Die Dachterrasse des Luxushotels Es Princep läuft unter dem Namen "Almaq". | Archiv

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Auf der Dachterrasse des Hotels Santa Clara in Palmas Altstadt umweht einen nicht nur eine in diesen Tagen frische Meeresbrise, sondern unverkennbar auch der Hauch der Geschichte. Zum Greifen nahe liegt etwa der Glockenturm der Kirche des gleichnamigen Klarissen-Klosters, in dem seit dem 13. Jahrhundert ununterbrochen Nonnen leben. Heute sind es noch 15, dementsprechend ruhig geht es in dem Innenhof in der Regel zu, der zwischen den hohen umliegenden Mauern im Schatten liegt. „Manchmal kräht morgens der Hahn”, sagt Tomeu Escalas, Direktor des Hotels. „Dann wundern sich unsere Gäste.”

Nur wenige Schritte entfernt befinden sich die Banys Àrabs, das wohl bedeutendste verbliebene Bauwerk aus der Zeit der muslimischen Herrschaft auf Mallorca. Gegenüber blickt man wiederum auf die Mauern der Kirche Monti-Sion, deren Barock-Fassade zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Inselhauptstadt gehört. Errichtet wurde die Kirche einst auf den Grundmauern der jüdischen Synagoge.

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Die Dachterrasse des Hotels Santa Clara in Palma.

Auch im Hotel selbst ist alles etwas anders, als es Mallorca-Urlauber vielleicht aus anderen Häusern auf der Insel gewöhnt sind. Jedes der gerade einmal 20 Zimmer ist anders, nur die jahrhundertealten, dicken Sandsteinmauern sind überall dieselben. Das Hotel befindet sich in einem alten Adelspalast aus dem 17. Jahrhundert. Dort, wo heute die Urlauber einchecken, parkten einst die Pferdekutschen. Zur Jahrtausendwende drohte das historische Bauwerk zu verfallen. Dann nahm sich Tomeu Escalas seiner an.

Der Mallorquiner entstammt einer Hoteliersfamilie, die bis dato in Magaluf aktiv war. Im Jahr 2007 dann entschloss man sich, auch ein Stadthotel in Palma zu eröffnen. „Wir suchten ein Geschäft, das das ganze Jahr über funktioniert”, sagt Escalas. In dem bei britischen Partyurlaubern beliebten Küstenort richtet sich die Saison nämlich nach der Jahreszeit. Sobald der Sommer vorbei ist, sperren die meisten Häuser zu. Zu glauben, dass es in Palma anders sein könnte, war durchaus gewagt.

Immerhin handelte es sich bei diesem Teil der Altstadt damals um eine eher konfliktträchtige Ecke. Nur ein paar hundert Meter entfernt befand sich ein von Drogendealern und Prostituierten genutzter Platz. „Es war schlicht und einfach gefährlich hier”, sagt Escalas. Was heute Normalität ist, war damals noch eine Pioniertat. Mittlerweile gibt es in Palma zahlreiche Altstadthotels, untergebracht in renovierten historischen Gebäuden, mit individueller Ausstattung und zur gehobenen Kategorie gehörig – sogenannte „Boutique-Hotels”. Dem Hoteliersverband Palma Stadt (ASHPAMA) gehören mittlerweile 72 Hotels an – 2011 waren es noch 46. Etwa 30 Prozent der Häuser befinden sich in der Altstadt. Die meisten von ihnen sind fast das ganze Jahr über geöffnet. Dass Esacalas damals der Zeit ein ganzes Stück voraus war, verrät die Tatsache, dass der Begriff „Boutique-Hotel” auf der Insel noch überhaupt nicht gängig war – und daher auch nicht im Namen seines Hotels auftaucht.

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Javier Vich, Vorsitzender des Hotelverbands von Palma de Mallorca.
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„Palma war damals eine Stadt, die viel Potenzial hatte, das noch gar nicht ausgeschöpft war”, erinnert sich Escalas. Vor allem die Entwicklung in Barcelona ließ ihn aufhorchen. Dort waren bereits mehrere schicke, kleine Hotels mitten in der Altstadt in renovierten Häusern entstanden. „Das Thema der Wochenend-trips kam auf”, sagt Escalas. „Wie Barcelona auch, verfügt Palma ja über eine gut erhaltene Altstadt und eine tolle Kathedrale.” Er sagte sich: Warum soll das nicht hier auch funktionieren? Und behielt Recht. In den ersten zehn Jahren sei das Geschäft hervorragend gelaufen. Mittlerweile allerdings sei die Konkurrenz so groß geworden, dass es sich auf einem normalen Maß eingependelt habe.

