Die Cala Gamba in Mallorcas Inselhauptstadt Palma, wo sich das Raft19-Bistro befindet. | Gabriel Alomar (Archivfoto)

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Die Sonne scheint, doch es weht ein kräftiger Wind an diesem Sonntag im Oktober an der Cala Gamba im Süden von Mallorca. Nach einem ausgiebigen Spaziergang entlang der Küste, bietet sich das Raft19-Bistro für eine erholsame Mittagspause an. Direkt am Eingang nimmt Doro Picht ihre Gäste in Empfang und begleitet sie an den Tisch. Das gemütlich eingerichtete Lokal versprüht wohlige Wohnzimmer-Atmosphäre mit Blick auf das offene Meer und die Bucht von Palma.

Schon nach wenigen Minuten in dem Restaurant wird klar: Die Westfälin und ihr neuseeländischer Mann, Murray Williams, machen ihren Job mit Leidenschaft. Detailliert erklärt die Wahl-Mallorquinerin die heutige Auswahl an Speisen und Getränken. Das Konzept des Restaurants zielt auf Nachhaltigkeit und die Verwendung von lokalen Produkten ab.

Doro Picht und ihr Mann Murray Williams.

„Mein Mann geht regelmäßig auf den Markt. Je nach Ausbeute kann das ein oder andere Gericht dann auch schon einmal spontan auf der Karte abgeändert werden“, erklärt Doro Picht. Zudem unterstützen sie zwei junge Frauen aus der Nachbarschaft, indem sie ihnen Gemüse und Obst abkaufen und Lebensmittelreste zum Kompostieren überlassen.

Während sich Doro Picht hauptsächlich um die Betreuung der Gäste kümmert, steht ihr Ehemann Murray Williams in der Küche und bereitet alle Speisen frisch zu. Dass die beiden über jahrelange Gastronomie-Erfahrung verfügen, daran besteht spätestens nach der Ankunft der fast malerisch angerichteten Teller kein Zweifel mehr.

So war Murray Williams unter anderem in Australien Besitzer von verschiedenen Restaurants. Der Neuseeländer verfeinert seine Speisen mit einer Auswahl feiner Gewürze – wie Thymian, Rosmarin und Chilischoten. Beim abschließenden Kaffee wird frischer Kakao auf dem Löffel angerichtet. „Am besten die Kakaobohnen vor dem ersten Schluck kauen, dann entfaltet sich das Aroma noch besser“, empfiehlt Doro Picht.

Kennengelernt hat sich das Paar vor über zehn Jahren in Ägypten. Damals leitete Doro Picht dort unter anderem eine Tauchschule. Der bei Auckland geborene und aufgewachsene Murray Williams arbeitete auf Yachten und führte verschiedene Tätigkeiten, unter anderem als Koch, aus.

Insgesamt 16 Jahre lebte die Deutsche in Ägypten. Nach der Revolution 2011 verließen beide das Land und reisten zwei Jahre durch die Welt, um einen neuen Ort zu finden und sich auch dauerhaft niederzulassen. „Wir spielten schon längere Zeit mit dem Gedanken, ein eigenes Lokal zu eröffnen. Doch es war lange nicht klar, wo wir dieses Vorhaben umsetzen werden. 2014 überlegten wir dann entweder nach Frankreich oder Mallorca zu gehen und entschieden uns schließlich für die Insel”, erinnert sich Doro Picht.

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In Sóller fanden sie ihren neuen Heimatort. Dort lebten sie sich dank einer guten Nachbarschaft schnell ein. Während ihr Mann weiterhin auf Yachten arbeitete, führte die Deutsche Auftragsarbeiten als Malerin aus. Zwischenzeitlich arbeitete sie in dem privaten Ärztezentrum Juaneda in Port de Sóller und führte mit einer Freundin zusammen einen Hut- und Friseurladen. Innerhalb von fünf Jahren hielten Picht und ihr Mann immer wieder nach leer stehenden Lokalen Ausschau.

Ende 2019 rückte der Traum vom eigenen Restaurant dann endlich in greifbare Nähe. Zunächst liebäugelten die beiden mit einem Lokal in Sineu, bis sie letztendlich im Februar 2020 das leerstehende Bistro an der Cala Gamba entdeckten. „Wir überlegten nicht mehr lange und machten nach einigen organisatorischen Treffen und Telefonaten schließlich Nägel mit Köpfen.”

Im März 2020 stand nach einer umfassenden Renovierung dann endlich die Eröffnung des Bistros bevor. Doch die Corona-Krise machte dem Paar zunächst einen Strich durch die Rechnung. Aufgrund der Pandemie und der verschärften Restaurant-Regelungen, konnte das Restaurant erst am 1. Juli vergangenen Jahres öffnen.

„Die letzten Monate waren ein ständiges Auf und Ab”, bestätigt Doro Picht. Doch die Krisenzeit hat die beiden in ihrem Vorhaben nur bestärkt. Eine besondere Hilfe waren vor allem die Nachbarschaft an der Cala Gamba und die treuen Stammgäste.

„Wir sind einfach dankbar für unser Umfeld. Hier leben so tolle Menschen und die Bucht hat wirklich Dorfcharakter. Wir fühlen uns aufgenommen”. Insgesamt blickt das Paar hoffnungsvoll in die Zukunft: „Wir haben im Raft19-Bistro noch einiges vor. Zum Beispiel planen wir künftig Themenabende und ein spezielles Menü für die Weihnachtstage”, erklärt Doro Picht. Die Speisekarte des Bistros wechselt beinahe täglich.

Sonntags ist ein Grillteller für 25 Euro pro Person im Angebot. Ansonsten kann der Gast neben zahlreichen Pizzas, frischen Salaten, Guacamole mit selbstgebackenem Brot, wechselnder Tagessuppe (beim MM-Besuch gibt es die südspanische kalte Gemüsesuppe Salmorejo), Tintenfisch und „Fish and Chips” sowie Desserts wählen. Das Lokal ist bei vielen Gästen vor allem für den frittierten Fisch und die selbstgemachte Remoulade beliebt.

Das Wichtigste haben die beiden schon erreicht: „Die Leute kommen immer wieder gerne zu uns, weil sie sich nicht wie in einem Restaurant fühlen, sondern wie zu Hause. Das war unser Ziel: Einen Ort schaffen, an den wir selber gerne hingehen würden – und immer wieder zurückkehren.”