Auf Mallorca wird es im Sommer auch mal 35 Grad warm. Ab 36 Grad an mindestens drei Tagen sprechen Meterologen eine Hitzewarnung aus. | J. MOREY

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Hitze raubt Menschen Schlaf, lässt ihr T-Shirt nach drei Schritten am Rücken kleben, sie kollabieren und sterben. Die Wärme ist umso schlimmer, wenn sie feucht wie auf Mallorca ist. Um sich abzukühlen, schwimmen Urlauber immer mal wieder im Hotelpool. Abends schlafen sie in klimatisierten Zimmern. Andere, die auf Mallorca leben und arbeiten, sind froh, wenn September ist.

Vergangenes Jahr war eines der wärmsten, seitdem Daten erhoben werden

Nun aber ist Juli. Es stehen mit ihm und dem August die beiden wärmsten Monate auf Mallorca an: Es herrschen im Schnitt täglich Temperaturen von 30 Grad. Die Tiefsttemperaturen liegen bei 19. Seit 1970 steigen diese Werte. Und das vergangene Jahr war eines der wärmsten, seitdem Daten erhoben werden.

Auf Mallorca lag 2020 die Durchschnittstemperatur bei 17,7 Grad. Die Zahl weicht um 0,7 Grad nach oben vom Mittelwert der Jahre 1981 bis 2020 ab. Spanien insgesamt verzeichnet 14,7 Grad, ein Plus von 1,3 Grad in den vergangenen 60 Jahren.

Am Meer lässt sich Hitze besser aushalten als in der Stadt oder auf dem Dorf. Besonders wenn die Sonne so schön untergeht.

Die Zahlen stammen vom spanischen Wetterdienst Aemet. Der warnt, dass sich das Land am Ende dieses Jahrhunderts um bis zu fünf Grad gegenüber dem Vorindustriezeitalter erwärmt haben könnte. Die einzige Sofortmaßnahme dagegen ist den Experten zufolge: den Gebrauch von fossilen Brennstoffen reduzieren, so dass nicht immer mehr CO2 in die Atmosphäre gelangt.

Zwischen 2016 und 2020 starben in Spanien pro Jahr 1800 Menschen an Hitze

Ein Zeichen dafür, dass sich das Klima wandelt, sind Hitzewellen. Meteorologen sprechen davon, wenn drei Tage lang Temperaturen von 36 Grad und mehr erreicht werden. In Spanien gab es vergangenes Jahr drei „Olas de calor”. Aemet zufolge wurden in den vergangenen Jahrzehnten elfmal mehr Hitze- als Kälterekorde gebrochen.

Die Folgen sind verheerend: Nach Angaben des Instituts für Gesundheit Carlos III. starben in Spanien zwischen 2016 und 2020 pro Jahr 1800 Menschen an den Folgen von Hitze. Im vergangenen Jahr war der August besonders tödlich: Mehr als die Hälfte der Toten schieden in diesem Monat aus dem Leben. 90 Prozent der Menschen waren älter als 74 Jahre.

Auf Mallorca gibt es eine hohe Luftfeuchtigkeit

Mallorca verzeichnete vergangenes Jahr nur eine Hitzewelle. Sie dauerte sechs Tage zwischen Ende Juli und Anfang August. Das sagt Bernat Amengual. Er ist seit 30 Jahren Meteorologe bei der Aemet-Station auf den Balearen. Der Hauptsitz befindet sich in Palmas Hafenviertel Portopí, weitere Büros gibt es an den Flughäfen Palma, Menorca und Ibiza. Insgesamt verfügt Aemet auf den Inseln über 41 Wetterstationen, die auch Privatleute betreiben.

Eine Hitzewelle pro Jahr heiße nicht, dass es nicht auch viele einzelne heiße Tage gebe, sagt Amengual. Ohnehin liege die gefühlte Temperatur auf Mallorca oft höher oder niedriger als die, die das Thermometer anzeige. Der Grund sei die hohe Luftfeuchtigkeit, die die Nähe zum Meer verursache, erklärt der Experte. Im August liegt die Durchschnittsluftfeuchtigkeit in Portopí bei 71 Prozent. Dann ist Schwitzen angesagt.

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Wenn sich die Atmosphäre aufgrund der Erderwärmung aufheizt, steigen auch die Temperaturen des Meeres. Das begünstigt nach den Worten Amenguals Unwetter und extreme Wetterphänomene. Die gebe es besonders im Herbst, wenn das Wasser noch warm und die Luft schon kühler seien. Dann kann es zu starken Regenfällen kommen und es können sich Sturzbäche bilden. So wie im Oktober 2018 in Sant Llorenç im Inselosten: Wassermassen ließen Straßen zu Flüssen werden und wirbelten Autos umher wie ein Badender Quietscheentchen in einer Wanne.

Una tromba de agua deja al menos cuatro fallecidos en Sant Llorenç y Canyamel.
In Sant Llorenç im Inselosten ließen Wassermassen 2018 Straßen zu Flüssen werden und wirbelten Autos umher.

Solche Wetterphänomene kämen immer wieder vor, sagt Meteorologe Amengual. Es gebe bisher keine Studien, dass der Klimawandel sie häufiger auftreten lasse. Auch regne es nicht mehr als noch vor 30, 40 Jahren. Der meiste Niederschlag fällt auf Mallorca in der Tramuntana – rund 1000 Liter pro Quadratmeter im Jahr. Sa Ràpita im Süden Mallorcas kommt auf zwischen 300 und 400 Liter.

Außerdem unterscheiden sich inselweit die Temperaturen. Das Innere des Eilands ist wärmer, besonders im Sommer. In Sa Pobla und Inca seien nach den Worten Amenguals 30 Grad normal, es können auch 35 oder 36 Grad werden. Dort staut sich die Wärme am Gebirge.

Der Embat ist eine Brise, die Sommertage erträglicher macht

Auch in Küstenorten wird es heiß, sie haben aber einen Vorteil. Sie profitierten vom Wind des Meeres, der auf den Balearen einen eigenen Namen hat: Embat. Meteorologen klassifizieren ihn als Brise. „Damit sie kommt, muss der eigentliche Wind schwächer als 30 Stundenkilometer sein”, sagt Amengual.

Ist er stärker, schlage er den Embat, der mit zwischen 15 und 35 Stundenkilometer bläst. Man merkt das daran, dass der Wind nicht aus der Richtung des Meeres kommt. „Es ist ein täglicher Kampf zwischen den beiden”, sagt Amengual. Besonders in breiteren Buchten wie der von Palma oder in Port d’Alcúdia sei der Embat stark.

Der Wind entsteht durch einen Druckunterschied

Das Besondere an dem Wind sei, dass er erst um 11 Uhr anfange und um 18 Uhr aufhöre. Er entsteht durch einen Druck-Unterschied zwischen der höheren Lufttemperatur im Innern der Insel und der niedrigeren des Meerwassers. Der Embat ist besonders im Sommer erfrischend und erlaubt Wassersport, wie etwa Segeln.

Damit ist er ein Hoffnungsschimmer während eines erneut ungewöhnlich heißen und trockenen Sommers. Den sagt Meteorologe Amengual der Insel für dieses Jahr voraus.

(aktualisiert am 21. Juli um 18:03 Uhr)