Bis 2003 wurde sie produziert, die gute, alte Musikkassette, die man sogar auf einfachste Art und Weise mit einem Bleistift „reparieren” konnte. Die Entwicklung hin zu digitalen Medien hat viele Erleichterungen mit sich gebracht und den „Bandsalat” für immer in die Vergangenheit verbannt. | Carola Knode

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Der folgende Text ist der MM-Kolumne "Unter vier Augen" von Talia Christa Oberbacher entnommen. Die Autorin ist Hypnose-Therapeutin und Coach in der Palma Clinic auf Mallorca.

Der Satz von Heraklit (535-475 vor Christus): „Nichts ist so beständig wie der Wandel”, ist immer noch brandaktuell. Was heute In ist, ist morgen bereits Out. Vielleicht auch schon heute Nachmittag. Gerade hier auf Mallorca wird mir manchmal schwindelig davon, wie schnell sich die Dinge ändern, sei es die neueste Schuhmode oder die coolste Frisur. Heute ist dieses Restaurant hip und morgen jenes. Während ich das schreibe, bin ich keinesfalls sicher, ob das Wort „hip” überhaupt noch gebräuchlich ist. Und nicht nur der Zeitgeist ist ständig in Bewegung. Unser ganzes Leben ist von Veränderungen geprägt. Wir verändern uns sowohl persönlich als auch als Gesellschaft. Und dabei geht es um wesentlich bedeutsamere Themen, als die oben aufgeführten.

Schon direkt nach der Geburt ändert sich alles. Eben noch gemütlich im warmen Fruchtwasser geplanscht, müssen wir plötzlich selber atmen und uns in einer kalten, erst einmal sehr unfreundlichen Welt zurechtfinden. Wir müssen lernen, dass es uns gibt, und die Welt. Jeder Tag bringt Veränderungen, seien es die Lichtverhältnisse, die Jahreszeiten oder schlichtweg unsere Fähigkeiten, das Leben zu meistern. Wir lernen, dass es hilfreich sein kann, vom Krabbeln auf Laufen umzuschalten, später dann auf Jogging, was ich persönlich für eine ganz unnötige Art der Fortbewegung halte. Und als wäre das noch nicht genug, machen wir früh die Erfahrung, dass die meisten Dinge sich unserem Einfluss gänzlich entziehen. Irgendjemand entscheidet, was für uns richtig ist oder falsch. Zunächst natürlich die Eltern, dann später die Erzieher im Kindergarten, die Lehrer, der Chef und am Ende vermutlich die Partnerin oder der Partner. Dabei ist es sehr wichtig, frühzeitig selbst mitzuwirken, mitzugestalten. Wir müssen lernen, Entscheidungen zu treffen.

So viele Eltern es gibt, so viele Möglichkeiten gibt es, Kindern beizubringen, „gute” Entscheidungen zu treffen. Manche Eltern meinen, dass Kinder bereits sehr früh verstehen müssen, warum die Dinge so oder so entschieden werden. Das heißt, sie diskutieren schon mit Babys darüber, ob es nun wichtig ist, Spinat zu essen oder ein Mützchen aufzuhaben oder nicht, und bieten ständig Alternativen an. Auch später dann muss das Kind entscheiden, welche Hose, welches Kleid es anziehen möchte, was es essen will oder wann es Zeit wird, ins Bett zu gehen. Man könnte sagen, das Kind lernt früh, Entscheidungen zu treffen, und das ist gut für die Entwicklung. Man könnte aber auch sagen, das Kind gerät unter Druck und lernt, dass Entscheidungen zu treffen, Überforderung bedeutet. Andere Eltern gehen einen ganz anderen Weg und entscheiden bis zur Volljährigkeit oder darüber hinaus, was für das Kind richtig ist. Das kann über die Wahl der Frisur und den Kleidungsstil, den Studiengang oder Ausbildungsplatz bis hin zum potenziellen Partner gehen und findet manchmal selbst über den Tod der Eltern hinaus kein Ende: „Meine Mutter hätte dieses befürwortet, mein Vater hätte jenes sicher nicht gut gefunden.” Menschen, die so erzogen wurden, haben dann gerne mal das Problem, sich mit jeder getroffenen Entscheidung unwohl zu fühlen und meinen häufig, die schlechtere Alternative gewählt zu haben.

