Manche Taxifahrer führen ein verblüffendes Doppelleben. | Archiv

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Ab und an gönne ich mir eine Taxifahrt zur Arbeit. Normalerweise ist das eine ziemlich langweilige Angelegenheit. Die meisten Fahrer sind recht wortkarg, außer dem Fahrtziel und vielleicht noch der aktuellen Wetterlage wird nicht viel besprochen. Ansonsten lauschen die Chauffeure dem Sportprogramm oder den Nachrichten im Radio. Doch neulich wurde es zur Abwechslung mal richtig interessant.

Schon beim Einsteigen war klar, das hier war kein gewöhnliches Taxi. Von der Rückseite der beiden Vordersitze baumelten zwei Schilder. Laminiert, damit sie auch nach zahlreichen Kontakten mit verschwitzten Fingern in tadelloser Form blieben. Darauf zu sehen: eine Zeichnung von einem Handy, darunter in fetten Buchstaben: „Brauchen Sie eine Powerbank? Ich verkaufe sie Ihnen für nur fünf Euro.“

Der Preis klang verlockend, eine Sekunde überlegte ich, ob ich zugreifen sollte. Doch stattdessen fragte ich den Fahrer, ob er mit seinem Sonderangebot Erfolg habe. Es laufe ziemlich gut, meinte er und ergänzte, dass es die Powerbank sogar umsonst gäbe, wenn man zusätzlich seine Dienste als Immobilienmakler in Anspruch nähme. Dabei zeigte er kurz auf die Ablage zwischen den Vordersitzen.

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Und siehe da, dort prangten weitere sorgfältig laminierte Folien. Diesmal mit Verkaufsanzeigen diverser Häuser und Wohnungen, die mit einer Preislage von rund 200.000 Euro für Palma sogar recht günstig waren. Auch Mietimmobilien habe er natürlich im Angebot, erzählte er mir, als ich von einer wohnungssuchenden Bekannten berichtete, und drückte mir im Nu eine Visitenkarte von seiner kleinen Makleragentur in die Hand. Das passende Heim befand sich in diesem Fall wohl nicht darunter, aber sein rollendes Immobilienbüro mag ja bei anderen Fahrgästen erfolgreicher sein.

Gefragt habe ich ihn nicht mehr danach. Denn mich erinnerte der rollende Wohnungsbasar an ein anderes Erlebnis am anderen Ende der Welt. Am Flughafen von Datong in Nordchina wartete vor Jahren ein ähnlich cleverer Taxifahrer auf meinen Begleiter und mich. Bevor er überhaupt das Gaspedal in Richtung Hotel durchdrückte, zückte er …. eine Batterie an Laminatfolien. Darauf abgedruckt eine lange bebilderte Liste mit Ausflugszielen in der Umgebung. Er warb so lange mit seinen günstigen Preisen, bis wir uns schließlich ergaben und seine Chauffeurdienste für eine – im Übrigen absolut lohnenswerte – private Sightseeing-Tour in Anspruch nahmen.

(aus MM 06/2019)