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Man kann es drehen und wenden, wie man will: Das spanische Wahl-Sudoku wird nach dem kommenden Sonntag nicht einfacher werden. Die Meinungsforscher sagen ein ähnliches Ergebnis voraus wie am 20. Dezember - mit der durchaus bedeutsamen Ausnahme, dass das Bündnis der Linksparteien Podemos und Izquierda Unida die Sozialisten von der PSOE als zweitstärkste Kraft ablösen könnten. Was ist dann also anders als vor einem halben Jahr? Der Druck auf die Parteien, endlich regierungsfähige Koalitionen zu bilden, ist enorm angewachsen. Wollen sie vor ihrem Wahlvolk nicht als völlige Versager dastehen, müssen sie endlich agieren. Da im Vorfeld der Parlamentswahlen einige Protagonisten solche Zweckehen schon wieder ausgeschlossen haben, könnten dieses Mal auch Köpfe rollen, um zu Ergebnissen zu kommen. Das muss nicht von Nachteil sein. Das Resultat der Neuwahl wird auch deshalb ernster genommen werden, weil die Wähler jetzt weitgehend wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ein halbes Jahr lang konnten sie PP, PSOE, Podemos und Ciudadanos in Aktion sehen. Im Vorjahr wussten viele Spanier noch nicht wirklich, für was Podemos oder Ciudadanos eigentlich stehen, wer ihre Kandidaten sind oder wie der PSOE-Kandidat Pedro Sánchez tickt. Die Granden Europas wünschen sich sicherlich ein Ergebnis, das die Fortsetzung des Konsolidierungskurses Spaniens verspricht, also eine wie immer geartete Regierung mit der PP. Aber so einfach wird das nicht werden. Mit einer Podemos-Regierung bekämen Merkel & Co. einen weiteren unangenehmen Partner im Süden, der von Sparzwängen wenig hält, und ein neuer "Socio" der PP wird ebenfalls darauf drängen, das Land sozial gerechter zu machen. Das kostet Geld. Wieder stehen dem Land spannende Wochen bevor. Dass die Parteien gezwungen sind, ungewohnte Koalitionen einzugehen, ist nicht schlecht. Spanien hatte viele Jahre klare Verhältnisse. Das Ergebnis waren Korruption, Misswirtschaft und himmelschreiende soziale Ungerechtigkeiten. Ein "weiter so" ist zu wenig. Autor: Bernd Jogalla