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Mallorca hat es gut, denn die Insel kann sich gleich zwei Mal im Jahr über Frühling freuen. Möglich macht dies das Mittelmeerklima. Denn im Herbst blühen viele einheimische Arten noch einmal so richtig auf.

„Jetzt, wenn die Temperaturen sinken, die Tage kürzer werden und erste Niederschläge fallen, erwacht die Natur aus ihrer Trockenstarre des Sommers”, erklärt Magdalena Vicens, Leiterin des Botanischen Gartens in Sóller. Herrschen im Norden Europas eher im Winter schlechte Konditionen für die Pflanzenwelt vor, sei das beim Mittelmeerklima im Sommer der Fall. Zu viel Hitze, zu viel Sonne und zu wenig Regen.

„Die Flora braucht aber dringend diese Ruhepause im Jahreszyklus”, fügt die Botanikerin an. Nun treiben die Pflanzen wieder aus, das lässt sich nicht nur im Botanischen Garten, sondern auch bei Spaziergängen auf Mallorca deutlich beobachten.

„Manchmal kommen Besucher im Sommer her und beschweren sich, dass alles so trocken aussieht”, erzählt Magdalena Vicens. Genauso gut könne man sich in Nordeuropa im Winter beklagen, dass alles kahl ist. Statt Winterschlaf gibt es hierzulande die Sommersiesta der Pflanzen. Ein grüner Sommer sei eben nicht mediterran und die Natur kein dauer bewässerter Golfrasen.

Aktuell lässt sich bereits die Weiße Meerzwiebel bewundern. Im Sommer sieht die Pflanze aus wie verdorrt, dann kommen zuerst die Blüten und später treibt die Zwiebel dickes Blattwerk aus. Auch der Herbst-Blaustern, der besonders auf Ibiza und Formentera vorkommt, steht schon in seiner zarten blau-violetten Blütenpracht. In rund einem Monat zieht dann der Balearen-Krokus nach, der in der gesamten Tramuntana wächst. Zählen Krokusse in Deutschland zu den ersten Frühlingsblühern, sprießen sie auf Mallorca erst zu Beginn des Herbstes. Auch wilde Orchideen, Traubenhyazinthen, Glöckchen-Lauch und Wanzen-Knabenkraut haben nun Saison.

Viele dieser Herbstblüher seien einjährige Pflanzen, erklärt die Botanikerin. Es gibt Flora, die blüht einmal im Jahr – entweder im Frühjahr oder im Herbst – andere wiederum kann gar nicht genug bekommen und treibe zweimal im Jahr Blüten aus. Diesen Zyklus sollten auch Gärtner auf Mallorca beachten.

Ein Mallorca-Garten mit einheimischen Pflanzen sei ein wassersparender Garten. „Bewässerung ist teuer.” Gärten im englischen Stil oder grüne Rasenflächen eignen sich dagegen weniger. Vielmehr sollte man sich daran orientieren, was in der Natur wächst.

Vorsicht allerdings: „Wer mediterrane Flora im Sommer bewässert, richtet mehr Schaden als Nutzen an”, erklärt die Leiterin des Botanischen Gartens. Denn die Pflanzen treiben zwar aus und verbrennen dann aber in der starken Sonne von Juli und August. Arten, die nicht endemisch von den Balearen stammen, können durch Bewässerung gut über die heiße Jahreszeit gebracht werden, dazu zählt beispielsweise die Busch-Nelke. Auch brauchen Zitrusbäume Wasser. „Sie stammen aus China”, fügt Magdalena Vicens an. Zudem sollten sie ein dichtes Blätterdach haben, damit der Stamm vor zu starker Sonneneinstrahlung geschützt ist. Das besondere Mikro-Klima im Sóller-Tal lässt die Orangenbäume übrigens besonders gut gedeihen.

„Wir haben in Sóller vielleicht zwei, drei Mal Frost im Winter”, sagt die Botanikerin, „auch in der Tramuntana liegt nur an wenigen Tagen Schnee.” Der milde Winter auf Mallorca trägt dazu bei, dass die Insel auch in der kühleren Jahreszeit in saftigem Grün steht. „Der Winter ist im Mittelmeer-Raum grün und der Sommer ockerfarben”, sagt Magdalena Vicens mit Bezug auf den botanischen Kontrast zwischen den Jahreszeiten.

Der Botanische Garten in Sóller befindet sich an der Landstraße Palma-Port de Sóller am Kilometer 30,5 (nahe der Tankstelle). Er ist montags bis samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 8 Euro, Kinder unter sechs Jahren zahlen nichts. Ein Besuch dort lohnt sich das ganze Jahr über.

(aus MM 39/2021)