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Es ist Sonntagabend in Son Ferrer, die Katzenfängerin von Calvià ist unterwegs. „Psst”, mahnt sie. Ein rotes Kätzchen sitzt vor einer Falle – einem Käfig bestückt mit Dosensardinen. Der Geruch hat sie angezogen. „Ganz leise sein, damit sie nicht erschreckt und wegrennt”, flüstert Michaela Prollius. Seit Oktober fängt die Deutsche viermal in der Woche in Calvià Straßenkatzen, die dann am Tag darauf kastriert oder sterilisiert werden. Sie macht das im Auftrag des Tierheims SOS Animal, der Gemeinde von Calvià und in Zusammenarbeit mit dem Tierschutzverband Baldea. Über 230 Katzen hat sie schon gefangen.

Michaela Prollius ist Grafik-Designerin und Mutter. „Meine Familie fragt, wann ich mal wieder für sie da bin”, meint sie. Aber die Straßenkatzen seien ihre Herzensaufgabe. „Schauen Sie sich um.” Hier flitzt eine Samtpfote über die Straße, dort zwei. „Man muss helfen, sie vermehren sie sich rasant und es geht ihnen nicht gut.”

Das Kätzchen gibt sich einen Ruck und geht in den Käfig. Zack, die Falle schnellt zu. Sofort eilt Michaela Prollius herbei, wirft ein Handtuch über das Gitter und spricht mit beruhigender Stimme auf das Tier ein. Als sie die Käfige gegen 22 Uhr abbaut, sind noch drei weitere in die Falle gegangen.

Die gefangenen Tiere verbringen die Nacht warm bei SOS Animal. Dort steht diese Woche auch das Sterilisationsmobil von Baldea. Es ist ein ehemaliger Intensivkrankenwagen, der vor fünf Jahren von der Balearen-Regierung abgegeben wurde. „Damit können wir viel mehr Katzen kastrieren als früher”, sagt die Vorsitzende von Baldea, Maxi Lange. „Aber wir machen das nicht auf der ganzen Insel, sondern nur in den Gemeinden, mit denen wir ein Abkommen haben.” Das sind einige: Calvià, Llubí, Esporles, Valldemossa, Sencelles, Bunyola, Santa Maria, Santa Margalida, Banyalbufar, Sineu und Sant Joan. Baldea finanziert dann den Tierarzt und einen technischen Assistenten. Von den Gemeinden kommt ein Budget für die Operationskosten. Allerdings reiche das fast nie für alle Katzen aus, meint Lange. Den Rest zahle Baldea mit Spendengeld.

Das rote Kätzchen wird heute zuerst sterilisiert. „Wir operieren hier besonders sorgfältig, damit die Katzen keine Entzündungen bekommen. Wir sehen sie ja nicht mehr”, sagt die Tierärztin Ana Frau, die viel Erfahrung mit solchen OPs hat. Das Mobil sei genau wie eine Klinik. Es sei alles vorhanden, Inhalationsnarkotika, Autoklav zum Sterilisieren. Jedes Tier bekomme sein eigenes steriles Material. Vorab werde geprüft, ob es einen Chip hat. Es komme fast nie vor, aber dann werde es ohne OP wieder zurückgebracht. „Wir operieren nur Straßenkatzen”, betont Lange. Die kastrierten Samtpfoten bleiben noch mindestens 24 Stunden im warmen Tierheim, bevor sie wieder zu ihrer Kolonie gebracht werden.

In der mobilen Klinik sind letztes Jahr 1091 Katzen kastriert worden, für weitere 100 hat Baldea die Operation in einer Praxis bezahlt. Es sei der richtige Weg, meint Toni Colom von Rathaus von Valldemossa. „Seit wir mit Baldea zusammenarbeiten, gibt es viel weniger Straßenkatzen in Valldemossa und es geht ihnen besser, sie haben weniger Krankheiten. Wir sind sehr zufrieden.” Manche Leute sagten, dass es das Problem nur verschlimmere, Straßenkatzen zu füttern. Das stimme nicht, aber man müsse auch sterilisieren. Er rate allen Inselgemeinden zu dem Programm.

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Die Aufgabe sei nur dank der freiwilligen Helfer zu bewältigen, die sich um die Katzenkolonien kümmern, betont Maxi Lange. „Wir kämpfen dafür, dass sie endlich die Anerkennung bekommen, die sie verdienen.” Viele hätten Arbeit und Familie, aber abends betreuten sie Katzen und bezahlten auch das Futter. Dank des Kastrationsmobils hätten sich in einigen Gemeinden die Helfer zu Vereinen zusammengeschlossen. So könnten sie sich unterstützen und Zuschüsse beantragen. Jetzt sollten alle Ausweise bekommen. „Wenn sie es richtig machen, hygienisch füttern und helfen, die Katzen zu kastrieren, sollen sie sich nicht mehr verstecken müssen.” Und noch etwas sei wichtig: „Wir brauchen genügend Mittel, um flächendeckend Straßenkatzen zu kastrieren, sowohl auf öffentlichem Grund wie auf Privatgrundstücken. Sonst bekommen wir das Problem nie in den Griff.”

Das Kastrationsmobil ist ein wichtiger Teil der Arbeit von Baldea. Außerdem setzt sich der Verein für die Verbesserung der Tierschutzgesetze ein. Der größte Erfolg letztes Jahr sei das neue Bebauungsgesetz gewesen, sagt Maxi Lange. Es sehe vor, dass kleine Tierheime mit weniger Auflagen als früher gebaut werden könnten. „Das war ein langer Kampf, den Baldea im Alleingang geführt hat.” Als Nächstes stehe insbesondere die Neuauflage des balearischen Tierschutzgesetzes von 1992 an.

Großen Wert legt Baldea auf Bildung und Aufklärung. Neben einer Plakataktion auf Palmas Stadtbussen wurden 2017 sieben Workshops in Schulen und ein Kurs für Polizisten gegeben. Schließlich gibt der Verband den Bürgern Rat und Hilfe. Täglich kämen etwa drei Anfragen, sagt Lange. Oft gehe es dabei um Missstände. „In erster Linie beraten wir, aber in besonderen Fällen stellen wir selber Anzeige.” So wurde zum Beispiel im Januar bei den Sant-Antoni-Feierlichkeiten von Pollença auf Druck von Baldea erstmalig kein lebendiger Hahn mehr eingesetzt.

Baldea finanziert seine Arbeit über Sponsoren, die Beiträge der Gemeinden für die Kastrationen und über Spenden. 2018 wolle man die Bildungsarbeit verstärken, neue Abkommen mit Gemeinden schließen und einen Anhänger für das Sterilisationsmobil kaufen, sagt Maxi Lange. Das Wichtigste sei aber die Sicherung des Budgets. „Leider ist gerade ein wichtiger Sponsor weggefallen. Er hat uns monatlich 600 Euro gespendet. Aus finanziellen Gründen kann er das nicht mehr tun.” Dadurch sei die Finanzierung des Kastrationsteams gefährdet.

www.baldea.org

(aus MM 11/2018)