Rechtsanwalt Miquel Capellà hielt sich im November 1989 zufällig in Berlin auf. Foto: jm

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Miquel Capellà hat eine besondere Beziehung zur Deutschen Einheit: Er war am 9. November 1989 in Berlin und erlebte den Mauerfall also aus nächster Nähe mit – möglicherweise als einziger Mallorquiner überhaupt. Capellà ist Anwalt, Honorarkonsul Kroatiens auf den Balearen und ehemaliger Präsident der Sparkasse Sa Nostra. Nach Berlin war er in jenem Herbst gereist, um über den Verkauf eines mallorquinischen Hotels an deutsche Investoren zu verhandeln.

„Ich erinnere mich noch gut, wie die ersten Ostdeutschen nach West-Berlin kamen, mit großen Augen vor Staunen“, sagt Capellà. An den Schuhen, die sie trugen, habe man sie erkennen können. In den Stunden nach dem Mauerfall mischte er sich unter die Leute, erinnert er sich. „Diese vielen fröhlichen Menschen, diese Gesichter der Verwunderung, das war alles sehr eindrucksvoll. Es war ein sehr besonderes Spektakel, sehr bewegend.“

So richtig verstehen könne diese Emotionen aber nur, wer einmal im Ostblock gewesen sei. „Wer das nie gesehen hat, wie es da zuging, der kann gar nicht nachvollziehen, was die Leute aus dem Osten damals empfunden haben müssen.“ Er selbst sei in Rumänien, Bulgarien und Polen gewesen. „In Sofia habe ich einen Duty-Free-Shop gesehen, in dem es kaum Waren gab. Für die Leute aus dem Osten muss es geradezu ein Schock gewesen sein, den Überfluss im Westen zu sehen.“

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Am meisten aber hat sich Capellà etwas anderes eingeprägt: die Nüchternheit, mit der viele Deutsche aller Freude zum Trotz die Entwicklung beobachteten. „Ich hatte gedacht, alle Deutschen wären überglücklich“, sagt Capellà. „Das war aber nicht so. Es gab sofort auch Zweifel.“ Es habe ihn gewundert, dass im Gespräch durchaus auch Bedenken geäußert wurden, vor allem wegen der wirtschaftlichen Folgen, die der Zusammenbruch der DDR haben könnte. „In Spanien wäre das undenkbar: Wir hätten eine einzige Riesen-Party gemacht. Das muss an dem weniger nachdenklichen Charakter der mediterranen Völker liegen.“ Schon in den Tagen nach dem Mauerfall habe es Klagen von Westberlinern wegen der Abgase der vielen Trabbis gegeben.

Die eigentliche Tragweite der Ereignisse wurde Capellà erst später klar. „Das ist ja oft so: Wenn du ganz nah am Geschehen bist, dann wird dir dessen Dimension gar nicht richtig bewusst.“ Wie Tausende andere auch machte er sich in den folgenden Tagen mit Hammer und Meißel auf den Weg an die Mauer, um dort Betonstückchen zu ergattern. Die lagerten dann jahrelang in einer Kiste im Keller seines Wohnhauses auf Mallorca. Heute ist von diesen Andenken nichts mehr übrig: Irgendwann hielt jemand die Steinbrocken für Müll und warf sie kurzerhand in die Tonne. „Ich habe mich selten über etwas so sehr geärgert.“

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