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Jubiläen sind ja gerne Anlass zur Selbstreflexion. Im deutschen Fernsehen ist das dieser Tage zu beobachten, Reportagen mit Zeitzeugen zu 25 Jahren deutscher Einheit rauf und runter, wie war das damals, wer hat was wie erlebt, wie ist das ehemals geteilte Deutschland zusammengewachsen? Auf Mallorca, im - Achtung: gut abgehangener Witz - 17. Bundesland haben wir das auch schon alles gemacht: Zeitzeugen, ehemalige Ost-Flüchtlinge, alle haben wir getroffen und interviewt. Dieses Mal sollte die Perspektive verändert werden: Wie nehmen uns heute, 25 Jahre nach der offiziellen Verkündung der deutschen Einheit, eigentlich die Mallorquiner wahr? Sind wir Repräsentanten eines (zu) groß gewordenen Landes und Vorreiters in Europa den Insulanern möglicherweise unangenehm geworden? Die Antwort: Das ist eine unbegründete deutsche Sorge. Den Mallorquinern ist es im Bezug auf das Zusammenleben mit den Deutschen größtenteils herzlich egal, was in Berlin oder Brüssel entschieden wird. Hier zählen andere Dinge. Zum Beispiel, dass man als Deutscher gewisse Lebensgewohnheiten der Einheimischen akzeptiert und sich nicht als Besserwisser aufspielt. "So wird das gemacht", hört man auf der Insel nicht besonders gerne. Aber mal ehrlich: Wer lässt sich schon gerne von anderen vorschreiben, wie er zu leben hat. Andererseits hat es im Zusammenleben von Deutschen und Mallorquinern viele Fortschritte gegeben, die kommenden Generationen haben zunehmend mehr Lust, sich Alemania mal selbst anzuschauen, nicht nur die Alemanes am Ballermann - den die Mallorquiner übrigens gar nicht unter diesem Namen kennen. Auch die Deutschen zeigen mehr Interesse an Sprache - je nach Wohnort sogar am Mallorquín - und Kultur. Auf Mallorca scheint 25 Jahre nach der deutschen Einheit parallel zu Ost- und Westdeutschland zusammenzuwachsen, was anscheinend irgendwie auch zusammengehört. Selbst wenn man nicht die gleiche Sprache spricht und nicht die selbe Auffassung von Pünktlichkeit hat. Autor: Thomas Zapp