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Manchen Leuten wird schlecht, wenn sie die Haarnadelkurven durchfahren müssen, andere haben Höhenangst, wieder andere haben gar nicht die Zeit, sich über die Serpentinen dahinzuquälen. Sie bevorzugen den finsteren Tunnel, dessen Maut für eine einfache Fahrt fünf Euro beträgt. Die Rede ist von der Landstraße Palma-Sóller, beziehungsweise ihrem Abschnitt durch oder über die Berge zwischen Bunyola und dem Orangental.

Zumindest seit 1997 haben Verkehrsteilnehmer die Wahl, ob sie auf der Strecke lieber in die Ferne oder in die Röhre gucken. Fakt ist, mit der Eröffnung des Tunnels hat der Verkehr über den Pass einen ausgesprochenen Freizeitwert angenommen. Hier tummeln sich vor allem Radsportler und motorisierte Ausflügler, denen es zuvorderst auf ein Inselerlebnis ankommt, nicht auf die schnelle Fortbewegung von A nach B.

„Und jedes Jahr werden es mehr“, sagt das britische Gastronomenpaar Jago und Francesca, das auf der Passhöhe die Bar Ca’n Topa betreibt. Das Haus existiert seit 1880 und wurde somit zwei Jahrzehnte nach dem Bau der Höhenstraße als Raststätte eröffnet. Zum Vergleich: Das benachbarte Aussichtsrestaurant Dalt des Coll wurde angeblich erst mit der Eröffnung des Tunnels ins Leben gerufen.

Wie dem auch sei: Wer heute auf der zwölf Kilometer langen Bergstraße unterwegs ist, der will vor allem Mallorca „erfahren“. Und das gelingt gut. Denn die Route vermittelt an ihren zirka 60 Kurven sowohl die Naturschönheiten der Insel, als auch ihre Vergangenheit und jene Evolution, die Mallorca zu dem werden ließ, was es heute ist.

Selbst die Schattenseiten sind präsent: An den Aussichtspunkten liegen illegal entsorgter Bauschutt und achtlos weggeworfene Abfälle. Die alten Stützmauern, Grenzsteine und Tiertränken, die in aufwendiger Handarbeit errichtet wurden, sind verwahrlost; die Brunnen sprudeln nicht mehr. Die Zeit und die Massengesellschaft sind über diese Details hinweggegangen.

Das ist ein Verlust. Man sollte wieder stärker auf diese Reminiszenzen am Wegesrand achten und sie vor weiterem Verfall bewahren. Das gilt für diese Strecke wie für die ganze Insel.