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Er ist der falsche Mann zum falschen Zeitpunkt: Mit hauchdünner Mehrheit hat das katalanische Parlament am Montag einen gewissen Quim Torra zum Regierungschef der spanischen Autonomieregion gewählt – einen separatistischen Hardliner, der in der Vergangenheit vor allem durch plump-chauvinistische Bemerkungen über nicht-katalanische Spanier unrühmliche Aufmerksamkeit erregt hatte. Der ehedem für einen Versicherungskonzern arbeitende Mann wirkt ob seines provinziell-nationalistischen Gehabes seltsam vorgestrig, wird aber – verkehrte Welt! – dennoch von angeblichen Linken wie den Parteien CUP und ERC unterstützt. Er will wie sein flüchtiger Vorgänger Carles Puigdemont eine unabhängige Republik Katalonien.

Nach Torras Wahl, die auf ein fünf Monate dauerndes Hin und Her mit mehreren gescheiterten anderen Kandidaten gefolgt war, fiel die erste Reaktion des spanischen Premiers Mariano Rajoy unerwartet zahm aus. Er wolle den Mann nicht nach seinen Worten, sondern nach seinen Taten beurteilen. Doch angesichts seiner intoleranten Art ist davon auszugehen, dass auch Torra spanische Gesetze bricht.

Aber bringt es was, dann auch ihn wie bereits andere separatistische Politiker ins Gefängnis zu schicken? Und was nützen nölende Exilanten, die – wie erst am Mittwoch in Belgien entschieden – eh nicht an Spanien ausgeliefert werden? Schritte des guten Willens von Seiten Madrids – etwa Freilassungen und Dialog – würden dem unheimlichen neuen „President“ vorerst den Wind aus den Segeln nehmen. Der Dampf muss aus dem Kessel. Es muss verhindert werden, dass die Sache eskaliert und womöglich auch auf die Balearen und andere spanische Regionen übergreift.

Beide Seiten müssen ja nicht gleich über Sinn oder Unsinn der Monarchie reden. Es reicht, zu zeigen, dass Spanien Spanien ist und nicht Jugoslawien oder der Kaukasus. Ernsthafte Gespräche wären ein Signal, das der westeuropäischen Zivilisation angesichts weltweit um sich greifender Barbarei alle Ehre machen würde.