfahren bescherte Palma 2012 bereits 425.000 Euro an zusätzlichen Bußgeldeinnahmen, von denen allerdings 43 Prozent an Nivi Gestiones gingen. Mittlerweile hat die Firma ein Rahmenabkommen mit dem spanischen Städte- und Gemeindebund FEMP geschlossen, dem 2013 auch Manacor beigetreten ist. Weitere Inselgemeinden dürften folgen.