Carmen Riu, Carmen Serra, Bel Busquets, Carmen Planas und Francina Armengol. | Archiv UH

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Seit einigen Wochen ist Maria Frontera neue Präsidentin des mallorquinischen Hotelverbandes Fehm. Nur wenige Tage nach ihrer Ernennung konnte sie sich bereits bei der Tourismusmesse Fitur in Madrid einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Dass eine Frau Chefin der mächtigen Hoteliersvereinigung ist, überraschte dort aber niemanden, denn Frontera beerbte auf der Position Inmaculada Benito, die knapp drei Jahre an der Spitze der Organisation stand. Frontera ist nunmehr die dritte Frau in Folge, die dem bedeutendsten Wirtschaftsverband auf Mallorca vorsteht.

Frauen in Spitzenpositionen? Auf der Insel keine Seltenheit. Vielmehr ist auffällig, wie vielen Institutionen und Großunternehmen hier Frauen vorstehen oder zumindest wichtige Positionen bekleiden. Prominentestes Beispiel ist sicherlich Ministerpräsidentin Francina Armengol, die das wohl wichtigste politische Amt der Insel ausübt. Und auch auf dem Sessel des stellvertretenden Ministerpräsidenten sitzt seit dem Rücktritt von Biel Barceló eine Frau: Bel Busquets. Da wäre aber auch Carmen Planas, die seit fünf Jahren die Geschicke des einflussreichen Arbeitgeberverbandes Caeb leitet. Die auf Expansionskurs befindliche mallorquinische Fluggesellschaft Air Europa hat mit María José Hidalgo eine weibliche Geschäftsführerin und sowohl beim Tourismusriesen Riu Hotels als auch bei der Verlagsgruppe Serra, zu der auch das Mallorca Magazin gehört, stehen mit Carmen Riu und Carmen Serra Frauen an der Unternehmensspitze.

„Mujeres líder” – Frauen in Führungspositionen. Ist das Zufall auf Mallorca oder hat das historische Gründe? MM hat in den Archiven geblättert. In dem Buch „So sind wir Mallorquiner” findet sich zur Rolle der Frau auf Mallorca folgende Textpassage: „Wer das Oberhaupt der Familie wirklich war, das ist fraglich, denn die Frauen sind bei uns Weltmeister in der Kunst gewesen, den Mann glauben zu lassen, er sei der König im Hause”, schrieb darin einst der Mallorquiner und MM-Kolumnist Pep Moll. Weiter heißt es: „In Wirklichkeit aber mag er höchstens die Krone tragen, das Zepter schwingt jedoch die Frau und das ist wahrscheinlich auch gut so.” Mallorca, eine Insel des Matriarchats? Ist das der Grund für die vielen starken Frauen auf der Insel?

„Ja, es hat auf Mallorca schon immer eine Herrschaft der Frauen gegeben”, bestätigt Nina Parrón, studierte Anthropologin und Gleichstellungsdezernentin beim Inselrat. „Zu Hause hatten in den mallorquinischen Familien tatsächlich meist die Damen das Sagen”, so die Politikerin, die sogleich auf die Bremse tritt: Das sei nämlich weder etwas romantisches noch irgendetwas, auf das man stolz sein könnte. „Die Frauen haben nicht regiert, sie haben schlicht hart gearbeitet und wenn sie etwas zu sagen hatten, dann immer von Ehemanns Gnaden”, so Parrón. „Die Ehefrauen waren zu Hause die Chefinnen, weil ihre Männer keine Lust hatten, sich mit der Haus- oder Küchenarbeit zu beschäftigen.”

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Gesellschaftlich sei man auf Mallorca eigentlich Lichtjahre von einem Matriarchat entfernt. „Da herrscht vielmehr weiterhin das Patriarchat”, so Parrón weiter. Das sei auch in der freien Wirtschaft oft ähnlich. „Viele Frauen sind in wichtigen Positionen, weil sie in Familienunternehmen aufgewachsen sind und die Geschäfte ihrer Väter übernommen haben. Frauen, die von alleine Karriere von ganz unten machen, sieht man leider immer noch viel zu selten.” In der Politik sei das ein bisschen anders. „Da hat sich viel getan in den vergangenen Jahren, vor allem die linken Parteien – und die regieren nunmal auf Mallorca seit fast drei Jahren – tun einiges für die Gleichstellung.” Bestes Beispiel sei das Kabinett von Francina Armengol. Unter ihr arbeiten sechs Ministerinnen und „nur” vier Minister – ein Novum in der Geschichte der Insel-Politik.

Grundsätzlich, so Parrón, müsse man also deutlich zwischen öffentlicher Verwaltung und freier Wirtschaft unterscheiden. „In der Verwaltung sind wir auf einem guten Weg”, so die Expertin. Das belegen auch Studien. So ist die Zahl der weiblichen Gemeinderäte seit Ende der Siebzigerjahre von etwa zehn auf fast 45 Prozent gestiegen, die Zahl der Bürgermeisterinnen im selben Zeitraum von etwa zwei auf 25 Prozent.

„All das darf uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mann und Frau in der Gesellschaft noch immer nicht gleichgestellt sind”, so Parrón, und genau das zeige sich leider in vielen Unternehmen. Noch immer verdienen Frauen auf den Balearen einer Studie aus dem vergangenen Sommer zufolge mehr als 3000 Euro weniger pro Jahr als Männer. „Gerade in der Wirtschaft – leider aber auch noch viel zu häufig in der Politik – gilt der Satz: Ein ehrgeiziger Mann ist bewundernswert, eine ehrgeizige Frau verdächtig. Daran müssen wir arbeiten, das muss raus aus den Köpfen der Menschen!”

Viele von Mallorcas „Powerfrauen” haben hart gekämpft und auf manches im Leben verzichtet, um dort anzukommen, wo sie heute sind. „Ich war einen Monat nach der Entbindung meines Sohnes wieder im Büro”, erklärte einst Air-Europa-Chefin Hidalgo anlässlich des Weltfrauentages gegenüber der MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora”. „Ich glaube, wir haben alle eines gemeinsam. Wir wollten der Welt zeigen, dass wir etwas wert sind, in der Gesellschaft etwas bedeuten”, so Carmen Planas.

Nina Parrón findet trotz aller Kritik an jener Gesellschaft auch lobende Worte für die Entwicklung in Spanien. „Wenn man bedenkt, dass wir eine recht junge Demokratie sind und 40 Jahre Diktatur hinter uns haben, so haben wir innerhalb von Europa doch schon einiges erreicht. Das sollte uns als Frauen aber nicht davon abhalten, weiterzukämpfen!”