Ich kann und werde zur Frage des richtigen Weges keine Empfehlung geben, aber aus meiner Sicht liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Es ist sicher wichtig und richtig, Kinder früh in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, aber das Kind sollte in diese Fähigkeit hineinwachsen dürfen und dabei ebenso darauf vertrauen, dass die Eltern so lange gute Entscheidungen für es treffen, bis es das selbst übernehmen kann. Die Eltern sind dabei, ebenso wie spätere Bezugspersonen, wie Erzieher und Lehrer, aber auch Freunde, sogenannte Rollen-Modelle. Das bedeutet, dass die Kinder, auch ohne dass explizit darüber gesprochen wird, durch Nachmachen lernen, wie man Entscheidungen trifft.

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Die Menschen, die ich zum Thema „Probleme mit Entscheidungen” in meiner Praxis sehe, sind häufig sehr erleichtert, wenn sie verstehen, dass sie „nur” gelernt haben, so oder so zu sein, und dass es viele Möglichkeiten gibt, an diesem Muster etwas zu verändern. Das Wichtigste dabei ist ein liebevoller, freundlicher Umgang mit sich selbst. Beginnen Sie mit kleinen Entscheidungen und probieren Sie sich aus. Wenn Sie erkannt haben, welche Muster und Programme dem bisherigen Verhalten zugrunde liegen, fällt es oft viel leichter, etwas Neues zu versuchen. Probieren Sie mal, ein Kleidungsstück in einer für Sie ungewohnten Farbe oder Form zu tragen. Entscheiden Sie sich für eine neue Frisur. Im schlimmsten Fall wächst alles nach, und so ein Sonnenhut ist ja gerade hier auf Mallorca – auch um Fehlentscheidungen zu kaschieren – ein nützliches Accessoire.

Es könnte auch helfen, all die vielen Entscheidungen, die Sie in der Vergangenheit getroffen haben, einmal zu beleuchten. Das Ergebnis davon hat Sie immerhin dahin gebracht, wo Sie jetzt sind. Dann können Sie sich die Frage stellen, ob Ihre Entscheidungen, was Partnerwahl, Freundeskreis, Job, Hobbys und Lebensplanung angehen, Sie zufrieden und vielleicht sogar glücklich machen, oder ob es Zeit wird für Veränderungen. Bitte seien Sie dabei achtsam im Umgang mit sich und den Menschen um Sie herum. Es kann nicht Sinn sein, alles hinzuwerfen. Schließlich hatten Sie irgendwann auch einmal gute Gründe für Ihre Entscheidungen. Schon kleine Veränderungen können viel bewirken. Wie wäre es zum Beispiel mit einem neuen Hobby, vielleicht sogar gemeinsam mit dem Partner? Oder Sie überprüfen, ob es berufliche Erweiterungsmöglichkeiten oder Fortbildungsangebote gibt. Vielleicht möchten Sie ein fremdes Land bereisen oder eine neue Sprache lernen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, unser Leben zu beeinflussen, auch wenn es im ersten Moment nicht so scheinen mag.

Und manchmal ist es einfach so, dass wir uns heimlich und im Stillen weiterentwickelt haben und, ohne es zu bemerken, über uns und unser gewohntes Leben hinausgewachsen sind. Wie hilfreich, wenn wir das erkennen und uns fragen können, welche Entscheidungen wir als Nächstes für ein gutes Leben treffen wollen. Dann bekommt auch die von dem Liedermacher Hannes Wader inspirierte Überschrift eine verheißungsvolle Bedeutung.

Talia Christa Oberbacher ist Hypnose-Therapeutin und Coach in der Palma Clinic.
E-Mail: coaching@palma-clinic.com

(aus MM 33/2022)