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Es ist vor allen Dingen das erste Aufeinandertreffen von Neoprenanzug und Mittelmeer, das sie Überwindung kostet. Das synthetische Kautschuk lässt das 14 Grad kalte Salzwasser nur kurz an die Haut von Surflehrerin Ariadna Climent-Fernández, bevor es sich durch die Körpertemperatur der Mallorquinerin aus Sa Ràpita erwärmt und eine Schutzschicht zwischen ihr und dem winterlichen Meer vor Mallorca bildet. Jetzt sitzt die 22-Jährige an ihrem Lieblingssurfspot „S’Estalella” ebenfalls bei Sa Ràpita auf ihrem Surfbrett, treibt im Wasser und beobachtet die Wellen.

„Ich habe erst vor ein paar Jahren auf der indonesischen Insel Bali mit dem Surfen angefangen”, erklärt die junge Frau in sehr gutem Deutsch, das sie während des Studiums in Bremen gelernt hat und ergänzt, „obwohl ich hier auf Mallorca aufgewachsen bin, dachte ich immer, Surfen, also Wellenreiten, sei kein Ding hier auf der Insel.” Jetzt, wo sie selbst surft und bei der Surfschule „BonaOna” in Can Pastilla arbeitet, hat sie ihre Meinung korrigiert. „Mallorca hat mehr als 20 Surf-Spots, die rund um die Insel verteilt sind. Der bekannteste ist wohl bei Son Serra de Marina.” An einem sonnigen Sonntag im Sommer könne man da schon mal gut und gerne mit 50 anderen Surfern auf die perfekte Welle warten. Das Miteinander sei dabei dann nicht immer ganz einfach, erklärt Fernández.

„Man merkt schon hin und wieder, den Konkurrenzkampf um die beste Welle und den besten Platz im Wasser. Ich habe festgestellt, dass es hilft, wenn ein bis zwei Frauen unter den Surfern sind, dann benehmen sich die Männer meistens ein bisschen besser.” Zu 80 bis 90 Prozent sei der Surfsport auch auf Mallorca nach wie vor eine Männerdomäne. Außerdem sei die Insel ein Ort für hartgesottene Sportler „Wenn ich im Winter morgens um sieben bei drei Grad Lufttemperatur an eine Bucht komme, wo ich gute Wellen vermute, sitzen dann trotzdem meistens schon 20 Leute auf ihren Brettern im Wasser.” Mallorca als Surfer-Destination werde international noch allzu oft unterschätzt. „Natürlich gibt es hier nicht wie beispielsweise auf Bali wirklich konstant gute Wellen. Aber wer die richtigen Stellen kennt, der kann hier genauso viel Spaß haben.”

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Gute Wellen, erklärt die Surflehrerin, entstehen bei ablandigem Wind, also wenn der Wind vom Land auf das Meer bläst. Die höchste, die Ariadna Climent-Fernández auf Mallorca bisher geritten ist, sei so um die zwei Meter gewesen. Diese Wellen hatten allerdings nichts mit starkem Wind zu tun. „Es ist wichtig zu wissen, dass die besten Wellen nicht durch Luftströmungen entstehen. Sie werden durch Unwetter oder Ähnliches irgendwo anders im Mittelmeer aufgebaut und reisen dann bis zu uns. Man sagt: Je länger die Welle gereist ist, desto besser ist sie. Das sind die, nach denen wir hier ständig suchen.” Oft seien es auch die Webcams, die auf der Insel verteilt sind, die dabei helfen, die „Wellensituation” in anderen Surfspots richtig einzuschätzen. Der Norden gelte dabei als am verlässlichsten, allerdings könne es entlang Mallorcas Küsten überall gute Bedingungen geben. „Deswegen sagt man in der Szene auch: Wer hier surft, gehört wirklich zu den Wellen-verrückten Menschen. Hier fährt jeder ständig hin und her, um die guten zu erwischen.”

Wer das Surfen lernen möchte, dem empfiehlt die Surflehrerin dringend einen Anfänger-Kurs zu machen. „Mit einem Profi an deiner Seite siehst du einfach schneller Erfolge, als wenn du es alleine versucht.” Des Weiteren sei es wichtig, sich mindestens eine Woche Zeit zu nehmen, in der man nichts anderes tue, als Brett, Wellen und Technik kennenzulernen. „Mal hier, mal da, das bringt gar nichts. Kontinuität und Motivation sind der Schlüssel zum Erfolg in diesem Sport.”

Wer sich von der jungen Mallorquinerin an die Faszination des Wellenreitens heranführen lassen möchte, der bezahlt zwischen 40 und 60 Euro für zwei Stunden Gruppenunterricht. Die Teilnehmerzahl ist dabei auf fünf bis sechs Personen begrenzt. Wer für zwei Stunden die ungeteilte Aufmerksamkeit von Fernández haben möchte, den kostet das zirka 120 Euro. „Es macht mir Riesenspaß, den Leuten meine Leidenschaft für den Sport nahezubringen.”

Kaum hat sie den Satz zu Ende gesprochen, fokussiert sich ihr Blick auf die offene See. „Die gehört mir”, sagt sie, legt sich flach auf das Brett und beginnt mit den Armen in Richtung Ufer zu paddeln. Als sich die Welle unter ihr aufbäumt, ist sie genauso schnell wie das Wasser unter ihr. Mit einem Satz springt sie auf die Beine und genießt für einige Sekunden des Gleitens, die Erregung und die Freiheit, bis die Welle bricht und alles wieder von vorne beginnt.