Dass Palma das Zeug zur internationalen Top-Destination hatte, erkannte früh auch Miguel Conde. Er eröffnete 2011 ein erstes Boutique-Hotel in Palmas Altstadt. „Die Ursprungsidee war, ein verlassenes, leerstehendes Gebäude zu retten”, sagt Conde. Und so befindet sich in dem alten Herrenhaus Can Cera aus dem 17. Jahrhundert, das nur wenige Schritte von der zentralen Plaça Santa Eulàlia entfernt liegt, heute ein schickes Fünf-Sterne-Hotel. „Es ist eine moralische Verpflichtung, diese Gebäude wieder zu nutzen”, findet er.

Conde sah in Palma ein großes ungenutztes Potenzial. „Es wollte mir nicht in den Kopf, dass die Stadt überhaupt keine touristische Destination war”, erinnert er sich. „Das war eine absolute Anomalie.” Deshalb habe er sich entschieden, in der Stadt zu investieren. Mittlerweile betreibt er fünf Boutique-Hotels in Palma. Alle befinden sich in aufwendig restaurierten historischen Gebäuden. Das sechste ist in Arbeit. Der Boom der Boutique-Hotels habe sich auf die Stadt sehr positiv ausgewirkt, sagt Conde. „Heute ist Palma das ganze Jahr über ein attraktives Reiseziel.” Die Altstadthotels hätten dabei eine Schlüsselrolle gespielt. „Ohne diese wäre die Entwicklung unmöglich gewesen.”

Tatsächlich hat sich Palma im zurückliegenden Jahrzehnt grundlegend gewandelt – von einer ziemlich verschlafenen Stadt zu einem der internationalen Top-Reiseziele für Städtetourismus, mit einem hochklassigen gastronomischen Angebot, herausragenden Einkaufsmöglichkeiten und lebendiger Galerienszene. Während Palma früher an Wochenenden wie ausgestorben wirkte, herrscht heute das ganze Jahr über Leben in der Stadt. „Wir entzerren die touristische Saison”, sagt Conde. „Davon profitiert nicht nur die Stadt, sondern die ganze Insel.” Während ab November in den meisten Gegenden Ruhe einkehrt, herrscht in Palmas Altstadt weiter Hochbetrieb.

Es gibt allerdings auch kritische Stimmen. Vor allem Anwohnerverbände sehen die zunehmende Gentrifizierung der Stadt mit Sorge. Miguel Conde hat dafür durchaus Verständnis. „Es hat immer Konsequenzen, wenn eine Gegend attraktiver wird”, sagt er – „etwa in Form steigender Mieten”. Insgesamt aber sei der Effekt für Palma doch positiv gewesen. „Die Leute gehen wieder gerne in die Altstadt.” Auch das allerdings freut nicht jeden. Klagen über die Massifizierung häufen sich. „Die produzieren aber ganz gewiss nicht wir”, sagt Conde. Im Schnitt hätten die Boutique-Hotels in Palma gerade einmal 20 Zimmer. „Was die Massifizierung angeht, haben wir einen geringen Effekt, ökonomisch dagegen einen bedeutenden.”

Tatsächlich kehrt in Palmas Altstadthotels vor allem zahlungskräftige Klientel ein. Die Preise in den schicken Boutique-Hotels sind nicht gerade billig. Es handelt sich ausschließlich um Vier- oder Fünf-Sterne-Häuser. Aufgrund ihrer geringen Größe sind die Betriebskosten im Verhältnis zur Gästezahl hoch. Das Profil der Urlauber, die bei Tomeu Escalas einkehren, beschreibt dieser folgendermaßen: Bei der überwiegenden Mehrheit handele es sich um Paare zwischen 40 und 65 Jahren. Auch Gruppen von Frauen, die in Palma einkaufen gehen wollen, gebe es häufiger. Am stärksten vertreten seien Deutsche, Skandinavier und Briten. Letzthin kämen auch vermehrt US-Amerikaner, sagt er. In jedem Fall Leute, die einen Sinn dafür haben, dass es sich um ein einzigartiges Gebäude handelt – und für die Geschichte ringsherum.