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Gut 30 Interviews haben Joan Perelló und sein Geschäftspartner Bernat Isern hinter sich. Meist waren es internationale Fachpublikationen für Medizin, aber auch einige Spezialmagazine für Finanzinvestitionen aus USA und Europa befanden sich darunter. Kein Wunder, was der kleinen Firma - acht Mitarbeiter - aus Palmas Gewerbegebiet Parc Bit gelungen ist, hat es in Spanien in dieser Form bisher nicht gegeben.

Zur Verdeutlichung ist allein mit diesen Zahlen schon vieles gesagt: Als die Medizinfirma Sanifit 2004 ihre Existenz begann, verfügte sie über ein Gesellschaftskapital von 3000 Euro. Jetzt haben Investitionsfonds, die auf biomedizinische Produkte spezialisiert sind, das Kapital des Unternehmens auf 36,6 Millionen Euro aufgestockt.

Nie zuvor hat es in Spanien einen solchen finanziellen Input in eine pharmazeutische Firma gegeben. Und europaweit landet die "Laboratoris Sanifit S.L." in der Geschichte des Investments auf Platz zehn.

"Wir sind mehr als zufrieden, die Investoren von unserer Firma und unserem Vorhaben überzeugt haben zu können", sagt Joan Perelló. Man habe sich ganz bewusst einzig an Investoren gerichtet, die auf biomedizinischem Gebiet tätig seien. "Denn die allermeisten Gespräche drehen sich um die wissenschaftlichen, medizinischen und pharmazeutischen Aspekte unseres Produkts. Erst dann wird auch der notwendige Investmentbedarf eruiert." So habe sich zuletzt unter Führung von Ysios Capital eine Investoren-Gruppe zusammenstellen lassen, zu der namhafte Risikokapitalgeber für die Wissenschaftsbranche zählen wie die dänischen Lundbeckfond Ventures, Forbion Capital Partners, Gilde Healthcare, Edmond de Rothschild Investment Partners und Baxter Ventures, aber auch die traditionelle spanische Bank La Caixa ist dabei. Sie begleitete das mallorquinische Unternehmen von Anfang an in seinem Wachstum.

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Was macht Sanifit so besonders? Hintergrund ist das Molekül SNF472, das in der Natur vor allem im Reis vorkommt. Joan Perellós Doktorvater, Professor Felix Grases, hatte schon Mitte der 1980er Jahre in der chemischen Verbindung eine gesundheitsfördernde Wirkung vermutet und nach und nach erforscht. Später gelang es seinem Team, den Stoff in flüssiger Form herzustellen, so dass er intravenös verabreicht werden kann. SNF472 verhindert das Verkalken von Blutgefäßen und kann deshalb in naher Zukunft bei speziellen Nierenerkrankungen eingesetzt werden. Noch ist es aber nicht soweit. Es fehlen nach wie vor abschließende klinische Studien für die Zulassung des geplanten Medikaments. Dass die Aussichten aber vielverspechend sind, mit SNF472 ans Ziel zu kommen, lässt sich an dem hohen Interesse der Investoren ablesen. Ziel von Sanifit ist es, das Arzneimittel bis 2019 im Gesundheitsmarkt platziert zu haben.

Als der Mallorquiner Joan Perelló, Jahrgang 1979, sein Chemiestudium begann, hätte er sich nicht träumen lassen, dass er statt im Labor vor allem an der Spitze eines Unternehmens stehen würde. "80 Prozent meiner Tätigkeit bei Sanifit bestehen darin, Investoren zu finden", sagt der promovierte Chemiker, der als Professor an der Balearen-Universität (UIB) Studierende in die Lehren der Wissenschaft einführt.

Die pharmazeutische Firma selbst entstand als sogenannter "Spin-off", also als Gemeinschaftsunternehmen zwischen der Hochschule und dem Existenzgründerzentrum im Parc Bit. Schon damals hatten Perelló und Isern als 25 und 24 Jahre alte Chemiker eine Ausschreibung gewonnen, bei der es darum ging, ein an der UIB entwickeltes Verfahren patentieren zu lassen und es in der realen Wirtschaft für die Verbraucher zu erschließen. Damals wurde ein ebenfalls aus dem Reismolekül gewonnener Stoff angeboten, um die kalkhafte Bildung von Zahnstein zu verhindern. Das Produkt wurde als Zusatzstoff entwickelt, um von Kosmetikfirmen in Zahnpasta integriert zu werden. Auch hier dauerte der Weg von der Idee bis zur Genehmigung durch die Gesundheitsbehörden Jahre. Zuletzt hat einer der großen Marktführer das Recht der Verarbeitung von Sanifit erworben, sagt Perelló, ohne weitere Details zu nennen. Noch sei der Zusatzstoff in keiner Zahnpasta erhalten. Wann der Kosmetikhersteller das Verfahren anwenden wird, ist nicht bekannt. "Wir liefern die Idee, das Verfahren. Wann die Firma es anwendet, ist jedoch nicht unsere Entscheidung."

Doch der Weißmacher für die Zähne ist für Sanifit von untergeordneter Bedeutung. Der Firma, die sich als medizinisches Unternehmen versteht, geht es vor allem darum, Arzneimittel auf den Weg zu bringen, die letztlich Menschenleben retten können. Die Zeichen stehen gut, meint Perelló. Schon vor der jetzigen Aufstockung des Gesellschaftskapitals hatte Sanifit von Investoren zehn Millionen Euro erhalten, mit denen die ersten klinischen Tests an Krankenhäusern in Manchester und Barcelona erfolgreich abgeschlossen worden waren.

(aus MM 40/2015)