Wer auf Mallorca lebt und schwer zu lösende Probleme hat, findet auf der Insel Ansprechpartner wie Miriam Völling. (Symbolfoto) | Archiv

TW
0

Als MM Miriam Völling auf Mallorca trifft, schmunzelt sie und sagt: „Wunderliche Familienaufstellungen hatte ich viele! Letztens erschien eine alleinerziehende Mutter, um herauszufinden, was mit ihrem fast zwölfjährigen, extrem verträumten Sohn los ist. Dafür bat ich einen Mann aus der Teilnehmerrunde sich stellvertretend für den Sohn in die Mitte des Raumes zu stellen. Während der Sitzung kam heraus, dass der Junge einen Zwilling hatte, der sehr früh im Mutterleib verstarb.”

Was Miriam Völling beschreibt, ist eine Methode der Familientherapie: Rund zehn sich völlig fremde Menschen kommen zusammen, ein Teilnehmer erklärt seine Situation, daraufhin positioniert Völling einige Statisten im Raum. Wie sich diese in den darauffolgenden Minuten verhalten, soll Hinweise auf verdrängte, unausgesprochene Gefühle geben und wird stellvertretend für die nicht anwesenden Akteure gedeutet. „Mit diesem Bruder war der überlebende Junge bis heute energetisch eng verbunden und nach der Aufstellung, als wir das Problem beim Namen nennen konnten, ging es ihm sofort besser.”

Professionelle Problemlöserin – so könnte man sie auch nennen. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit befinden sich Menschen, die kurz vor der Scheidung stehen, sich in einer beruflichen Sackgasse befinden, oder im Familienalltag nicht (mehr) zurechtkommen. Persönliche Coachings sind dabei eine gängige Methode, doch sind Familienaufstellungen bis heute eher wenig bekannt und nach wie vor umstritten. Wie kommt man auf die Idee, so ein Business gerade auf Mallorca zu starten?

„Ich habe meine Begabung, eine gewisse Hellsichtigkeit, zum Beruf gemacht”, antwortet die 44-Jährige und erklärt: „Hellsichtigkeit hat nichts mit Hokuspokus zu tun, es geht darum, mehr zu sehen als andere, Energie wahrzunehmen und damit arbeiten zu können.” Ganz nach dem Motto: Weil Beruf ja von Berufung kommt. Dabei waren die Begriffe „Coach” oder „Familienaufstellerin” nie auf ihrer „Was-ich-mal-werden-möchte-Liste”.

In Wuppertal aufgewachsen, hat Völling zunächst eine Ausbildung zur Notarfachangestellten gemacht, später zog sie nach Kassel, dann nach Frankreich. 2005 kam schließlich der große Schritt auf die Insel Mallorca. Zu diesem Zeitpunkt war Völling Ende 20, wohnte in Mancor de la Vall, arbeitete bei einer Touristikfirma und wusste noch immer nicht so richtig, wo es beruflich einmal hingehen sollte: „Der Liebe wegen zog ich dann nach Santa Ponça, habe bei SOS Animal angefangen und dann kam meine Tochter auf die Welt”, sagt der Tausendsassa mit einem Lächeln.

Miriam Völling lebt seit 2005 auf Mallorca. In ihrer Freizeit genießt sie am liebsten die Natur beim Wandern mit ihrer Tochter.
Ähnliche Nachrichten

So sehr ihr Lebenslauf auch an eine Achterbahn erinnert, eines hatte sich nie geändert: „Ich bin immer schon selbst bei Familienaufstellungen gewesen und immer wieder hatte man mir gesagt, dass ich ein besonderes Talent dafür habe.” Irgendwann habe sie auf diese Menschen gehört und die dreijährige Ausbildung zur Familienaufstellerin nach Bert Hellinger gemacht.

Seitdem hat Völling über 100 Aufstellungen gemacht, mit den unterschiedlichsten Themen, wobei sich doch einige ständig wiederholen: „Viele Deutsche sind auf Mallorca, weil sie vor etwas weglaufen. Das holt sie irgendwann ein und dann landen sie bei mir”, so die Residentin. Auch Paare, bei denen einer – meistens der Mann – pendelt, gehören zur Klientel, Selbstständige, die Schwierigkeiten haben, ihr Business in die richtige Spur zu bringen und Frauen: „Die meisten sind so zwischen 50 und 60 Jahre alt und befinden sich in einer Art Wiederfindungskrise. Die Kinder sind in der Pubertät oder schon aus dem Haus, die Beziehung ist tot und sie wissen nicht so richtig, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen.”

Gerade auf Mallorca, so Völling, sei diese Problematik besonders ausgeprägt, da viele sehr wohlhabende Familien hier leben, in denen die Frau nie gearbeitet habe und der jetzt was im Leben fehle. Deswegen hat sich die Wuppertalerin auch genau darauf spezialisiert und bietet regelmäßig Mallorca-Retreats für Frauen an. Das nächste findet vom 1. bis zum 4. November in Algaida statt, in der Ermita de Sant Honorat.

2018 hat sie das Business „Familienaufstellungen Mallorca” ins Leben gerufen, über 1000 Teilnehmer zählt sie seitdem. „Es ist ein großartiges Gefühl, Menschen zu helfen. Besonders viel bedeutet mir aber die Arbeit mit Kindern. Sie sind hoch motiviert, haben Lust auf positive Veränderungen und darauf, das gerade Gelernte auch gleich anzuwenden. Da können sich die Eltern oft noch was abgucken”, so Völling. Was abgucken, das können sich Eltern und Kinder jetzt buchstäblich: Vor kurzem hat Miriam Völling ein Buch veröffentlicht, in dem sie Denkanstöße vermittelt, um schwierige Alltagssituationen besser zu meistern: „Lililu hinterfragt die Welt” handelt von einem kleinen daumengroßen, blauen Wesen, das „die Träume, Wünsche, Fragen, Zweifel und Ängste von Kindern, aber auch Erwachsenen aufgreift”, wie es im Klappentext heißt.

Es geht dabei um Freundschaft und Mobbing, um richtig oder falsch, um das Leben und den Tod. Mit dem Appell, Dinge zu hinterfragen und der natürlichen Neugierde wieder mehr Raum zu geben. „Die ersten Zeilen habe ich schon vor vielen Jahren geschrieben. Doch es gibt Geschichten, die müssen einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt erzählt werden.”