Gülcin und Sven Baeck sind die Inhaber des Ladens „Puzzles” in der Altstadt von Palma. | Ansorge

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Es sind lediglich sechs Holzteile mit der gleichen Form. Sie erinnern ein bisschen an Bauklötze, die zuletzt im Kindergarten hoch im Kurs standen. Der einzige Unterschied ist: Eine Seite an jedem Klötzchen ist in einem spitzen Winkel abgeschrägt. Zudem haben die Ober- und Unterseiten der Klötze unterschiedliche Farben. Eine ist hell und die andere dunkel eingefärbt.Die Aufgabe des Geduldspiels ist es, ein Quadrat zu legen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn folgende Bedingung ist an diese Aufgabe gebunden: Alle Teile des Quadrates müssen dieselbe Farbe haben.

Egal in welcher Kombination die Stücke aneinander kommen, am Ende hat eines von ihnen immer die falsche Farbe. Es ist zum verrückt werden. Inhaberin Gülcin 
Baeck beobachtet das geschehen und grinst: „Ja, das ist eines der schwereren Spiele, die wir haben.” Der zweite Eigentümer des „Puzzles” in Palmas Altstadt, Sven 
Baeck, erkennt ebenfalls den Unmut über die vermeintlich unlösbare Aufgabe und interveniert: „Schau mal, das sind zwei Metallnägel, die sich ineinander verhakt haben. Bekommst du die auseinander?” Im selben Augenblick sind die Bauklötze vergessen und die Nägel bekommen frische, ungeteilte Aufmerksamkeit.

Sven Baeck kann seine Kunden auf diese Art und Weise stundenlang in seinem Laden festsetzen. Er schafft es, den Spieltrieb in ihnen zu wecken. „Wahrscheinlich, weil ich selbst das größte Spielkind der Welt bin.” Aufgewachsen ist er als Nachkomme der Familie Roskothen, die 1897 in Deutschland ihr erstes Spielwarengeschäft eröffnete. „Weit über 100 der 330 Puzzles und Geduldsspiele, die wir hier in unserem Laden haben, hat meine Familie in den letzten 40 Jahren selbst entwickelt und produziert.”

Sven Baeck kam 1996 auf die Insel und verkaufte damals diese Eigenproduktionen in Bars, Restaurants, Diskotheken und Hotels aus dem Rucksack heraus. „Am Anfang habe ich damit am Tag sensationelle 500 Peseten Umsatz gemacht. Das waren umgerechnet so ungefähr drei Euro.”

Heute, mit ihrem Ladengeschäft im Carrer de Sant Nicolau 16 in Palma und ihrem Onlineshop (www.mallorca-puzzles.com) sind die Umsätze sicher nicht mehr dieselben. Das günstigste Geduldsspiel kostet drei Euro. Das teuerste kostet 6000 Euro und ist eine russische Trickkiste, die insgesamt drei Geheimfächer in ihrem Inneren verbirgt.

In den fast 14 Jahren, die der Laden mittlerweile existiert, gab es einige Investoren, die in das Geschäftsmodell von Gülcin und Sven Baeck investieren wollten. Zuletzt ein Deutscher, der 1,5 Millionen Euro in den Rätsel-Laden fließen lassen wollte. Als Gegenleistung wollte er in zehn Jahren 100 Filialen auf der ganzen Welt haben. „Wir haben abgelehnt. Wir wollen schließlich Freude an unserem Geschäft und unseren Kunden haben. Was wir ganz sicher nicht wollen, ist einen stressbedingten Herzinfarkt”, erklärt der Chef und die Chefin ergänzt: „Das klingt vielleicht wie ein Werbeslogan, aber wir haben wirklich die besten Kunden der Welt und es ist der Kontakt zu diesen Menschen, der uns beiden so viel Freude bereitet.”

Hinzu kommt, dass das „Puzzles” vielleicht der einzige Laden seiner Art auf der Welt ist. „Klar gibt es Spielzeuggeschäfte, die Geduldsspiele anbieten. Läden für Zauber-Artikel haben so was auch ganz oft im Angebot. Aber ein Geschäft nur für Geduldsspiele haben wir noch nirgendwo anders entdeckt.”

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Im „Puzzles” treffen sich alle Nationen und Altersklassen, um ihren Spieltrieb auszuleben. Und in den vielen Geschäftsjahren haben die Baecks regelrechte Feldstudien-Theorien zu dem Spielverhalten ihrer Kundschaft aufgestellt.

„Kinder spielen um des Spielens willen, denen geht es in den seltensten Fällen um das Lösen der Aufgabe. Sie entdecken das Rätsel und haben einfach Spaß an der Sache”, erzählt Sven Baeck. „Wir Männer und Familienväter sind da anders. Wir sagen eher so was wie: Gib mir das mal, ich zeig dir, wie das geht. Männer wollen oft die Aufgabe lösen, um mit dem Spielen aufhören zu können. Ich weiß, das klingt paradox.”

Frauen gehen wieder ganz anders mit ihrem Spieltrieb um, erzählt Gülcin Baeck: „Sie sagen oft, ich kann das sowieso nicht und man muss sie zum Ausprobieren animieren. Dann kommt es allerdings nicht selten vor, dass sie die Lösung noch vor ihren Ehemännern herausbekommen haben. Die Gesichter der Herren sind dann oft unbezahlbar.”

Bei ihren jungen Kunden beobachten die beiden noch etwas anderes. „Die Mamas sind immer hin und weg, wenn die Teenies das Handy auf einmal links liegen lassen. Wir hatten schon oft Mütter, die mir gesagt haben, es sei seit Ewigkeiten das erste Mal, dass die Jugendlichen nicht am Glasdisplay hängen.”

Laufkundschaft wird deshalb im „Puzzles” oft zur Stammkundschaft. Urlauber kommen nicht selten direkt mit Gepäck in den Laden. Entweder direkt vom Flughafen, um für ihren zweiwöchigen Mallorca-Urlaub einzukaufen, oder sie halten auf dem Weg zum Flughafen, um noch ein besonderes Mallorca-Mitbringsel zu kaufen.

Im „Puzzles” gibt es einzigartige Mallorca-Rätsel. Einen Rubik’s Cube, auch Zauberwürfel genannt, mit Mallorca-Motiven oder Mallorca-Karten-Puzzlespiele in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, bei denen unter anderem die verschiedenen Ortschaften der Insel an die richtige Stelle gesteckt werden wollen.

„Man sieht deutlich, wie sich die Leute verändern, die ihre Liebe zu den Geduldsspielen entdeckt haben”, sinniert Sven Baeck. „Und das meine ich nicht nur Jahr für Jahr, wenn sie uns in ihrem Sommerurlaub besuchen kommen. Das merken wir auch schon, wenn Leute nur mal eine Stunde bei uns verbringen. Sie sind einfach glücklich, wenn sie eines der Spiele lösen. Wegen dieses Glücksgefühles schaffen es wohl auch die wenigsten in unter einer Stunde aus unserem Laden zu kommen.”