Fran Marcos ist ein Cocktail-Jongleur, wie man ihn sich wünscht. | Ingo Thor

TW
0

Wenn Schaum und Öl leicht zähflüssig auf den Gaumen treffen und die Geschmacksnerven reizen, machen Gin der Marke Suau, Orangenextrakt, Rosmarin und Birnenlikör aus dem Ganzen eine Mallorca-Mélange sondergleichen, die man irgendwie recht schnell in Haupt und Gliedern spürt. Schließt man dann genießend und leicht perplex die Augen, erscheint im Geiste auf einmal die von oben beobachtete gesamte Insel, wie sie breit – von Meerschaum umsäumt – im Mittelmeer liegt.

Es ist Donnerstag, 29. Juni. Fran Marcos, der Barkeeper des unter anderem mit Gläsern in Karnevalsmaskenform auftrumpfenden, hippen Etablissements „Arlequin”, hat sich zuvor ins Zeug gelegt, um dieses Getränk namens „Perfect Pear” auf Basis von Olivenöl zu mixen. Wie ein Derwisch wirbelte der Zampano zum Gaudium der zahlreich erschienenen, durchweg spanischsprachigen Gäste minutenlang hinter dem Tresen umher und schüttelte den glänzenden silbrigen Shaker fast wie von Sinnen. Er goss das weißliche Getränk dann in formschöne Gläser, unter anderem die balearische Interims-Ministerpräsidentin Mae de la Concha schaute ihm mit einem Fächer bewehrt dabei interessiert zu.

Schon nach zwei Gläsern überkommt den MM-Emissär angesichts des Alkoholgehalts das Gefühl, als würde er ein wenig schweben. Bereits leicht entrückt erhebt sich neben dem Lokal die Santa-Eulalia-Kirche. Fast ahnt der Reporter im Retro-Interieur des „Arlequin”, dass bald der unvergessene Hollywood-Schauspieler Humphrey Bogart auftauchen und im weißen Anzug halblaut sagen könnte: „Mach’s noch einmal, Fran!”

Die elegant-authentische Prozedur, die immer Ende Juni veranstaltet wird, ist ein Ritual mit jahrelanger Tradition: Zunächst nur auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin, stellte die hinter dem Olivenöl stehende Organisation „Denominació d’Origen”, die die Herkunftsbezeichnung des Öls überwacht, das Shaker-Hochamt später in schicken „Locations” auf die Beine – bis Corona kam. Doch bereits im Jahr 2021 war es zur Freude der Cocktailnarren erstmals nach der Pandemie wieder soweit: José Luis Alfaro Moreno, Barkeeper-Autodidakt des Restaurants „Vandal” in Palma, schüttelte medienwirksam Wodka, Gin, Zitronensaft, Extrakt aus grünen Äpfeln, Zitronengrassirup, Basilikum und Rosmarin so lange, bis ein hochprozentiger Trank entstand, den er „Tierra” (Erde) nannte. Er dekorierte die gefüllten Gläser damals alles andere als sparsam mit Chilipulver.

Die Öl-Cocktail-Veranstaltungen tragen wie auch etwa die Tapas-Messe „Ta-Palma” zunehmend dazu bei, dass Mallorca als gehobener Ort für Feinschmecker und -trinker empfunden wird. Eine Prise ansatzweise vierschrötiger Authentizität rundet diese von Mitteleuropäern als schön mediterran empfundenen Erlebnisse ab.