Die historische Aufnahme zeigt ein Wasserflugzeug der Aufklärungsstaffel See (AS/88) der Legion Condor in Port de Pollença, mit Totenkopf-Bemalung am Rumpf. Die Einheit war mit bis zu 16 Kampfflugzeugen und rund 110 Angehörigen von 1937 bis 1939 auf Mallorca stationiert. Fotos entnommen dem Buch „Legion Condor – Berichte, Dokumente, Fotos, Fakten” (Band 5), von Walter Waiss.

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Es sind nur wenige Absätze eines Berichts, die von dem Legion-Condor-Forscher Walter Waiss in den Beständen eines russischen Archivs entdeckt und in seinem Buch veröffentlicht wurden (siehe Info am Textende). Aber der Text gibt Auskunft darüber, wie es einem deutschen Piloten erging, der während des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) bei der Legion Condor im Einsatz war. Zeugnisse dieser Art mit konkretem zu Mallorca-Bezug waren bisher nicht bekannt.

Die militärische Unterstützung, die Hitler dem spanischen Diktator Franco mit der Legion Condor zukommen ließ, war von Juni 1937 an auch auf Mallorca zu finden. Die Truppen waren in Port de Pollença stationiert. Von hier aus starteten die deutschen Wasserflugzeuge und bombardierten die spanische Ostküste. Oberfeldwebel A. Tonello erstattete 1938 den ihn vernehmenden deutschen Militärbehörden folgenden Bericht (alle Originalzitate sind gefettet):

Am 15.3.1938 starteten wir mit dem Auftrag, die Bahnlinie bei Tortosa mit Bomben zu belegen. Nach Erledigung dieses Auftrages beschossen wir im Tiefangriff zwei Eisenbahnzüge, die gerade die Strecke passierten. Nach einigen Anflügen bekamen wir MG-und Gewehrfeuer vom Zuge aus.

Tonellos Flugzeug wird getroffen, der Backbordmotor fällt aus. Er gibt Vollgas, versucht das offene Meer zu erreichen, um wieder zum Stützpunkt nach Mallorca zurückzugelangen, doch muss er die Maschine zwei Kilometer vom Meer entfernt „in einer Apfelsinenplantage notlanden”. Die fünf Besatzungsmitglieder bleiben in der Bruchlandung unverletzt, flüchten dann zu Fuß Richtung Meer.

Als wir die Küste erreichten, sahen wir ein Segelboot, welches wir zur Flucht nach Mallorca benutzen wollten. Kurz darauf fiel ein Schuss und wir sahen uns plötzlich von mehreren Bewaffneten umzingelt. Die Zahl der Gegner betrug etwa 15 Mann, die mit Gewehren und Pistolen bewaffnet waren. Da nur das 5. Besatzungsmitglied (Portugiese) mit einer Pistole bewaffnet war, konnten wir an eine Gegenwehr nicht denken.

Tonello, sein Kommandant Rücker und die anderen Kameraden werden gefangen genommen und mit einem Lastwagen erst nach Castellón, dann nach Valencia gebracht. Dort finden erste Verhöre statt. In derselben Nacht wird das Quintett mit dem Auto ins Hinterland nach Lérida befördert.

Dort wurden wir ausgezogen bis aufs Hemd, Hose und Schuhe und in Einzelzellen gesperrt. Nachdem wir 5 Tage nichts gegessen und nichts getrunken hatten, führte man uns zu einem neuen Verhör. Dieses wurde durchgeführt von einem spanischen Kommandanten und einem russischen Dolmetscher (Deutsch-Russe). Man sagte mir sofort: „Es hat keinen Sinn, dass Du uns belügst, denn wir wissen, dass die ganze Legion Condor aus deutschen Soldaten besteht.” Dann stellte man mir eine Tasse Kaffee, Bohnensuppe und Brot auf den Tisch und sagte: „Wenn Du jetzt die Wahrheit sagst, darfst Du essen und trinken, anderenfalls wirst Du nackt ausgezogen und wieder in die Zelle eingesperrt, bis Du verhungert bist.”

