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"Diese Menschen sind auch Opfer!" Der Satz stammt aus dem Mund des Präsidenten des balearischen Einzelhandelsverbandes Afedeco, quasi dem natürlichen Feind aller Straßenhändler, die vor allem im Sommer auf Mallorca ihr Glück versuchen, indem sie in den Urlauberhochburgen bunten Plastik-ramsch und gefälschte Markenware feilbieten. Natürlich war dieser These von Rafael Ballester auch eine ordentliche Portion Kritik vorausgegangen, an unlauteren Verkäufern und untätigen Behörden gleichermaßen. Und doch ist mit diesem einen Satz alles gesagt. Die "Vendedores", die deutsche Urlauberpaare gerne Helmut und Monika nennen und deshalb mittlerweile selbst als "Helmuts" bezeichnet werden, sind irgendwie Täter und Opfer zugleich. Opfer, weil die meisten von ihnen wahrscheinlich nie die Chance auf ein gutes Leben bekommen haben - Täter, weil sie nunmal einer (meist) illegalen Beschäftigung nachgehen und damit anderen schaden. Was soll der Ladeninhaber denken, der jeden Monat die Miete für sein Lokal abführt und seiner Steuerpflicht nachkommt? Was die vielen Urlauber, die kein Interesse an der Billigware aus Fernost haben? Gerade in Zeiten, in denen ein Bild Mallorcas als hoffnungslos überfüllte Massentourismusdestination gezeichnet wird, muss die Insel an ihrem Image arbeiten, darf gleichzeitig die sozial Schwachen aber nicht im Stich lassen. Die Händler aus der Innenstadt zu vertreiben und sich dann am Hafen für unzuständig zu erklären, wie es die Lokalpolizei macht, wirkt ein wenig unbeholfen und verlagert das Problem nur. Vielmehr gehören alle Institutionen - Hafenbehörde, Stadt und Einzelhandel - an einen Tisch, um gemeinsam mit Vertretern der Straßenhändler die Situation zu verbessern. Und eines ist klar: Gäbe es keine Nachfrage nach Plastikuhren "mit 5000 Jahren Garantie", gäbe es auch keine fliegenden Händler. Wem die "Vendedores" auf die Nerven gehen, der sollte eben nichts bei ihnen kaufen, auch nicht nach einer durchzechten Nacht am Ballermann. Das gilt für Helmut, Monika und alle anderen Urlauber gleichermaßen. Autor: Patrick Czelinski