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Willi Hinter ist älter als ein Jahrhundert, an diesem Wochenende wird der rüstige Rentner seinen 101. Geburtstag feiern. Knapp ein halbes Jahr zuvor ließ er sich auf Mallorca nieder, zog ins Seniorenheim nach Santa Ponça. Hier kann er seinen Sohn häufiger sehen als in Deutschland. Denn dieser ist beruflich viel unterwegs, und auf Mallorca lässt sich die gemeinsame Freizeit besser genießen.

Die Eltern in Deutschland zu wissen, das ist eine Problematik, die nicht wenige deutsche Mallorca-Residenten umtreibt, insbesondere jene in mittleren Jahren, die sich dafür entschieden haben, ihren Lebensmittelpunkt auf der Insel zu haben. Sie gehen hier ihren Berufen nach, gründen Familien, ziehen Kinder groß, verbringen im Laufe der Zeit Jahre, Jahrezehnte auf dem Eiland.

Und dennoch sind sie nicht gänzlich losgelöst von der alten Heimat. MM kennt viele solcher Lebensläufe. Da gab es den Kollegen, der sich von Mallorca verabschiedete und nach Bayern zurückkehrte, um den kranken Vater zu pflegen.

Andere Kollegen flogen zeitweise ständig nach Deutschland, um bettlägerige Angehörige noch so oft wie möglich zu besuchen, bevor es für ein letztes Wiedersehen zu spät sein könnte. Den an sich selbst gerichteten Vorwurf – „Wäre ich doch nur noch einmal geflogen” – wollten sie sich nicht machen müssen. So wie jener Kollege, der zögerte, zu spät eintraf, und sich dann nur noch am Totenbett vom Vater verabschieden konnte.

Sicher sind Seniorenresidenzen auf Mallorca nicht für jeden Individualfall zu empfehlen. Da ist zum einen die Frage der Kosten. Zum anderen ist auch nicht jeder alt gewordene Mensch bereit, auf sein gewohntes Umfeld zu verzichten, fürchtet den Schritt nach Mallorca, insbesondere ohne Spanisch-Kenntnisse.

Das Beispiel Willi Hinter zeigt indes, dass ein Umzug nicht nur theoretisch möglich ist, sondern realisierbar, selbst wenn man schon 100 ist. Ein absoluter Einzelfall, zugegeben. Doch der Schritt macht Mut, weckt Zuversicht. Sogar bei jüngeren Menschen. Denn er beweist, dass man sehr alt werden und dennoch flexibel bleiben kann.

Autor: Alexander Sepasgosarian