Immer wieder muss die Guardia Civil wegen verunglückter Wanderer zu Rettungseinsätzen ausrücken. | R.S.

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Frühling und Sommer sind Wanderzeit auf der Insel. Und damit häufen sich auch wieder Stürze und Knochenbrüche in Mallorcas Bergregionen. Erst vor wenigen Tagen fiel ein Wanderer vom Lochfelsen, ein anderer wurde tot bei Deiá geborgen. Experten sagen, wie man die Inselgipfel sicher erkundet

Wandern wird seit einigen Jahren immer populärer, Bewegung in der freien Natur liegt im Trend. "Mallorca ist als Wandergebiet beliebt, wird aber oft unterschätzt", sagt Trekking-Guide Kathrin Bremer, die seit drei Jahren Wandergruppen aus Deutschland über die Insel führt. "Häufig läuft man über Geröll, das erhöht das Stolper-Risiko. Auch sind viele Wege schlecht gesichert", sagt sie. So mancher Freizeitsportler überschätzt ihrer Erfahrung nach zudem die eigene Fitness und ist wenig berggerecht gekleidet. "Dass Leute in Flipflops losziehen", ist keine Seltenheit", berichtet sie.

"Wir müssen jedes Jahr zu 120 bis 130 Rettungseinsätzen ausrücken. Das ist landesweiter Rekord", erklärt Jacobo Soteras, Leiter der 13-köpfigen Bergrettung, die in Palma stationiert und für die gesamten Balearen zuständig ist. In gut zwei Drittel der Fälle kommt der Helikopter zum Einsatz. Ein Happyend gibt es aber nicht immer. Von 2016 bis 2018 gingen 32 Unfälle tödlich aus.

Sicherheit hat daher bei einem Bergausflug oberste Priorität. Das fängt bei der Vorbereitung an. Dazu gehört, sich in Büchern, mit Hilfe von Karten oder im Internet gut über das Terrain und seine Risiken zu informieren, rät die Bergrettung. Denn nicht immer sind Wege gut ausgeschildert. Das gilt vor allem im Gebiet von Valldemossa bis Deià. Die Folge: Dort verirren sich die meisten Wanderer. "90 Prozent davon sind Ausländer", sagt Soteras. "Man sollte zudem darauf achten, aktuelles Kartenmaterial zu haben, denn gerade auf Mallorca ändern sich die Gegebenheiten durch Sperrungen von Privatwegen häufig", ergänzt Wanderführerin Bremer. Ein weiterer Tipp: Karten zur Off-line-Nutzung downloaden, da es in abgelegenen Bergregionen oft keinen Handy-Empfang gibt. Bevor man losstapft, sollte auch ein Blick auf die aktuelle Wetterprognose nicht fehlen. "Gerade im Frühling kann sich das Wetter im Stundentakt ändern", weiß Bremer.

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Auch wenn der Berg ruft - losziehen sollte man niemals allein. Die Bergrettung rät, in Gruppen von mindestens drei Personen zu wandern, um im Unglücksfall den Verletzten nicht allein lassen zu müssen und Hilfe holen zu können. Sinnvoll ist es auch, sein Hotel, Freunde oder Familie vorab über eine geplante Route zu informieren. Wer sichergehen will, dass die Bergrettung bei einem Unfall rechtzeitig eintrifft, kann auf der Website der balearischen Notrufzentrale ein Formular ausfüllen, in dem die Wanderstrecke, Ankunftszeit und eine Telefonnummer eingetragen werden. Melden sich die Ausflügler nicht rechtzeitig zurück, versucht die Leitstelle, sie zu erreichen und schickt im Notfall einen Suchtrupp los.

Grundsätzlich sei es immer besser, mit vermeintlich "langweiligen" Touren zu beginnen, als sich zu überfordern, rät Bremer. "Ein guter Weg für Wander-Neulinge ist beispielsweise die Strecke von Port Andratx nach Sant Elm, oder von Es Verguer zum Castell Alaró", sagt sie. Und natürlich mindert auch eine angemessene Ausrüstung das Unfallrisiko. "Gutes Schuhwerk ist wichtig, und eingelaufen sollte es sein", rät die Wanderführerin, die zur Sicherheit auch Klebestreifen dabei hat, falls sich mal die Sohle löst. Und was gehört sonst noch in den Rucksack? "Lieber zu viel als zu wenig Kleidung zum Wechseln", meint Bremer angesichts des unbeständigen Frühlingswetters. Auch Sonnenschutz ist ein Muss. "Für den Notfall packe ich ein Erste-Hilfe-Kit mit Jod, Mullbinden, Pflaster sowie eine Wärmedecke ein." Damit die Wanderer unterwegs bei Kräften bleiben, sind Traubenzucker oder Schokoriegel sinnvoll, um den Zuckerspiegel schnell nach oben zu treiben. Welchen Proviant man sonst noch mitnimmt, ist Geschmackssache. Aber: Mindestens 1,5 Liter Wasser pro Person sind Pflicht.

Ein paar Tipps für unterwegs: Alle Wanderer sollten immer in Sichtabstand zueinander bleiben und Bescheid sagen, wenn jemand mal "muss". "Wenn ich mit großen Gruppen laufe, habe ich zusätzlich eine Pfeife dabei, um mich bemerkbar zu machen", erzählt Bremer.
Auch wenn die Füße schmerzen: Von improvisierten Abkürzungen rät sie unbedingt ab: "Da kann es passieren, dass man plötzlich vor einem Abhang steht und nicht weiter weiß." Gerade wer die Berge ohne Guide erkundet, sollte sich nur auf gut ausgeschilderten Wegen, wie dem Langstreckenwanderweg GR 221, der von Andratx nach Pollença führt, bewegen.

Und was, wenn doch jemand stolpert und sich etwa den Knöchel verstaucht? Dann gilt es Ruhe zu bewahren, die Notrufnummer 112 (auch auf Deutsch) anzurufen und Standort und Art der Verletzungen möglichst genau zu schildern. Die Bergrettung wird übrigens von Einheimischen und Urlaubern gleich häufig gerufen. "Manchmal ist ein Unfall einfach Pech, obwohl der Wanderer gut vorbereitet war", sagt Soteras. "Und Letzteres trifft glücklicherweise auch auf die Mehrzahl der Touristen zu, die speziell zum Wandern kommen."

Jacobo Soteras leitet die Bergrettung auf Mallorca. Foto: C. Schittelkopp
Die Tour durch den Torrent de Pareis gilt als eine der anspruchsvollsten Wanderungen auf der Insel. Genau wie in der Serra de Tramuntana ereignen sich dort besonders oft Unfälle, zu denen die Bergrettung gerufen wird. Foto: Guardia Civil
Firma: VON maike Schulte