Botschafterin Maria Margarete Gosse | Celia de Coca

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Mallorca Magazin:Frau Botschafterin, Ist das Ihr erster Besuch auf Mallorca?
Margarete Gosse:Es ist mein erster Besuch als Botschafterin, aber privat war ich bereits hier. Ich bin mit einem Spanier verheiratet und wir haben Spanien gemeinsam viel bereist.

MM:Wie ist Ihr Eindruck?
Gosse:Palma ist eine wunderschöne Stadt. Ich komme gerne hierher.

MM:Wie steht es grundsätzlich um die deutsch-spanischen Beziehungen?
Gosse:Die deutsch-spanischen Beziehungen sind außerordentlich eng und freundschaftlich. In diesem Jahr fokussiert sich der intensive Austausch vor allem auf die spanische EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023, in deren Vorfeld es einen engen Positionsabgleich gibt. Wichtige Themen werden der Migrationspakt und die Intensivierung der EU-Beziehungen zu Lateinamerika und zur südlichen Nachbarschaft sein. Gegenseitige Besuche der Regierungschefs, von Ministerinnen und Ministern und aus dem parlamentarischen Raum finden regelmäßig statt. Gerade erst war beispielsweise Verteidigungsminister Pistorius in Madrid. Während der spanischen EU-Ratspräsidentschaft erwarten wir zahlreiche hochrangige Besuche aus Deutschland. Aber auch der Austausch außerhalb der Politik ist intensiv und vielschichtig. Im Wirtschafts- und Wissenschaftsbereich, Kultur und Kunst sowie zwischen den beiden Zivilgesellschaften.

MM:Vor welchen Herausforderungen sehen Sie Mallorca konkret?
Gosse:Ich sehe als Herausforderungen die nachhaltige Entwicklung des Tourismus und Wohnungsnot bei hohen Mieten. Viele Deutsche lässt das nicht kalt. Sie engagieren sich für Menschen, die hier unschuldig in Not geraten sind und sogar die Wohnung verloren haben. Sie unterstützen etwa Organisationen wie Hope Mallorca, Caritas oder Hilfe mit Herz. Der Tourismus wiederum ist einerseits die Hauptquelle für Einkommen und Arbeit, auf der anderen Seite belastet er die Ressourcen der Insel. Bei beiden Themen mit einer nachhaltigen Politik eine Balance und Lösungen zu finden, das sehe ich als große Aufgabe der Verantwortlichen auf der Insel. Gerade in einem Wahljahr wie 2023 haben die Bürger und Bürgerinnen durch Abgabe ihrer Stimme die Möglichkeit, die Politik auf kommunaler, regionaler und auch nationaler Ebene mitzugestalten.

MM:Wie bewerten Sie den hohen Anteil von deutschen Residenten auf der Insel, die hier dauerhaft leben und arbeiten?
Gosse:Das macht deutlich, dass es sich um eine sehr lebenswerte Insel handelt, auf der Einheimische und Residenten friedlich neben- und miteinander leben können. Ein schönes Beispiel für ein gemeinsames Europa.

MM:Wie bewerten Sie den hohen Anteil von deutschem Immobilienbesitz auf der Insel grundsätzlich?
Gosse:Deutsche und ihre Familien finden die Insel so schön, dass sie sagen: Hier möchte ich mich wirklich zu Hause fühlen. Wenn sie hier auf der Insel ein Haus kaufen und vielleicht damit einen erheblichen Teil Ihres Vermögens hier anlegen, zeigen sie Wertschätzung und auch Vertrauen in eine gute Zukunft der Insel.

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MM:Wie stehen Sie zur Idee der Balearen-Regierung, Ausländern ohne Residentenstatus des Kaufs von Immobilien auf der Insel zu verbieten?
Gosse:Bei dem Thema spielt für mich eine große Errungenschaft der europäischen Einigung eine Rolle: Durch die Freizügigkeit haben Unionsbürger und -bürgerinnen die Möglichkeit, sich in der Europäischen Union frei zu bewegen. Auf einer Insel, ganz besonders auf einer so attraktiven und beliebten Insel wie Mallorca, ist der Platz endlich. Dennoch muss das Zusammenleben von Residenten und Nichtresidenten funktionieren. Das erfordert die Ausgestaltung von Regelungen, die mit nationalem Recht und europarechtlichen Vorgaben im Einklang stehen und gleichzeitig ein harmonisches Zusammenleben sichern. Hier die Balance zu finden, liegt in der Zuständigkeit der balearischen Regionalregierung.

