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An einem Vormittag mit dem Fahrrad durch Palmas Zentrum zu fahren, ist etwa so nervenaufreibend wie nachts in einem dunklen Park von einer Horde blutrünstiger Zombies verfolgt zu werden. Man steht Todesängste aus. Grund: Fahrradfahrer ohne knallfarbenes Stretch-Trikot, Hightech-Helm, 5000-Euro-Karbon-Rahmen und polarisierter Spiegelbrille sind hier scheinbar Menschen dritter Klasse. Ohne eigene Fahrspuren, mangelnden Parkmöglichkeiten und schon gar keinen Vorfahrtrechten. Das klingt übertrieben, ist es aber nicht.

Fahrradfahren wird auf Mallorca wie im üblichen Provinz-Spanien sowohl von der Öffentlichkeit als auch deren politischen Vertretern fast ausschließlich als Freizeit-
sportart respektiert und geduldet. Die Idee, ein Bici ganz unspektakulär, in Alltagsklamotten und unter 100 Pulsschlägen pro Minute für die Fahrt ins Büro, zum Einkaufen oder zum Treffen mit Bekannten zu benutzen, ist insbesondere bei Städteplanern auf der Insel irgendwie noch nicht so richtig angekommen. Das ist in Kopenhagen anders. Dänemarks Hauptstadt gilt als Fahrradhochburg Europas. Und für viele andere Metropolen als Vorbild hinsichtlich einer modernen, nachhaltigen und überaus intelligenten Stadtverkehrsplanung. Motto: Autos raus aus der City! Fahrräder rein in die City! Zu diesem Zweck finden Zweiradfahrer Dinge in Kopenhagen, von denen ihre Kumpels in Palma nicht einmal zu träumen wagen: Einen 390 Kilometer langen Radweg kreuz und quer durch die Metropole, Fahrradautobahnen für schnelles Vorwärtskommen, Fahrradparkhäuser mit kostenlosen Luftpumpstationen, Radbrücken, die sich quer durch den Hafen schlängeln oder gar Papierkörbe, die Radfahrende ganz leicht im Vorbeiradeln nutzen können.

In Palma liegt man in Sachen Radverkehr etwas zurück. Aber: Der Ausbau des innerstädtischen Fahrrad-Leihsystem BiciPalma ist schon einmal ein Hoffnungsschimmer. Im Zuge der derzeitigen Umgestaltung der Stadt bleibt zu hoffen, dass Palmas Verkehrsverantwortliche ein Stück weit nach Kopenhagen schauen.