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Wer die ganze Vielfalt Palmas erleben möchte, der sollte sich einmal an einem frühen Samstagabend bei gutem Wetter in einen der städtischen Parks begeben und dort eine Weile dem Treiben zusehen. Es gibt keinen besseren Ort, um die Bevölkerung der Inselhauptstadt in möglichst vielen ihrer Facetten kennenzulernen. Mitten in der Stadt etwa, gleich gegenüber der Plaça d’Espanya, da befindet sich der Parc de Ses Estacions, der sich weitläufig auf dem Gelände des einstigen Bahnhofs erstreckt. Busse und Züge fahren mittlerweile unterirdisch ab, sodass eine enorme Grünfläche entstanden ist, die nun allein der Zerstreuung der Anwohner dient.

Das Szenario ist folgendes: Auf einer Bank sitzen drei Rentner und versuchen, die Krise des FC Barcelona zu lösen. Gleich nebenan üben drei Skater ihre Tricks. Auf der Wiese hat sich eine Gruppe Jugendlicher niedergelassen, es riecht nach Marihuana. Ein paar Schritte weiter führen vier Hundebesitzer ihre Tiere Gassi. Zwei Argentinier füllen ihre Mate-Becher mit heißem Wasser aus der Thermoskanne auf. Ein schwitzender Mann im schwarzen Anzug hebt seinen Zeigefinger und ruft: „Die Sünde kannst Du nicht mit Wasser abwaschen!” Er ist Missionar und drückt den Passanten Infozettel in die Hand. In einer Ecke des Parks hat sich ein Obdachloser einen Bretterverschlag gebaut, in dem er nun lebt.

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Ein paar Kilometer weiter brennt die Sonne noch immer erbarmungslos auf den Parc de sa Riera. Die zahlreich gepflanzten Bäume sind noch zu jung, um wirklich Schatten zu spenden. Eine junge Frau in knallpinken Leggins quält sich auf einem der hier installierten Fitnessgeräte. Nebenan, auf dem Kunstrasenplatz, droht ein Fußballmatch zwischen Peruanern und Kolumbianern zu eskalieren. Die jungen Männer rennen mit hochroten Köpfen umher, als ginge es um den Weltmeistertitel. Ein paar Schritte weiter hackt ein Senior im staubigen Erdreich. Er hat hier einen kleinen Schrebergarten gepachtet und baut Auberginen an. Es duftet nach Lavendel.

Etwas später in Palmas Altstadt: Im Hort del Rei gleich unterhalb des Almudaina-Palastes plätschern die Springbrunnen. Urlauber stehen mit gezückten Mobiltelefonen Schlange, um sich selbst zu knipsen. Nebenan haben sich ein paar Kunsthandwerker niedergelassen und auch die fliegenden Händler aus dem Senegal bieten hier ihre Waren an. Ohne ihre Parks wäre die Stadt nicht, was sie ist.

(aus MM 40/2019)