Kleines Bild: Teilnehmer der Führung zur Kriminalitätsgeschichte Palmas. | Groß: Lutz Stallknecht/pixelio.de, Klein: A. Berard

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Wo heutzutage in Palma unweit der Plaça Mayor jeden Tag Urlauber stehenbleiben, um die schönen Fassaden der Altbauten zu fotografieren, in Souvenirläden nach Mitbringseln zu stöbern und sich danach ein Eis auf die Hand zu holen, war einmal der Schauplatz eines schrecklichen Verbrechens. In der Nacht zum 11. März 1896 hat der 22-jährige Pedro Florit y Capó in der Calle Jaime II. seine schwangere, 19 Jahre alte Ehefrau María umgebracht. Als er am späten Abend von der Arbeit nach Hause kam, begegneten ihm im Flur zwei Männer. In der Wohnung fand er seine halbnackte Frau vor, holte einen Mörser aus der Küche und schlug damit so heftig auf ihren Kopf ein, dass sie bewusstlos in ihrer eigenen Blutlache liegenblieb.

Am nächsten Morgen erlag die Frau ihren Verletzungen. Erst bei der Obduktion kam heraus, dass sie im fünften Monat schwanger gewesen war. Pedro, der angab, davon nichts gewusst zu haben, wurde vor Gericht von zahlreichen Zeugen verteidigt – sogar von der Mutter des Opfers. Er wurde einstimmig als guter Ehemann beschrieben, seine Frau hingegen wurde von Nachbarn der Untreue bezichtigt. Viele Palmesaner verfolgten den öffentlichen Prozess, bei dem Pedro freigesprochen wurde.

Die Tour beginnt an der Plaça Cort, dem Rathausplatz. Heute ist er ein hübscher Anziehungspunkt für Urlauber, einst wurden hier Menschen gefoltert und hingerichtet. Im 13. und 14. Jahrhundert war die Plaça Marktplatz, wo Holz, Stroh und Stoffe wie Leinen und Baumwolle gehandelt wurden. Am 13. Mai 1345 wurden zwei Männer verurteilt, weil sie gefälschte Währungen hergestellt hatten. Das Urteil: Sie sollten auf dem Platz öffentlich geschmolzenes Metall trinken und danach lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.

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Aufmerksam lauschen rund 30 Teilnehmer an diesem kalten Samstagmorgen den Worten von Joan Carles Palos. Im Rahmen des Krimifestivals „Febrer Negre” (Anm. d. Red.: „Schwarzer Februar”) hat er einmalig zu einer Stadtführung eingeladen, bei der er von den wahren Morden und Verbrechen erzählt, die sich einst in Palma ereignet haben. Das Publikum besteht gänzlich aus Einheimischen, denn die Führung ist auf Katalanisch. Joan Carles Palos hat als Journalist schon für die meisten Medienhäuser auf Mallorca gearbeitet und mehrere Wander-Führer für Mallorca veröffentlicht.

Mit seiner kräftigen Stimme und seinen lebhaften Gesten erzählt er so spannend von den schaurigen Kriminalfällen, dass es seinen Zuschauern leicht fällt, mit ihm zusammen in die dunkle Seite der Stadtgeschichte einzutauchen. Zum Beispiel in das Jahr 1968, als es Homosexuelle noch viel schwerer hatten als heutzutage. Die Leiche von Josep Ferragut Pou, einem der bekanntesten Architekten Mallorcas der damaligen Zeit, wurde auf einem Feld vor den Toren der Stadt aufgefunden. Sein Gesicht sei „zerschmettert” und „entstellt” gewesen, titelte damals die Lokalpresse.

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