TW
0

Es gibt die sprichwörtliche Residenten-Leber. Sie entsteht durch erhöhten Alkoholkonsum über längere Zeit. Nicht selten ist Einsamkeit ein Grund, um zum Glas zu greifen. Denn Mallorca ist auf der einen Seite Sehnsuchtsort: Sonne, Strand, die abgeschiedene Finca auf dem Lande, hier ein leckeres Essen, dort ein teures Gläschen. Doch für junge und ältere Auswanderer kann Mallorca auf der anderen Seite auch Ort der Schwermut werden. Wenn der Winter sich über die Insel legt, kein Besuch auf die einsame Finca kommt. Mangelnde Sprachkenntnisse sowie wenig Kontakt zu Nachbarn und Dorfgemeinschaft tun das Ihre zum Alleinsein dazu. Einsamkeit ist auch eine Frage der Integration.

Die mallorquinische Gesellschaft ist nach wie vor von ihren familiären Strukturen geprägt. Die Großeltern kümmern sich um die Enkel, die Kinder um ihre Eltern. Einsam sind hier die Menschen seltener als in der Heimat. Familienstrukturen sind auch nötig, weil das soziale Netz grobmaschiger als in Deutschland ist.

Die günstigen Plätze in den kommunalen Altersheimen auf Mallorca sind rar, das Angebot der Pflegedienste ist begrenzt. Gerade im Alter gehen das Alleinsein und Pflegebedürftigkeit Hand in Hand. Residenten auf Mallorca werden nun selbst tätig, um dem Gespenst der Einsamkeit zu begegnen. Neue Modelle müssen her. Mallorca-Liebhaber denken über eine Senioren-WG nach. Die Stiftung Herztat hilft über ein Patenprogramm Alleinstehenden.

Solche Angebote sind ein Anfang, allerdings keine Alternative zu einer wohlüberlegten Auswanderung. Mag es zunächst romantisch klingen, den Lebensabend auf der einsamen Finca zu verbringen. Doch ohne Kenntnisse der mallorquinischen oder gar spanischen Sprache kann das Rentenalter schnell einsam werden. Wer Hilfe oder Begleitung benötigt, braucht sich nicht zu scheuen, Nachbarn oder Bekannte danach zu fragen. Denn häufig reagieren die Mallorquiner sehr offen und reichen eine helfende Hand – und sei es auch vielleicht nur, um mal die Einkaufstasche zu tragen.

Autorin: Claudia Schittelkopp