Tonello ist bereit auszusagen. Er berichtet über seinen Werdegang bei der Luftwaffe und dass er seit fünf Monaten auf Mallorca im Dienst ist. Die Anzahl der dort vorhandenen deutschen Wasserflugzeuge gibt er mit sechs, die Zahl der Mannschaft mit insgesamt 30 an. Einige Zeit später wird Tonello mit anderen Mitgefangenen nach Barcelona gebracht:

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Die ersten zwei Monate meiner Gefangenschaft war ich immer eingesperrt, später bekamen wir täglich ein bis zwei Stunden Aufenthalt im Gefängnisgraben. Das Essen war zur Erhaltung des Lebens gerade ausreichend. Satt sind wir nie geworden, man hatte immer Hunger. Während der ersten Zeit schliefen wir zu acht Mann auf zwei Matratzen. Was wir später noch an Decken und Matratzen bekamen, ist uns von Wohlgesinnten heimlich zugesteckt worden.

Diese Treibstofflager auf dem spanischen Festland bei Cádiz wurde von der Legion Condor in Brand gebombt. Fotohinweis siehe Info am Textexte.

Die Behandlung durch die republikanischen Offiziere und Soldaten sei den Umständen entsprechend zu ertragen gewesen, teilte Tonello mit. Er persönlich sei zu keiner Zeit tätlich angegriffen worden. Allerdings wurde den Gefangenen mit dem Tod gedroht, sollte Barcelona vom Feind eingenommen werden. Die Wachmannschaften ließen die Gefangenen wissen:

„Unsere letzte Arbeit wird sein, alle Deutschen mit dem MG zu erschießen.”

Am 8. Juli 1938 wurden die Namen von Tonello und dreier weiterer Gefangener aufgerufen. Man sonderte die Männer ab und sperrte sie in eine Zelle.

Dann kam der Friseur, rasierte uns und schnitt uns die Haare ab. Es war die Zelle der zum Tode Verurteilten. Deshalb glaubten wir, dass wir erschossen würden. Man deutete uns durch Gesten und Mienenspiel an, dass irgendetwas gegen uns im Gange sei. Da auch während des Rasierens von einem der Sim (der Politkommissare unter den Bewachern, Anm. der Red.) zum Friseur gesagt wurde: „Schneid diesem Hurensohn doch gleich den Hals ab”, meinten wir, kurz vor der Hinrichtung zu stehen.

Offenkundig rechnete Tonello mit dem Schlimmsten. Doch so weit kam es nicht. Der spärliche Bericht hält fest:

Am nächsten Morgen gegen 7 Uhr wurden wir aus der Zelle geholt und bekamen eine blaue Leinenhose und ein blaues Hemd. Jetzt erst sagte man uns, dass wir ausgetauscht werden sollten. Wir wurden von einem Herrn vom Roten Kreuz über die [französische] Grenze gebracht und später in Straßburg über die deutsche Grenze.

Für den Oberfeldwebel war damit der Spanische Bürgerkrieg vorbei, nicht aber für Millionen weiterer Spanier. Was aus Tonello wurde, hat sich nicht weiter eruieren lassen. Fakt ist jedoch, dass sein knapper Bericht, der nach seiner Rückkehr zeitnah von deutschen Militärbehörden angefertigt wurde, das bislang einzige bekannte Textdokument ist, das über die Beteiligung eines deutschen Legion-Condor-Angehörigen am Bürgerkrieg mit Basis Pollença konkret Zeugnis ablegt – dank deutscher Beuteakten in einem russischen Militärarchiv.

INFO ZUM BUCH

"Legion Condor – Berichte, Dokumente, Fotos, Fakten (Band 5)" heißt das 2022 von Walter Waiss im Selbstverlag herausgegebene Werk (ISBN: 978-3-9821313-1-3). Es enthält auf 380 Seiten 270 Fotos und 41 Farbabbildungen. Der Preis beträgt 49,50 Euro plus 8 Euro Porto in Deutschland. Das Auslandsporto nach Spanien beträgt 17 Euro. Kontakt zum Autoren: walterwaiss@t-online.de