Stephan Wächter in seinem Büro in Palma: "Ich mache nur von meinem Recht Gebrauch." | Foto: P. Czelinski

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"Meiner Meinung nach ist das ein richtungsweisendes Urteil", sagt Stephan Wächter. Der Architekt aus Bielefeld, Jahrgang 1960, der seit 17 Jahren auf Mallorca lebt, sitzt vor einem Blätterberg, dem Ergebnis eines fast zwei Jahre dauernden Prozesses, eines Prozesses, den Wächter gemeinsam mit seinem Rechtsanwalt Felio Bauzá gewonnen hat und der hohe Wellen schlagen könnte.

Nicht ganz ohne Stolz erklärt Wächter den Sachverhalt: "2012 habe ich bei der Gemeinde Andratx die Baugenehmigungen für zwei Projekte beantragt. Auf dem Rathaus blieb man jedoch untätig, sodass ich, wie es der spanische Gesetzgeber vorsieht, Akteneinsicht verlangte, ein normales Prozedere bei Bauvorhaben."

Zwar kam die Gemeinde diesem Verlangen nach, war jedoch nicht bereit, Wächter eben jene Dokumente auf Spanisch zur Verfügung zu stellen. "Auch nach mehrmaligem Bitten gab es vonseiten des Rathauses keine Reaktion, die Unterlagen waren allesamt auf Katalanisch verfasst. Und mein Katalanisch ist nicht gut genug, um solche wichtigen Dokumente in allen Details zu verstehen", so Wächter, der aber nicht aufgeben wollte und sich entschied, juristisch gegen die Weigerung der Gemeinde vorzugehen. "Mein Anwalt sagte noch zu mir, dass es einen solchen Prozess auf Mallorca bisher noch nicht gegeben hat. Das war mir egal, ich wollte das durchkämpfen."

Das Gericht gab der Klage statt und dem deutschen Kläger recht. Nach dem Richterspruch war die Gemeinde Andratx verpflichtet, Wächter sämtliche den Fall betreffende Dokumente nicht nur zur Verfügung zu stellen, sondern auch eine vollumfängliche Übersetzung ins Spanische beizufügen. Dies, so die Richter, schreibe Artikel 44 des Balearen-Gesetzes 3/2003 vor, in dem nach Angaben der Juristen "glasklar" stehe, dass der Antragsteller "in administrativen Angelegenheiten frei zwischen katalanischer und spanischer Sprache wählen kann" und zwar "ohne dass diesem ein rechtlicher oder finanzieller Nachteil entsteht".

Gerade dieser Zusatz, so Wächter, sei besonders wichtig, weil er auch im Falle laufender Fristen den Antragsteller schützt, selbst dann, wenn er monatelang auf die Übersetzung der Gemeinde warten muss. Dabei bezieht sich Artikel 44 nicht nur auf Anträge, die auf Akteneinsicht in Bauverfahren zielen, sondern auf sämtliche administrativen Vorgänge zwischen Bürgern und Gemeinden. Jeder, so die Richter, habe das Recht, in der von ihm gewählten Sprache "bedient" zu werden. Egal, ob es nur um einige wenige Formulare oder ganze Ordner geht.

"Ich möchte damit den Leuten helfen, denen es genauso geht wie mir." Seiner Meinung nach verfolgen die Behörden mit ihrer Untätigkeit, besonders im Hinblick auf Übersetzungen, eine Art Vogel-Strauß-Taktik. "Man versucht den Bürger mürbe zu machen, diesem entstehen durch die Rechtsverfolgung Ärger und Kosten", so Wächter, der hofft, dass das Gericht mit dem zu seinen Gunsten ergangenen Urteil einen Präzedenzfall geschaffen hat, damit ebenfalls Betroffene den Behörden sagen können: "Seht her, es gibt bereits ein Urteil, ihr müsst mir also die Dokumente auf Spanisch aushändigen."

Wächter ist wichtig, dass man ihn nicht als Querulanten abstempelt, sondern als Balearen-Bürger, der von seinem Recht Gebrauch macht. "Ich habe im Privaten keinerlei Sprachprobleme oder Ähnliches, jeder soll so reden können, wie er möchte. Aber in der Auseinandersetzung mit der Administration sollte man auf seinem Recht beharren dürfen, insbesondere wenn es so klar geschrieben steht, wie in meinem Fall." Der Architekt sieht sich in der Verantwortung: "Schließlich gibt es auf den Balearen genügend Menschen, die kein Katalanisch sprechen, die aber nicht die finanziellen Mittel haben, einen solchen Gerichtsprozess anzustrengen. Ich hoffe, dass ihnen dieses Urteil hilft."

(aus MM 25/2015)