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Menut ist schon von Welpenbeinen an feine Kost gewohnt. Der neunjährige mallorquinische Ratonero wurde schon frühzeitig mit Trüffelstückchen angefüttert, damit er sich an den Geschmack gewöhnt und vor allem Appetit auf die knollenartigen Pilzgewächse hat, wenn er einige Zeit keine bekommen hat.

Denn nur dann erledigt er die Arbeit auf dem eher unscheinbaren Grundstück seines Herrchens Jaime Rosselló zuverlässig. "Einem Hund kann man antrainieren, dass er den Trüffel loslässt, ein Schwein frisst ihn auf, wenn man es nicht wegreißt", sagt der 74-Jährige. Insgesamt stehen ihm 25 vierbeinige Trüffelsucher zur Verfügung. Auf seiner wild bewachsenen Finca Son Salat liegt das "schwarze Gold" fünf bis zehn Zentimeter unter der Erde. Im Winter bringt es 750 Euro pro Kilogramm, im Sommer etwa die Hälfte, weil es dann mehr davon auf dem Markt gibt.

An diesem Tag geht er mit seinem Sohn Jaime über die Finca, um Trüffel zu suchen. "Jaime II." war ein bekannter Stierkämpfer auf Mallorca, der als "rejoneador", also zu Pferde, einige Bekanntheit erlangte. Heute hilft der 40-Jährige seinem Vater bei der Trüffelsuche.

Wie Jaime senior betont, ist der schwarze Trüffel von seiner Finca der einzige Trüffel der Insel, den man käuflich erwerben kann. Zwar gebe es vereinzelt auch an anderen Stellen diese wertvollen Pilzgewächse, doch nicht in dieser Menge wie bei ihm. Zwei Dinge müssten zusammenkommen: Mehrere Steineichen und der richtige Boden. "Er darf nicht kultiviert worden sein, dann geht es nicht. Du kannst nicht vorher Kartoffeln anbauen, dann Trüffel", erklärt er. Unter Umständen werden kiloweise Trüffel gesät in der Nähe von Steineichen, aber keine Wurzel geht eine Symbiose ein.

Auf seinem Grundstück bei Inca kam beim Umpflügen seines Ackers irgendwann eine der schwarzen Knollen mit hoch. Mallorcas Pilzepapst Pep Siquier bestätigte ihm, dass es sich um einen schwarzen Trüffel handelte, der vor allem in Südeuropa vorkommt und bei Gourmets als Perigord-Trüffel bekannt ist.

Jaime begann daraufhin, mit Siquiers Hilfe, gezielt Trüffel zu züchten. "Du musst den Trüffel aussäen und er muss sich mit der Wurzel der Steineiche verbinden", sagt er. Das geht aber nur auf dem richtigen Boden. "Vielleicht hast du 100 Steineichen auf deinem Grundstück, aber keinen Trüffel. Oder du hast eine und findest vier", sagt er.

Das ist nun 20 Jahre her. Mittlerweile stehen rund 250 Bäume auf seinem 30.000 Quadratmeter großen Grundstück und mithilfe seiner Hunde kann er ein Kilogramm Trüffel in einer Stunde finden. Das ist aber erst seit zwei Jahren der Fall, die 18 Jahre vorher waren vor allem Geduld und Hingabe gefragt.

Das soll sich jetzt endlich für ihn bezahlt machen, bislang ist er auf der Insel "ohne Verkaufsanstrengungen", wie er betont, auf 40 Kunden gekommen. Dass es alleine damit nicht getan ist, weiß Jaime senior. Lagerung, Marketing, Verkauf: das sind seine Baustellen. Ein frischer Trüffel hält sich etwa 20 Tage. Zurzeit liefert einer der beiden Jaimes Trüffel in Tupperdosen aus, ohne Logo oder Namenszug auf der Kiste.

Jaime ist ein Geschäftsmann vom alten Schlag, der schon als Jugendlicher mit einem Auto Reinigungsmittel für seinen Vater ausfuhr. "Damals gab es keine Polizei auf Mallorca", erzählt er. Als Jaime die Firma seines Vaters übernahm, stellte er von Putzmitteln auf die Produktion von Plastikflaschen um. "Das brachte mehr als der Inhalt." Mit 65 setzte er sich zur Ruhe, nun, mit 74, will er mit den Trüffeln Geschäfte machen.

Diverse Restaurants auf Mallorca, darunter das "Es Molí des Torrent" in Santa Maria oder das vegetarische "Bellaverde" in Port Pollença gehören zu seinen Stammkunden. "Ich würde den Trüffel jedem anderen auf dem Markt vorziehen", sagt Svenja Gallé, Inhaberin und Chefköchin im "Bellaverde". "Er ist fein und aromatisch ausgewogen, vor allem der Wintertrüffel", sagt sie.

Der hochgelobte und in der Regel auch teurere italienische Trüffel sei ihr zu intensiv. Ihre Gäste seien immer überrascht, dass der Trüffel von der Insel stammt. Häufig nimmt sie ihn auch nach Berlin zum probieren mit und dort gibt es mittlerweile richtige Fans. Auch in Marseille bei französischen Gourmets sei der Trüffel sehr gut angekommen. "Viele Kollegen arbeiten zum Beispiel mit dem Herztrüffel. Der ist eher nichtssagend im Geschmack", sagt sie. Für Svenja Gallé besteht kein Zweifel: Jaimes Mallorca-Trüffel ist von hoher Qualität.

Menut wird plötzlich ganz aufgeregt und schnüffelt den Boden ab. Aber erst als Jaime junior mit seinem Stock auf die Stelle tippt, an welcher der Hund gerade gerochen hat, fängt der Ratonero an zu buddeln. Nach wenigen Sekunden liegt die schwarze Knolle frei. Jaime hebt das unscheinbare Stück hoch. Rund 60 Euro hält er zwischen seinen Fingern.

Eine zweites Grundstück hat Jaime senior bereits angelegt, dort wachsen ebenfalls die Steineichen. Dort braucht es aber noch mehr Zeit, bis genügend Trüffel im Boden sind. Jaime ist das bewusst. "Es ist nicht einfach, sonst würde es ja jeder machen. Das ist eine langfristige Investition." Und dann wäre der Mallorca-Trüffel nicht mehr so wertvoll.

Stichwort Trüffel

Als Trüffel werden vor allem umgangssprachlich eine Vielzahl knolliger, meist unterirdisch wachsender Pilze bezeichnet. Der französische Trüffelhandel geht bis ins Jahr 1770 zurück, Ende des 19. Jahrhunderts exportierte Frankreich 1,5 Millionen Kilogramm jährlich. Durch starke Nachfrage und übermäßige Nutzung der Bestände gingen die Erträge weltweit zurück. 1990 kamen angeblich noch 50.000 Kilogramm auf den Markt. In Deutschland gehören einheimische Trüffel zu den "besonders geschützten" Arten. Der Perigord-Trüffel (Tuber melanosporum), auch schwarzer Trüffel genannt, ist ein aus Südeuropa stammender Echter Trüffel, der zu den teuersten Speisepilzen der Welt gehört. Schwarze Trüffel wachsen in einer Bodentiefe von fünf bis 50 Zentimetern an ihren pflanzlichen Symbiosepartnern. Dies sind in der Regel Steineiche, Stieleiche, Kirsch- und andere Laubbäume.