Seit Jahrzehnten im Geschäft: UB 40. | RADSKIPHOTO

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Mallorca Magazin:Glückwunsch zum 45-jährigen Bestehen von UB40! Wie fühlt sich das für Sie als Mitglied der ersten Stunde an?

Jimmy Brown:Das fühlt sich immer noch großartig an. Wir haben das große Glück, für etwas bezahlt zu werden, das wir gerne machen. Und wir sind sehr dankbar für den Erfolg, den wir hatten. Ich meine, mein ganzes Arbeitsleben lang habe ich Drums gespielt. Das ist ein unglaubliches Privileg, und ich könnte mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen.

MM:Ist es nicht kurios, dass Sie und Ihre Kollegen UB40 nach einem Arbeitslosenhilfe-Formular benannt haben und die Band mit diesem Namen bis heute Ihr Einkommen sichert?

Brown:Ja, deshalb glaube ich, dass es eine gute Arbeitslosenhilfe geben muss, damit die Leute die Möglichkeit haben, andere Fähigkeiten zu erlernen. Als wir damals arbeitslos waren, hatten wir die Möglichkeit, uns zu finden. Wir bekamen nicht viel Geld, aber es reichte zum Überleben. Dafür bin ich dankbar und finde, dass die Arbeitslosenhilfe heute auch großzügig sein sollte.

MM:Reggae war von Anfang an die Basis ihrer Musik. Warum nicht zum Beispiel Punk, der Ende der 1970er Jahre „in” war?

Brown:Wir kommen aus Birmingham, wo viele Immigranten aus der Karibik, vor allem aus Jamaika lebten. Wir arbeiteten alle mit der ersten Generation schwarzer Briten, deren Eltern in den 1950ern herübergekommen waren. Deshalb waren wir von dieser Musik umgeben und hörten sie die ganze Zeit. Damals gab es zwar auch Prog-
rock und Glam Rock, aber das hatten wir nicht auf dem Radar. Für uns war es natürlich, Reggae zu spielen.

MM:Stimmt es, dass UB40 in den Anfangszeiten vom Geheimdienst MI5 abgehört und überwacht wurde?

Brown:Ja, das stimmt. Wir erfuhren das erst mit der Zeit. Es wurde von David Shayler enthüllt, der für den MI5 und MI6 gearbeitet hatte. Eigentlich war er ein Whistleblower. Sie hörten uns ab und beschatteten uns. Das zeigt nur, dass sie in einer Fantasiewelt lebten, denn wir waren mehr daran interessiert, Gras zu rauchen als Revolution zu machen. Wir sind eine Reggae-Band und waren natürlich politisch, aber nichts darüber hinaus. Das war schon paranoid und lächerlich.

MM:Haben Sie eigentlich noch Fans der ersten Stunde?

Brown:Ja, wir sind bei Facebook erreichbar und haben dort eine Menge Fans. Einige von ihnen wurden sehr gute Freunde, und manche sind von Anfang an, seit 1980 unsere Fans. Wir haben eine gute Beziehung zu unseren Anhängern, weil wir auch zugänglich sind und bei Facebook und Twitter ihre Fragen beantworten. Also, wir sind in Kontakt mit ihnen und achten sie.

MM:Bei UB40 denken viele sofort an Ihre großen Hits wie „Red Red Wine” und „Can’t Help Falling In Love”. Nervt Sie das manchmal?

Brown:(Lacht) Ja und nein. Manchmal frage ich mich, warum wir überhaupt noch proben. Ich meine, es ist schön zu beobachten, wenn auf den Live-Konzerten das ganze Publikum bei den Hits mitsingt. Aber das ist nicht alles, was wir machen. Wir haben diese großen Hits, aber eben auch die anderen Sachen. Ich würde es aber nicht wollen, diese Songs nicht mehr zu spielen, sie gehören zu uns und wir haben sie zu achten.

MM:45 Jahre UB40: Schreit das nicht nach einem neuen Album?

Brown:Natürlich, „UB45”. Es werden einige bekannte Songs drauf sein, aber auch ein paar neue Songs. Wir wollen nicht nur alte Lieder machen. Und wenn du zu unseren Live-Shows kommst, machen wir immer auch neue Musik. Klar, wir spielen alle Hits, aber auch eine Menge unbekanntes Material, weil wir daran glauben, weil wir es mögen und weil wir wollen, dass es beim Publikum ankommt.

MM:Sind Sie und die Band das erste Mal auf Mallorca? Ich frage das, weil vor fünf Jahren eine andere „Version” von UB40 auf der Insel auftrat.

Brown:Ich glaube, es ist das erste Mal. Es stimmt, es gibt eine andere Abspaltung, aber nur wir sind UB40 und niemand stellt das in Frage. Das Schlimme ist, dass vor 15 Jahren unser damaliger Leadsänger, Ali, ging. Als er dann solo war, kaufte niemand Tickets für seine Shows unter dem Namen Ali Campbell. Dann fing er an, den Namen der Band zu benutzen und reproduzierte mit Sessionmusikern die Musik, die wir machten. Er singt kein einziges Original-UB40-Material, nur die Hits. Darüber sind wir nicht glücklich und haben lange versucht, vor Gericht gegen ihn vorzugehen, aber das war sehr kostspielig. Es gibt also nur eine UB40, aber eine Menge Tribute-Acts, und Ali ist einer von ihnen. Letztlich ist das ja ein Kompliment.

MM:Wo sehen Sie sich und UB40 in fünf Jahren, also zum 50-jährigen Jubiläum?

Brown:Hoffentlich lebe ich dann noch (lacht). Wir sind nicht wie viele andere Bands, bei denen jeder nach der Show einen anderen Weg einschlägt. Wir mögen einander, arbeiten gerne zusammen, spielen gerne zusammen und hängen gerne zusammen ab. Und so gut, wie die Dinge laufen, sehe ich keine Anzeichen dafür, dass wir damit aufhören werden.

Das Interview führte Martin Breuninger