Nina-Gyana Schweser entdeckte 2012 auf Bali die Liebe zur Meditation. | Julio Feroz

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Wenn Nina-Gyana Schweser auf Mallorca nicht an ihr Telefon geht, dann liegt das unter Umständen daran, dass sie gerade im Dienst ist. Im Dienst für eine schwangere Frau, denn Schweser ist eine Doula. „Der Begriff ,Doula’ kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet ,Dienerin der Frau’“, erklärt die gebürtige Hamburgerin – und stellt klar: Eine Doula ist aber keine Hebamme. „Meine Ausbilderin hat mal gesagt: Du kannst einer Frau nicht gleichzeitig zwischen die Beine und in die Augen schauen. Dieser saloppe Satz beschreibt den Unterschied zwischen Hebamme und Doula sehr gut“, meint Schweser. Während die Hebamme hauptsächlich für den medizinischen Bereich zuständig sei und oft wenig Zeit und Möglichkeit habe, um sich auch um die emotionellen Bedürfnisse der Frau zu kümmern, sei die Doula eine mentale und spirituelle Stütze.

„Eine Doula atmet mit dir, motiviert dich und schützt den Raum, so dass du bei dir, in deiner Geburtswelt sein kannst. Gerade bei der Geburt sind es die kleinen, subtilen Dinge, die wertvoll und wichtig sind. Ein aufmunterndes Wort, eine Hand auf dem Kreuzbein, eine Schulter zum Anlehnen oder Ausweinen“, erklärt die 37-Jährige. Auf Mallorca ist sie im Moment die einzige deutsche Doula, erst im März vergangenen Jahres ist sie mit ihrem Partner und dem gemeinsamen Sohn (5) auf die Insel ausgewandert. „Mallorca ist so vielfältig und doch nahe der alten Heimat. Die Entscheidung fiel uns nicht schwer. Außerdem hatte ich vorher schon auf Bali, in Australien, Indien und in Amerika gelebt – vielleicht habe ich die Auswanderung deshalb gar nicht als allzu großen Schritt empfunden“, erzählt Schweser.

In Bali war es auch, wo sie 2012 die Liebe zur Meditation entdeckte, später machte sie eine Ausbildung zur Yogalehrerin in Berlin. Beides – die Meditation und das Yoga – fließen auch in ihren Beruf als Doula ein. „Es hilft mir, mich ganz auf die Frau einzulassen“, sagt Schweser, die vor der Geburt ihres eigenen Kindes als Regisseurin und Autorin gearbeitet hat.

Während der Schwangerschaft habe sie immer mehr das Gefühl bekommen, dass es in ihrer Verantwortung liege, ihr in Bali und Indien erlerntes Wissen der philosophischen Lehre und spirituellen Praxis weiterzugeben. Und so profitieren nun auch andere werdende Mütter von ihren Erfahrungen und von ihrem umfangreichen Angebot. Nina-Gyana Schweser bietet etwa Yogakurse vor, während und nach der Schwangerschaft an, Partner-Meditationen oder auch ganzheitliche Sessions zur Vorbereitung auf die Geburt, und um die werdende Mutter in ihrer eigenen Kraft zu stärken. Für Frauen, die nicht auf der Insel leben, ist auch eine Online-Begleitung während und nach der Schwangerschaft möglich. Ihre Tätigkeit als Doula auf Mallorca stellt jedoch die umfangreichste Betreuung dar. Das Rundum-Paket kostet maximal 2400 Euro inklusive Steuern.

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„Als Doula treffe ich die Frau zunächst zweimal während der Schwangerschaft. Beim ersten Mal sprechen wir über Wünsche, aber auch Sorgen, bezüglich der anstehenden Geburt. Beim zweiten Treffen lernen wir uns noch einmal auf einer anderen Ebene kennen: Je nach Wunsch kann das durch gemeinsames Yoga, eine Meditation, eine Traumreise oder auch durch Massage sein“, erklärt Nina-Gyana Schweser. Außerdem ist sie bei der Entbindung dabei. Drei Wochen um den errechneten Geburtstermin ist die Doula dann Tag und Nacht in ständiger Rufbereitschaft. „Ich freue mich immer, wenn der Anruf kommt, dass es losgeht. Sobald ich bei der werdenden Mutter bin, mache ich mein Telefon aus und bin nur noch bei und mit ihr. Egal wie lange es dauert. Ich werde erstaunlicherweise auch nach vielen Stunden nicht müde. Ich bin dann einfach voll in meinem Element.“

Ein bisschen schade sei, dass sich Frauen auf Mallorca meist für eine einzige Begleitperson zu entscheiden haben. Je nach Krankenhaus dürfen mitunter auch zwei Begleitpersonen dabei sein. „In Deutschland nehmen immer mehr Frauen ihren Partner und ihre Doula mit“, weiß Schweser, allerdings ginge der Trend auch auf Mallorca vermehrt zu Hausgeburten. „Grade jetzt in Zeiten von Corona sind viele Frauen verunsichert und haben auch Angst, womöglich nach der Geburt im Krankenhaus von ihrem Kind getrennt zu werden“, weiß Schweser. Umso mehr wünschten sich die Schwangeren einen geschützten Raum für die Entbindung, mit den Vertrauenspersonen ihrer Wahl. Ohne Schichtwechsel.

Ganz gleich wo das Baby letztlich das Licht der Welt erblickt, ob im Krankenhaus oder zu Hause – etwa eine Woche nach der Geburt schaut die Doula noch einmal bei Mutter und Kind vorbei, um das Erlebte Revue passieren zu lassen und die Frau in ihrer neuen Rolle als Mama zu stärken. Denn schließlich wird nicht nur das Kind durch die Mutter geboren, sondern auch die Mutter durch das Kind.

Frauen, die sich an Nina-Gyana Schweser wenden, sind jedoch nicht immer Erstgebärende. Im Gegenteil: Oft wissen die Betroffenen erst nach einer Geburt, was sie sich bei der zweiten oder dritten Niederkunft anders wünschen. „Die Betreuung von Mutter zu Mutter, von Frau zu Frau ist eine ganz besondere. Und auch die werdenden Väter sind meist sehr froh, wenn ich da bin. Männer wollen ja immer irgendwas tun. Aber während der Geburt, da muss man eben auch mal warten“, sagt die Doula schmunzelnd. Und welches Warten könnte lohnender sein als jenes auf ein neues Leben?

Die spirituelle Verbindung zwischen der Doula und werdenden Mütter ist eine ganz besondere.
Die spirituelle Verbindung zwischen der Doula und
werdenden Mütter ist eine ganz besondere. Foto: Julio Feroz

(aus MM 52/2020)