Alcúdia ist im Winter menschenleer, nur wenige Urlauber sind unterwegs. Eine in Hannover lebende Kolumbianerin an der Porta del Moll ist überrascht, dass es auf Mallorca so viele Deutsche gibt. | Melike Yasaroglu

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Es gibt kaum eine schönere Zeit als den Winter auf Mallorca – zumindest, wenn man Resident auf der Insel ist. Die Insel erholt sich, man ist unter sich und meistens scheint die Sonne. Fernab der Touristenströme ist es wieder einmal an der Zeit, seine Wahlheimat zu erkunden. Dabei ist eine Schande zugeben zu müssen: Die Autorin dieser Zeilen nennt Mallorca seit fast fünf Jahren ihr Zuhause und war noch nie in dem beliebten Urlaubsort Alcúdia im Nordosten der Insel. Ja, ernsthaft. Doch an einem Samstag im Januar gibt sie dem Drängen ihres Mannes („Diesen Ort musst du gesehen haben!”) nach und macht sie sich zusammen mit ihm und dem kleinen Sohn auf in den Norden.

Durch das Stadttor Porta de Sant Sebastià betritt man den Kern der Altstadt. Viele „Aahs” und „Oohs” werden noch folgen, denn Alcúdia ist wirklich hübsch. Die Gassen sind pittoresk und der Himmel strahlt in reinstem Blau. Nur wenige Menschen sind unterwegs, die meisten von ihnen sprechen Spanisch und Katalanisch. Hier und da tauchen auch einmal englische Wortfetzen auf, die Beine kommen in Shorts daher. So verraten sich die wenigen Urlauber, die im Winter auf Mallorca verweilen.

Weil die Straßen leergefegt sind und kaum Autos fahren, hat der dreijährige Begleiter mit seinem Roller viel Platz. Als die Mittagszeit und damit auch der kleine Hunger nahen, macht sich die Autorin auf die Suche. Doch bis Mitte März werden viele Bars und Restaurants geschlossen haben, informieren Zettel in den Fenstern. In einer kleinen Nebenstraße wird man dennoch fündig. Das Can Polit tischt Fleisch, Fisch und Tapas auf. Zwar liegt das gehobene Restaurant etwas über dem geplanten Budget, aber Alcúdia ist nur einmal im Jahr.

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Die Kirche Sant Jaume ist dem Schutzpatron Alcúdias gewidmet. Fotos: my

Die Kellnerin ist flink und sehr sympathisch. Sie nimmt die Getränkebestellung entgegen: zwei Cañas und ein alkoholfreies Bier, bitte. Ein Lob für das flüssige Spanisch bekommen die Gäste obendrauf. Sie verschwindet Richtung Theke, dreht sich aber um und kommt mit einem riesigen Fragezeichen im Gesicht zurück an den Tisch: „Sie haben drei Biere bestellt”. Ja, das ist richtig so. „Ist es normal, dass deutsche Kinder schon alkohol-freies Bier trinken?”, fragt sie zwischen Überraschung und Fassungslosigkeit.

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Nach der Mittagspause geht es weiter durch die Altstadt, die von steinernen Bauten geprägt ist. Im Gegensatz zu vielen Ecken in Palma, erscheint der Ort wirklich sauber, gar blitzeblank. An der Porta del Moll, einem der Stadttore, kann man erahnen, wie der Ort früher ausgesehen haben muss. Es ist Teil der denkmalgeschützten Stadtbefestigung von Alcúdia.

Während die MM-Autorin Fotos für diesen Artikel macht und nebenbei auf Deutsch mit ihrem kleinen Sohn spricht, nähert sich eine junge Frau. Interessiert fragt sie, wofür die Fotos gemacht werden. Ah, sie kenne das Mallorca Magazin. Zwar lebe sie schon seit Jahren in Hannover, stamme aber aus Kolumbien. Gemeinsam mit ihrer Freundin wollte sie jetzt einmal dieses Mallorca erkunden, von dem in Deutschland alle reden. „Warum gibt es hier so viele Deutsche?”, fragt sie neugierig und sorgt für Gelächter.

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Inmitten von Ruinen tummeln sich Katzenkolonien. Ihnen gehören die pittoresken Gassen, denn im Januar ist Alcúdia nahezu menschenleer.

Allmählich neigt sich der Erstbesuch in Alcúdia dem Ende zu. Langsam trottet die MM-Autorin samt Kind, Mann und Roller in Richtung Auto zurück. Immer wieder hält die Gruppe inne und staunt über die Schönheit des Ortes. „Unglaublich, wie sauber es hier ist, oder?”, kommentiert die Autorin in Richtung ihres Gatten. Die Retourkutsche kommt unerwartet.

Auf dem Cami de Ronda, einer der touristischen Flaniermeilen, rutscht sie aus und kann sich im letzten Moment festhalten. Was war das denn? Die riesige, übel riechende Hinterlassenschaft eines Vierbeiners mitten auf dem Weg. So endet der Besuch im Osten der Insel mit Unmengen an Feuchttüchern und einer akribischen Reinigungsaktion. Das Gefühl, den pittoresken Ort einmal im ruhigen Winter erlebt zu haben, trübt dieses Erlebnis aber nicht im Geringsten.