Das Finanzamt in Palma de Mallorca. Hier sollen künftig vor allem Gelder der Wohlhabenden einbehalten werden. | Foto: J. Torres

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Enteignung", "Piraterie", "kommunistische Politik" - wenn man Lutz Minkner auf den Entwurf des balearischen Haushaltsplans anspricht, der mehrere Steuererhöhungen vorsieht (siehe unten), wird er deutlich in seiner Wortwahl. Der deutsche Immobilienmakler ist studierter Wirtschaftsjurist und auf spanisches Immobilien- und Steuerrecht spezialisiert. "Die fahren den Wagen an die Wand", ist er sich sicher. "Es ist eine reine Reichensteuer."

Reichensteuer - daraus macht auch die Balearen-Regierung keinen Hehl. Tatsächlich wollen die Politiker durch die steuerlichen Änderungen eine Umverteilung des Reichtums erreichen. Den Vermögenden soll Geld genommen, den Bedürftigen durch staatliche Unterstützung gegeben werden. "Das große Ziel dieser Regierung ist es, zu garantieren, dass niemand in dieser Gesellschaft seine Bürgerrechte verliert. Jeder einzelne muss Zugang zu den grundlegenden öffentlichen Leistungen haben", betont die balearische Finanzministerin Catalina Cladera (PSOE) im Gespräch mit MM. Gerade durch die radikalen Kürzungen der vergangenen Jahre im Zuge der Krise sei dies nicht mehr der Fall.

Steuerspezialist Minkner warnt jedoch: "Wenn die Besserverdiener die Insel verlassen, weil ihnen die Steuerlast zu hoch ist, gehen der Konsum zurück und Arbeitsplätze verloren." Schließlich gäben diejenigen auf der Insel am meisten aus, die auch am meisten haben. Nicht nur die Reichen würden also über kurz oder lang unter den Steuerplänen leiden, sondern in der Konsequenz die gesamte Gesellschaft, so Minkner.

Hauptkritikpunkt: Die Regierung plant, dass die Vermögens- und Einkommenssteuererhöhungen, wenn sie denn tatsächlich in den kommenden Wochen beschlossen werden, auch rückwirkend für das Jahr 2015 gelten sollen. "Das ist höchst problematisch", findet Minkner. Auch das Formular 720, das bereits 2013 in Spanien aufkam und der Untermauerung der Vermögenssteuer dienen soll, sieht er kritisch. Es besagt, dass alle, die einen Wohnsitz in Spanien haben, ihre weltweiten Vermögenswerte ab einem bestimmten Grenzwert offen legen müssen. Zu welchem Steuersatz, das bestimmt die Region. Auf den Balearen ist ein Spitzensteuersatz von 3,45 Prozent geplant.

"Das wäre der teuerste Vermögenssteuersatz der Welt", kritisiert auch Alejandro del Campo Zafra, Anwalt und Steuerberater aus Palma. Seine Kanzlei DMS-Consulting reichte bereits 2013 bei der Europäischen Kommission Beschwerde ein und bekam in einigen Punkten recht.

"Die Balearen sind auf dem Weg in ein Steuerinferno", so del Campo. In kaum einem europäischen Land gebe es noch die Vermögenssteuer, und wenn, dann liege der Spitzensteuersatz bei 1,8 Prozent. "Auf den Balearen liegt er jetzt schon bei 2,5 Prozent und schreckt ausländische Investoren ab. Wenn nun 3,45 Prozent eingeführt werden, war es das."

"Immobilienobjekte über zehn Millionen Euro liegen schon jetzt wie Blei im Markt, weil die Käufer fehlen", weiß Lutz Minkner. Milliardäre gingen lieber nach Malta, Großbritannien oder in die Schweiz. "Oder sie bleiben in Deutschland. Im Vergleich zu den Balearen ist dort ein Steuerparadies."

Den Erbschaftssteuersatz, der bei Erbschaften von mehr als 700.000 Euro progressiv auf bis zu 20 Prozent steigen soll (allerdings erst bei Erbschaften über drei Millionen Euro), sieht del Campo als überproportioniert an, die Einkommenssteuererhöhungen kritisch. Viele ausländische Zugezogene sorgten sich in den vergangenen Jahren bereits, wie sie es vermeiden könnten, Residentenstatus anzunehmen, um der Einkommenssteuer zu entgehen.

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Finanzministerin Cladera glaubt nicht, dass die steuerlichen Änderungen tatsächlich zur großen Abwanderung der Reichen führen werden. "Die Leute wertschätzen die Balearen wegen ihres Charmes und weil sie hier gut aufgenommen sind", sagt sie und betont zudem die Staffelung der Steuersätze. "Beim Verkauf eines Hauses unter einer Million Euro ändert sich steuerlich gar nichts und ab dann steigt die Steuer nur progressiv, also schrittweise", so Cladera. Von den Änderungen sei nur ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung betroffen. "Dieser minimale Aufwand, den wir von einer sehr kleinen Bevölkerungsgruppe fordern, wird sehr vielen Menschen helfen. Wir haben die Krise erst überwunden, wenn die gesamte Gesellschaft sie überwunden hat."

DIE PLÄNE IM ÜBERBLICK

Grunderwerbssteuer: Beim Verkauf von Bestandsimmobilien ab Verkaufswert von einer Million Euro sollen künftig elf statt zehn Prozent Abgaben fällig werden. Laut Finanzministerium betreffe dies 2,6 Prozent der Transaktionen.

Einkommenssteuer: Besteht aus staatlicher und regionaler Komponente. Die Balearen-Regierung plant, ihren Teil für Brutto-Jahreseinkommen von mehr als 70.000 Euro progressiv zu erhöhen, sodass die Gesamtsteuerlast zwischen 44,5 und 47,5 Prozent liegt. Die Steuer soll womöglich auch rückwirkend für 2015 geltend gemacht werden. Dies betreffe nur 1,6 Prozent der Steuererklärungen.

Erbschaftssteuer: Erbschaften bis 700.000 bleiben bei einem Prozent, darüber soll die Progression einsetzen. Ab drei Millionen Euro soll der Satz auf 20 Prozent steigen.

Touristensteuer: Ab Mai 2016 werden auf touristische Übernachtungen zwischen 0,25 und zwei Euro Abgaben pro Tag gezahlt, sowohl von Residenten als auch von Inselbesuchern.

Vermögenssteuer: Die zentralspanische Regierung erlaubt die Steuer anders als geplant auch im Jahr 2016. Über die Höhe der Steuer dürfen die Regionen entscheiden. Die Balearen-Regierung plant, dass künftig Vermögen von mehr als einer Million Euro (Freibetrag von 700.000 Euro plus 300.000 Euro für das Eigenheim) betroffen sind. Bislang lag der Freibetrag bei 800.000 Euro. Zudem steigen die Steuersätze von bisher 0,2 bis 2,5 Prozent auf künftig 0,28 bis 3,45 Prozent. Auch diese Steuer soll rückwirkend für 2015 gelten.

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(aus MM 52/2015)