Trinkwasserspender in Manacor. | Ultima Hora

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Die Balearen-Regierung schickt sich an, mit einem jahrelangen Tabu zu brechen: Während der Linkspakt, der im Mai nach zwei Legislaturperioden abgewählt wurde, bisher die Nutzung der Entsalzungsanlagen auf das Nötigste reduziert hatte, geht man im zuständigen Ministerium nun wesentlich offensiver mit dem Thema um. Angesichts des chronischen Mangels auf den Inseln müsse man die Versorgung mit Trinkwasser vom natürlichen Regenzyklus entkoppeln, sagt Joan Calafat, seit einigen Monaten Generaldirektor für hydrologische Ressourcen. Da es aber auf Mallorca keine natürlichen, ganzjährig wasserführenden Oberflächengewässer gibt, geht das nur mit Hilfe „nicht-konventioneller” Ressourcen, wie er sagt.

Zum einen wären da die Entsalzungsanlagen, die Meerwasser Salz entziehen und so trinkbar machen. Derzeit gibt es auf Mallorca drei davon, je eine in Palma, Alcúdia und Andratx. „Die Entsalzung ist absolut notwendig, um die Wasserversorgung sicherzustellen”, sagt Calafat. Der Anteil entsalzenen Wassers am Gesamtmix müsse steigen. Derzeit machten „nicht-konventionelle” Ressourcen 23 Prozent des Gesamtverbrauchs aus. Dieser Anteil soll indessen auf 50 Prozent gesteigert werden. Der Bau einer vierten Entsalzungsanlage im Inselosten ist bereits geplant.

In der Vergangenheit hatte es Bedenken gegen die übermäßige Nutzung der Entsalzungsanlagen wegen der Auswirkungen auf die Umwelt gegeben. Entsalzungsanlagen leiten Abwasser mit extrem hohem Salzgehalt ins Meer. Die Folgen davon für die dortigen Ökosysteme sind unklar. Calafat erklärt solcherlei Einwände jedoch kurzerhand für unberechtigt. „Es gibt keine Belege dafür, dass das ein Problem darstellt.” Selbst wenn dem so wäre, gäbe es technische Lösungen. Gleichfalls war der hohe Energiebedarf bislang stets ein Argument der Kritiker dieser Art der Wassergewinnung. Auch das lässt Calafat nicht gelten, solange dabei erneuerbare Energien zum Einsatz kämen.

Nicht nur die Entsalzungsanlagen jedoch sollen stärker dazu beitragen, die Versorgung mit Trinkwasser sicherzustellen und die Grundwasservorkommen zu entlasten. Ein weiterer bedeutender Bereich, wo Verbesserungen nötig sind, ist die Mehrfachnutzung des Wassers, erklärt Calafat. Derzeit werden lediglich 40 Prozent des in den Kläranlagen der Insel gereinigten Wassers erneut genutzt, überwiegend in der Landwirtschaft, aber auch bei der Bewässerung städtischer Grünzonen, bei der Straßenreinigung oder auch zur Einleitung in Feuchtgebiete oder Grundwasserreservoirs. Die Nutzungsmöglichkeiten sind vielfältig, einige Bereiche liegen auf Mallorca sogar noch beinahe vollständig brach, wie etwa die Brauchwassernutzung in Hotels.

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Ein großes Problem bei der Mehrfachnutzung ist jedoch die Qualität des Klärwassers. Nicht nur die Nitratbelastung durch Überdüngung ist hoch. „Wir haben ein ernstes Problem auf den Balearen und das heißt Versalzung”, sagt Calafat. Ein bedeutender Teil des Brauchwassers, das in den Kläranlagen ankommt, ist derart versalzen, dass eine erneute Nutzung ausgeschlossen ist. Mallorcas Kläranlagen sind nicht darauf ausgelegt, Salz aus dem Wasser zu filtern. Schuld ist jedoch keineswegs nur in die Grundwasservorkommen oder in die Kanalisation eindringendes Meerwasser. Auch private Salzwasserpools, Osmose- und Entkalkungsanlagen tragen dazu bei. Hier sei jeder Einzelne gefragt, moderne Technik zu nutzen, um die Salzbelastung möglichst gering zu halten, so Calafat.

Es gibt aber noch einen dritten Bereich, in dem die Balearen-Regierung in den nächsten Jahren deutliche Verbesserungen erreichen will: bei der Effizienz des gesamten Systems. Zum einen soll das inselweite Trinkwassernetz ausgebaut werden, sodass auch bislang nicht daran angeschlossene Gemeinden künftig mit Wasser aus den Entsalzungsanlagen versorgt werden können, wie etwa Manacor. Zum anderen geht es darum, das marode Leitungsnetz auszubessern. Derzeit versickern fast 27 Prozent des gesamten Wassers ungenutzt im Boden. In einigen Gemeinden liegt der Prozentsatz noch viel höher. „Wir reden hier über eine Menge, die pro Jahr dem Dreifachen des Fassungsvermögens der Stauseen im Gebirge entspricht”, sagt Calafat. Das Problem ist, dass viele Gemeinden schlicht nicht über die Mittel verfügten, ihre Kanalisationen in Schuss zu halten. Dennoch wolle man die Verluste im Leitungsnetz bis zum Jahr 2027 auf 17 Prozent senken.

Das wird viel Geld kosten – ebenso wie die anderen Maßnahmen. Darum hat Ministerpräsidentin Marga Prohens nun Investitionen in Höhe von 700 Millionen Euro im Laufe der kommenden drei Jahre angekündigt. Allein rund 100 Millionen Euro sollen für die Erneuerung des Leitungsnetzes zur Verfügung gestellt werden. Dieses Geld stammt aus den Einnahmen der Übernachtungssteuer, die Mallorca-Urlauber in ihren Unterkünften entrichten müssen. Auf ein erstes Subventionspaket in Höhe von etwas mehr als 19 Millionen Euro haben sich Balearen-Regierung und Inselrat nun geeinigt. Joan Calafat macht auch kein Geheimnis daraus, dass die Inselbewohner künftig mit höheren Wasserpreisen rechnen müssen. Diese müssten die tatsächlichen Kosten widerspiegeln. Bei entsalzenem Wasser sind diese derzeit neunmal so hoch, wie bei normalem Grundwasser.

„Wir können nicht so weitermachen wie bisher”, sagt Calafat. „Einfach die Grundwasservorkommen über ihre Kapazität hinaus ausbeuten, um die Nachfrage zu decken.” Neben dem mangelnden Wohnraum für Normalverdiener sei das Thema Wassermangel die zweite große Herausforderung für die Insel. „Die Situation ist schon etwas kritisch”, sagt er. „Aber es gibt eine Lösung: Wir müssen eine mutige Politik machen und investieren.”