Helmut Clemens ist 50 Jahre alt und Vizepräsident der Gastrosektion des Verbandes Pimem, der Restaurants auf Mallorca vertritt. Außerdem ist er Geschäftsführer der Restaurant-Marke Es Rebost. | J. Moreda

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Mallorca Magazin: Herr Clemens, wann waren Sie das letzte Mal in einem Restaurant essen?

Helmut Clemens: Das war Anfang Januar. Also gefühlt ewig her. Seit Dienstag dürfen Restaurants zum Glück teilweise wieder öffnen.

MM: Wie war es für Sie, als zwei ihrer drei mallorquinischen Es- Rebost-Restaurants draußen wieder Gäste empfangen durften?

Clemens: Man nimmt uns Gastronomen etwas weniger von unserer Freiheit. Es werden nur vier Prozent der Restaurant-Kapazitäten auf Mallorca durch die Lockerung freigegeben. Von Mitte März an dürfen wir wohl auch 30 Prozent der Fläche in den Innenräumen nutzen. Ich bin guter Hoffnung, dass es aufwärts geht.

MM: Wenn Sie Ministerpräsident der Balearen wären, was hätten Sie in der Corona-Krise anders gemacht?

Clemens: Ich hätte mit Vertretern von Hotels, Restaurants und Reiseagenturen gesprochen, um gemeinsam Lösungen zu finden – anstatt sie einseitig aufzuoktroyieren. Zweitens hätte ich betroffenen Branchen finanzielle Hilfen zukommen lassen. Drittens hätte ich bei der spanischen Zentralregierung in Madrid Druck gemacht, damit die Leidtragenden während der Krise keine Sozialversicherungsbeiträge und Steuern zahlen müssen – um Arbeitsstellen lang- statt kurzfristig zu sichern. Leider hat die Balearen-Regierung nichts dergleichen getan.

MM: Wie hart hat die Krise Ihre Restaurants getroffen?

Clemens: Seit dem 13. Januar haben wir 100 Prozent Umsatzeinbußen. Vergangenes Jahr waren es 70. Ähnlich ist es bei vielen anderen Betrieben, alle haben Geld verloren. Der Branche geht es schlecht.

MM: Trotzdem planen Sie, weitere Restaurants mit der Marke Es Rebost in den nächsten Monaten zu öffnen.

Clemens: Ja, wir werden wohl überleben, wenn die Restriktionen langsam gelockert werden. Wir wollen die derzeit günstige Situation des Marktes nutzen, um zu expandieren.

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MM: Touristen machen 30 Prozent Ihrer Kunden aus. Sie fordern einen anderen Tourismus. Wie soll der aussehen?

Clemens: Schon lange predigen wir, dass Massentourismus sein Ablaufdatum erreicht hat. Die Pandemie kann und sollte als Sprungbrett genutzt werden, um ein nachhaltigeres Tourismus-Modell einzuführen.

MM: Inwiefern?

Clemens: Tourismus sollte den primären und sekundären Wirtschaftssektor – sprich Landwirtschaft und Gewerbe – einschließen. Das bietet Authentizität. Etwa sollten Hoteliers lokale, qualitativ hochwertige mallorquinische Produkte wie Sobrassada verwenden. Und darauf aufmerksam machen. Stattdessen sind einige Hoteliers stolz darauf, Gäste für drei Euro am Tag abzufertigen.

MM: Was halten Sie von einem in der Europäischen Union gültigen Impfpass, der Reisen erleichtert?

Clemens: Der wird sicherlich in Kürze kommen und in ein paar Jahren wird man diesen für normal halten, genau wie man inzwischen in gewissen Staaten bei der Flughafen-Sicherheitskontrolle die Schuhe ausziehen muss.

MM: Die Bar Cristal in Palma hat wieder geöffnet. Sie haben Ihr Restaurant dort vergangenes Jahr abgegeben. Sind Sie wehmütig?

Clemens: Nein. Wir haben versucht an der Plaça d’ Espanya etwas Gutes zu bieten, aber die Miete von mehr als 15.000 Euro im Monat – in Verbindung mit der Krise – hat dies leider unmöglich gemacht.

MM: Gab es keine Mieterleichterung wie für viele andere Gastronomen?

Clemens: Doch. Dass Vermieter Gastronomen und anderen Unternehmen die Miete während der Krise bis zu 50 Prozent erlassen, ist gesunder Menschenverstand. Und doch nicht selbstverständlich.