MM:Was halten Sie vom dauerhaften Kampf der Insel-Behörden gegen Alkoholexzesse und Sauftourismus?
Gosse:Es ist richtig, nach Wegen zu suchen, um die Alkoholexzesse unter Kontrolle zu bringen. Aber es kommen ja nicht nur „Sauftouristen”, wenn Sie es so nennen wollen. Die Mehrheit der Touristen weiß sich angemessen zu verhalten.

MM:Seit Jahren will die Regierung Mallorca zu einer nachhaltigen und ganzjährigen Reisedestination des Qualitätstourismus machen. Befindet sich die Insel damit Ihrer Meinung nach auf dem richtigen Weg?
Gosse:Ich denke, wir sollten alle gemeinsam verantwortungsbewusst handeln, auch damit kommende Generationen diese wunderbare Insel genießen können. Nachhaltiger Tourismus ist ein globaler Trend. In Spaniens Hauptstadt Madrid sitzt die Welt-Tourismus Organisation. Wenn dort die Mitgliedstaaten zusammenkommen, sind sich alle einig: Tourismus muss nachhaltig sein, sonst funktioniert er auch wirtschaftlich nicht.

MM:Welche Hilfe können deutsche Bürger erwarten, die hier „gestrandet” sind, weil sie beispielsweise ihre Arbeit verloren haben?
Gosse:Die Kolleginnen und Kollegen des Konsulats in Palma sowie der Honorarkonsul auf Menorca helfen deutschen Staatsangehörigen. Sie können zum Beispiel nach dem Verlust von Ausweis oder Pass ein Ersatzpapier zur Rückkehr nach Deutschland ausstellen. In finanziellen Notlagen – etwa beim Verlust des Portemonnaies – gibt es die Möglichkeit, dass Angehörige oder Freundinnen und Freunde kurzfristig Geld über entsprechende Anbieter überweisen. Deutsche, die dauerhaft auf Mallorca leben und Sozialleistungen benötigen, können sich als EU-Bürger an die spanischen Behörden wenden.

MM:Was geschieht mit älteren Menschen, die viele Jahre hier gelebt haben, nun aber pflegebedürftig und hilflos sind?
Gosse:Hier kommt es ganz auf den konkreten Einzelfall an. Wichtig ist, mit der Versicherung zu klären, ob auch Pflegeleistungen in Spanien übernommen werden. Ist das nicht der Fall, so kann man sich an die spanischen Sozialbehörden wenden. Informationen finden Sie auf der Webseite der deutschen Auslandsvertretungen in Spanien, www.spanien.diplo . de . Zusätzlich kümmert sich auf Mallorca die deutsche evangelische Gemeinde gemeinsam mit der Herztat-Stiftung im Rahmen ihrer Möglichkeiten um hilfsbedürftige alte Menschen.

MM:Inwieweit beeinflussen weltpolitische Ereignisse wie der Ukraine-Krieg ihre Arbeit in Madrid?
Gosse:Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als Zeitenwende. Die Welt ist seit dem 24. Februar 2022 eine andere und darauf müssen wir uns einstellen. Der russische Angriffskrieg und die Frage, wie dieser Krieg beendet werden kann, ist natürlich auch in Madrid allgegenwärtig und regelmäßig Thema in Gesprächen. Auch wenn die geografische Distanz zur Ukraine in Madrid größer ist als in Berlin, ist völlig klar, dass der russische Angriffskrieg in einer global vernetzten Welt auch deutlich spürbare Auswirkungen in Spanien hat. Spanien leistet einen erheblichen und unverzichtbaren Beitrag zur Unterstützung der Ukraine, militärisch, humanitär, wirtschaftlich, finanziell und bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Gemeinsam ist es uns wichtig, dem Völkerrecht und der multilateralen Ordnung Geltung zu verschaffen und Lösungen für ein baldiges Ende des Krieges zu finden.

Die Fragen stellte Patrick Czelinski