Das Bistro „Hoek van Holland” ist derzeit an Abenden bestens besucht.

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Er ruft „lekker”, und er ruft es immer und immer wieder. Und zuweilen schnarrt er halblaut „meisje”, wenn er meist blonde junge Frauen sieht, und fügt Worte hinzu, die der des Holländischen unkundige Verfasser dieser Zeilen nicht versteht. Es ist Montagabend, 12. Juli, und der Gästeanwerber vor dem Bistro „Hoek van Holland” und benachbarten niederländischen Lokalen im Urlauberdorado Arenal ist so sehr in seinem Element, dass er bisweilen um seine eigene Achse wirbelt. So hoch ist die Zahl der Urlauber aus seinem Land, dass er kaum nachkommt, ihnen Sitze anzubieten. „Es ist jetzt richtig voll hier geworden”, freut sich der Mitarbeiter des Gastbetriebs auf Englisch.

Im sehr übersichtlichen holländischen Viertel von Arenal, dem seit Jahrzehnten existierenden „Hollandse Buurt”, geht es fast wieder so wuselig zu wie vor der Corona-Pandemie. Meist junge Gäste zieht es in die fast durchgängig im niederländisch-orangefarbenen Look gehaltenen Lokale an der Promenade. In Pinten wie „Ons Stamcafé”, „De Zaak” oder „De Babbelaar”. Dennoch: Mindestabstände werden eingehalten, den Leuten ist bewusst, dass Disziplin in Corona-Zeiten alles ist. Niemand grölt dumpf daher und läuft auf und ab, man sitzt seelenruhig an den Tischen.

Und trotzdem sind die Gäste entspannt und ausgelassen, was auch an der rockig-poppigen 80er- und 90er-Musik liegen dürfte, die im „Hoek van Holland” gespielt wird. Irgendwie wird hier klar, was allgemein bekannt ist: Dass Niederländer offenbar ein Talent haben, eine lockere, aber nicht aus dem Ruder laufende Stimmung zu schaffen. Angesichts dessen gehen manch einem verschüchterten Spanier, der ob des Gewusels auf der anderen Seite der Promenade die Maske enger übers Gesicht zieht, die Augen über.

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Was auch beim Anblick der Speisen geschehen dürfte, sollten die Inländer sich nur ins Lokal hineintrauen: Gemischt wird fast alles mit allem. Dem Autor gelüstet es nach irgendwas mit „Kaas” („Käse”), der kulinarischen Spezialität der Niederländer, und er tippt spontan auf die Nummer 132 der per QR-Code aufs Handy ge-
beamten Speisekarte. Er bekommt nach eher kurzer Wartezeit zwei Hühnerbrüste, die mit Ananas und Käse belegt wurden. Pommes Frites wurden beigefügt, dazu Senf, Mayonnaise und Ketchup. Auch Kroketten oder „Frikandel”, holländische Fleischrollen, werden hier zubereitet, doch das passt nicht mehr in den Magen hinein. „Man isst hier richtig gut”, sagt Huub Visser, ein hellblonder Jüngling mit 30er-Jahre-Kurzhaarfrisur, der mit Freunden an einem Tisch sitzt und diese Spezialität verspeist. Deswegen und auch wegen der Musik komme man hier öfter hin, schließlich sei man endlich im Urlaub. Er blickt in die Runde auf die gut gefüllten Lokale.

Weiter weg vom Ufer ist es jedoch deutlich leerer. Was nicht verwundert, denn die Disco „Veronica” darf nicht öffnen, und ohnehin sind dort – im Umfeld der Verdaguer-Straße unweit der Gemeinde-Grenze zu Llucmajor – Oranje-Lokale eher dünn gesät. In den zum Teil schmuddeligen Gassen rund um das orangefarbene Leblon-Hotel in der Trasimè-Straße verlaufen sich nur vereinzelt vor allem alteingesessene Spanier und Zuwanderer aus Afrika. Der Kontrast zu der wuseligen Promenade könnte kaum größer sein. Zwischen den vor vielen Jahrzehnten errichteten, also angejahrten Apartmenthäusern, ist hier und dort ein altes, schmuckes einstöckiges Häuschen mit Terrasse und grünen Fensterläden auszumachen, woanders verfallen ganze Straßenecken, Katzen springen auf Müllcontainer.

Zurück in der ersten Linie: Einige Meter von der Schmuddelecke entfernt ist die Atmosphäre in den Pinten irgendwie rockig-fröhlicher als an der Schinkenstraße, also „lekker”. Grund genug, irgendwann zurückzukommen.