Das Kiefernkap (im Hintergrund) war ein Piratennest, bis auf dem Penya des Migdia eine Festungsanlage gebaut wurde. | Mallorca Magazin

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Bis heute liegt das Cap Pinar vollkommen unberührt da: versteckte Buchten, schattiger Kiefernwald, keine Menschenseele weit und breit. Das war schon im 16. Jahrhundert so, weshalb die äußerste Landzunge der La-Victòria-Halbinsel damals immer wieder Seeräubern als Unterschlupf diente. Von hier aus starteten die Eindringlinge ihre Raubzüge ins Inselinnere.

Einer dieser Piratenüberfälle ereignete sich der Überlieferung zufolge im Mai 1550. In einer blutigen Schlacht konnten die Bewohner Pollenças die Angreifer schließlich in die Flucht schlagen. Bis heute, Jahr für Jahr am 2. August, stellen Laienschauspieler das Ereignis nach. Tausende Inselbewohner strömen dann nach Pollença, um dem Historienspektakel beizuwohnen. In Sóller und Valldemossa gibt es ähnliche Feste.

Um einen Einblick in diesen Teil der Inselgeschichte zu bekommen, bietet sich auch eine Wanderung auf der La-Victòria-Halbinsel an. Denn dort befinden sich die Reste mehrerer Wach- und Verteidigungsanlagen, die hier entstanden, als gegen Ende des 16. Jahrhunderts immer häufiger räuberische Invasoren die Nordküste der Insel heimsuchten.

Startpunkt der Wanderung ist die Ermita de La Victòria. Die Einsiedelei stammt in ihrer jetzigen Form aus dem 18. Jahrhundert, ihre Geschichte reicht allerdings bis ins 14. Jahrhundert zurück. Heute ist in dem Gebäude neben der Kapelle ein Hotel untergebracht. Der Wanderweg führt bergauf in Richtung „Sa Talaia de Alcúdia“. Nach wenigen Metern befinden sich linker Hand etwas abseits des Weges drei Kreuze: Hier soll einst einem Hirten die Muttergottes erschienen sein. Nach etwa 15 Minuten zweigt unmittelbar nach einer scharfen Rechtskurve links ein Weg ab, der an einem ziemlich morschen Holzgeländer zu erkennen ist.

Es geht nun tiefer in den Wald hinein, anschließend schlängelt sich der Pfad gut sichtbar den Berghang entlang. Die Aussicht über die Bucht von Pollença ist schon jetzt eindrucksvoll. Nach einer guten halben Stunde sind die Überreste der alten Felsenfestung des „Penya des Migdia” (oder auch „Penya Roja”) erreicht: Der Weg führt nun durch einen kurzen Tunnel. Dies war der einzige, leicht zu verteidigende Zugang zu dieser Anlage, die in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts in Betrieb genommen wurde.

Unmittelbar hinter dem Zugang, an einer besonders schmalen Stelle des Weges, an der es links steil in die Tiefe geht, ist zur Sicherheit eine Kette an der Felswand befestigt. Wenig später gelangt man an das Plateau, das einst den Mittelpunkt der kleinen Festung bildete. Außerdem gibt es noch Überreste einer Wohnhütte, eines Ofens und eines Wasserspeichers zu sehen. Von hier aus konnten die Wachleute das gesamte „Kiefernkap” überblicken und Eindringlinge unter Kanonenbeschuss nehmen. Seit 1948 ist das Cap Pinar militärisches Sperrgebiet. Normalsterbliche haben dort keinen Zutritt, dafür ist die Landzunge vom Bauboom der 60er und 70er Jahre verschont geblieben.

Immer steiler über Geröll und Fels führt der Weg nun die letzten Meter auf den Gipfel. Zum Abschluss wartet noch eine regelrechte Kletterpartie vorbei an steil abfallenden Felswänden und übermächtigen Gesteinsbrocken. Auf dem höchsten Punkt des Penya des Migdia auf 354 Metern steht eine Kanone, die an die militärische Vergangenheit dieses Ortes erinnert – ebenso wie eine beschriftete Metalltafel. Dass der Ort strategisch klug gewählt war, sieht man nicht nur an dem spektakulären Rundumblick über die beiden Buchten des Inselnordens, sondern auch daran, dass der Rückweg derselbe wie der Hinweg ist. Einen anderen Abstieg gibt es nicht.

Wer noch Kraft hat, gelangt auf dem Rückweg vom Abzweig mit dem morschen Geländer linker Hand in etwa einer halben bis einer Dreiviertelstunde auf den 454 Meter hohen Talaia d’Alcúdia – den höchsten Berg auf der La-Victòria-Halbinsel. Sein Name – der so viel wie „Wachturm von Alcúdia” bedeutet – verrät, wie wichtig er einst für die Menschen in der Gegend war. Von hier gingen die Signale aus, wenn sich mal wieder feindliche Truppen näherten. Die Überreste des Wachturms sind noch zu erkennen: direkt unter der Landvermessungssäule auf dem Gipfel.