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Viele Gewürze wurden im Mittelalter mit Gold aufgewogen. Die einzige Substanz, bei der das heute noch annähernd gilt, ist der Safran. Das potente Würz- und Färbemittel, ohne das eine tiefgelbe spanische Paella undenkbar wäre, wird per Hand aus den Stempelfäden von Krokusblüten gewonnen. Nicht etwa nur in Ländern aus Tausendundeiner Nacht - die wichtigsten Herkunftsgebiete liegen tatsächlich in Afghanistan, im Iran und in Kaschmir - sondern auch im Raum Inca in Mallorcas Inselmitte, wo der Safrananbau ab dem 16. Jahrhundert große wirtschaftliche Bedeutung hatte und bis vor einigen Jahrzehnten nichts Ungewöhnliches war.

Heute wird die Tradition nur noch von wenigen Familien gepflegt, etwa bei Joana Perelló und ihrem Ehemann Joan Navarro auf der Finca Can Lluent. Wenn ab Mitte November für eine kurze Zeit von ungefähr 14 Tagen die sogenannten Safranrosen blühen, schlägt die Stunde der Ernte. Einbringen kann man die Blüten der Pflanzenart "crocus sativus" nur an kühlen sonnigen Tagen, wenn die ersten Sonnenstrahlen den Morgentau getrocknet haben.

Zusätzlich erschwert wird der Anbau dadurch, dass es sich um eine genetische Mutation handelt, die sich nicht durch Bestäubung fortpflanzen kann, sondern nur durch Knollenteilung. Einzige Möglichkeit für die Zucht ist deswegen das Einsammeln der größten Wurzeln aus dem Vorjahr, das normalerweise im Juni erfolgt. Nach dem Zerteilen und Wiedereinsetzen der Knollen kann über den Sommer eine neue Generation von Safranrosen heranreifen.

Noch mühseliger ist allerdings die Aufbereitung. Aus jeder Blüte muss von Hand der nur einige Milligramm wiegende rote Stempel herausgeschnitten werden, ohne dabei aber zu ziehen und so den ganzen Stil zu erwischen.

"Das ist eine Arbeit, die wir nur zusammen mit Familie und Freunden schaffen", sagt Joana Perelló. An langen trüben Novemberabenden war das früher ein Zeitvertreib, bei dem die Helfer zum Lohn auch einen Teil der Ausbeute mit nach Hause nehmen durften. Natürlich nur im Grammbereich, denn für ein Kilo Safran werden etwa 200.000 Blüten benötigt.

Doch damit nicht genug: Die Blütenstempel müssen nun im Ofen getrocknet werden oder aber in einem Tongefäß mit Öl und etwas Wein auf offenem Feuer geröstet werden, ohne dabei anzubrennen. Auf einem Bett aus Feigenblättern kann anschließend das überschüssige Öl abtropfen. Nun kann man die trockenen Blütenstempel in kleine Glasgefäße geben und konsumieren - auf Mallorca nicht unbedingt in einer Paella, deren Tradition ja aus Valencia stammt, sondern in deftigen Eintopfgerichten. Der Safran ist es, der ihnen das gewisse Etwas gibt.

(aus MM 46/2014)