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Geboren und aufgewachsen in Turin, wurde Rita Pavone 1962, mit 17 Jahren, bei einem Musikwettbewerb für Nachwuchstalente entdeckt. Es folgte eine beispiellose Karriere, die der 1,52-Meter kleinen Italienerin zahlreiche Erfolge, von Frankreich bis in die USA, von Argentinien bis nach Deutschland bescherte. Hits wie „Wenn ich ein Junge wär” oder „Arrivederci Hans” machten sie zur Schlagerlegende. Im Februar will es „die Pavone” – heute 74 und mit Wohnsitz auf Mallorca – noch einmal wissen und tritt beim legendären Musikfestival von Sanremo auf. Sollte sie dort gewinnen, wäre ihr Song Italiens Beitrag beim Eurovision Song Contest. Doch davon will sie eigentlich gar nichts wissen ...

Mallorca Magazin: Frau Pavone, geben Sie es zu, Ihr heimliches Ziel ist der Grand Prix in Rotterdam!

Rita Pavone: Um Himmels Willen, nein! Das interessiert mich nun wirklich überhaupt nicht.

MM: Warum fahren Sie dann nach Sanremo?

Pavone: Weil ich der Welt zeigen will: Ich bin noch da! Und damit die Menschen sehen, dass ein Körper zwar altern kann, die Stimme aber bleibt. Ich fühle mich nicht wie 74. Und ich finde, ich singe, als sei ich erst 20 (lacht).

MM: Wann haben Sie sich zu der Teilnahme an Italiens legendärem Musikfestival entschieden?

Pavone: Ach, ich hatte diesen Song und dachte mir, das ist das ideale Lied für eine Rückkehr auf diese Bühne, wo ich zum letzten Mal 1972 gesungen habe. Damals kam ich nicht ins Finale, obwohl ich ein tolles Lied hatte. Dieses Jahr also habe ich meinen Song eingeschickt und er wurde ausgewählt. Amadeus (Moderator und künstlerischer Leiter des Festivals; Anm. d. Red) hat mir erst zwei Tage vor Bekanntgabe des Teilnehmerfeldes mitgeteilt, dass ich dabei bin. Mein Name wurde ziemlich lange geheim gehalten, aber es hat geklappt. Mal sehen, was passiert.

MM: Erzählen Sie uns, worüber Sie singen.

Pavone: Mein Lied heißt „Niente (Resilienza 74)”. Die Zahl 74 steht einmal für mein Alter, außerdem ist in dem Jahr mein Sohn George Merk geboren. Er ist übrigens der Autor des Songs.

MM: Was hat es mit der „Resilienz” auf sich?

Pavone: Resilienz ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, sich nach einem Schock oder einem Trauma zu erholen und „in die ursprüngliche Form zurückzufinden”.

MM: Eine Eigenschaft, die Sie sich auch selbst zuschreiben würden?

Pavone: Allerdings, das können Sie mir glauben. Mein Leben ist eine Folge von ständigen Aufs und Abs, manchmal eine kalte Dusche und manchmal eine finnische Saune (lacht). Ich habe große Erfolge gefeiert, aber ich hatte auch schwere Stunden. 2003 mussten mir zwei Bypässe eingesetzt werden, das war eine harte Zeit. Getragen haben mich meine Söhne und mein Mann. Wir sind seit 52 Jahren verheiratet, ist das nicht sensationell?

MM: Einige Ihrer größten Erfolge haben Sie auf Deutsch gesungen. Welche Beziehung haben Sie zu Deutschland und seinen Bewohnern?

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Pavone: Ich mag Deutschland und die Deutschen sehr. Ich habe liebe Freunde in Berlin, ich bin gerne in der Stadt. Wenn Nina Hagen, die mit meinem Song „Wenn ich ein Junge wär” einen Hit landete, sagt, dass sie mich im Herzen trägt, dann macht mich das stolz.

MM: Können Sie denn wirklich Deutsch?

Pavone: Naja, ein wenig. Als ich meine deutschen Lieder gesungen habe, musste ich mir die Texte in Lautschrift notieren. Ich finde aber, ich habe eine ziemlich gute Aussprache (lacht).

MM: Sie hatten auch große Erfolge in Frankreich und den USA. Für die Argentinier sind Sie ein Weltstar. Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Heimatland Italien?

Pavone: Nun, in vielen Ländern ist es normal, dass jemand, der 25 Millionen Platten verkauft hat, ein Leben lang verehrt wird. Ihr Deutschen könnt das zum Beispiel sehr gut mit euren Stars. In Italien ist es anders, dort gilt das Motto aus einer Komödie von Eduardo de Filippo: „Gli esami non finiscono mai” – „die Prüfungen enden nie”. In der italienischen Gesellschaft muss man sich ein Leben lang beweisen und wird ständig mit den jungen und derzeit angesagten Stars verglichen, das ist ein Erbe aus unserer römischen Vergangenheit (lacht). Es ist deshalb schwieriger als anderswo, dauerhaft angesehen zu sein, selbst wenn man einen tiefen Fußabdruck hinterlassen hat.

MM: Sie wurden kritisiert, weil Sie sich bei Twitter negativ über Greta Thunberg geäußert haben. Bleiben Sie den sozialen Netzwerken trotzdem treu?

Pavone: Die eigene Meinung wird – gerade bei Twitter – viel zu schnell verfälscht und dann wird über einen geurteilt. Mir wurde viel Dreck entgegengeworfen, aber ich habe das ausgehalten, auch wenn es am Anfang ziemlich wehgetan hat. Ich denke, in Zukunft bin ich „anti-social”, beziehungsweise poste nur noch schöne Dinge.

MM: Sie werden im August 75. Sehen wir Sie auch in den kommenden 25 Jahren noch auf den Bühnen?

Pavone: Oh Gott, hoffentlich nicht! Ich bin froh, wenn ich noch fünf oder zehn Jahre weitermachen kann, man muss auch wissen, wann Schluss ist. Es gibt nichts Schlimmeres als aufzutreten, wenn man es eigentlich nicht mehr kann. Ich singe, solange mich meine Stimme trägt.

MM: Welche Beziehung haben Sie zu Mallorca? Was bedeutet Ihnen die Insel?

Pavone: Ich liebe sie, sie ist ein absoluter Traumort für mich. Ich verbringe hier viele wunderbare Stunden und kann hier gut entspannen. Ich habe ein Haus im Inselosten, aber ich verrate Ihnen nicht, wo (lacht).

MM: Verraten Sie uns wenigstens Ihren Lieblingsort?

Pavone: Ja, Palma! Ich finde, es ist eine kleine, aber unheimlich attraktive und wunderschöne Stadt. Ich liebe es, durch die Gassen zu flanieren, ein wenig einzukaufen.

Das Interview führte Patrick Czelinski