Monport heute: Die einst als Luxusimmobilien konzipierten Apartmentblöcke stehen noch immer dort, wo sie eigentlich niemals hätten gebaut werden dürfen. Nur Bewohner gibt es nicht – außer Tauben, die schreckhaft davonflattern, wenn man ihnen zu nahe kommt. | jm

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Angesichts Dutzender Villen, Chalets und Apartmentblöcke, die ringsherum in die Höhe ragen und die Berghänge der Cala Lamp im Laufe der zurückliegenden Jahre zu einer der am dichtesten bebauten Zonen weit und breit gemacht haben, erschließt sich nicht auf den ersten Blick, warum die beiden dreistöckigen Mehrfamilienhäuser mit Pool im Carrer Tonyina eigentlich ein Problem darstellen sollen: Ohne sie würde sich das Erscheinungsbild der Bucht, die zur Gemeinde Andratx gehört, in keiner Weise ändern. Und dennoch: Weil die einst vom Rathaus vergebene Baulizenz später für null und nichtig erklärt wurde, müssen die beiden Gebäude abgerissen werden. So wollen es die Richter, die den Fall untersucht haben.

Dieser gehört zu den Spätfolgen eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte des Küstenortes, der sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer der gefragtesten Ecken der Insel entwickelt hat – vor allem bei wohlhabenden Deutschen. Lange Zeit nahm man es im Rathaus bei der Vergabe von Baugenehmigungen nicht allzu genau mit Recht und Gesetz. Im Herbst 2006 machten dann die Antikorruptionsermittler dem Treiben ein Ende (siehe Seite 15) . Aufgearbeitet aber ist diese Vergangenheit bis heute noch nicht vollständig.

Das wohl eindrücklichste Beispiel dafür befindet sich auf der anderen Seite der Bucht, in der der Hafen der Gemeinde liegt. Dort, in Monport, war einst eine Luxussiedlung mit Dutzenden Apartments verteilt auf mehrere Wohnblöcke geplant. Diese stehen nun seit mehr als einem Jahrzehnt halbfertig in der Landschaft. Die Wände sind übersät mit Graffiti, die Natur ist längst dabei sich zurückzuholen, was man ihr einst zu nehmen versuchte. Das Grundstück steht unter Naturschutz und hätte nie bebaut werden dürfen.

Mit den Folgen des einstigen laissez faire ärgert sich nun Antoni Mir herum, der aktuelle Bürgermeister von Andratx. Im Fall von Monport muss die Gemeinde Entschädigungen in Höhe von 15 Millionen Euro an die Besitzer der Apartments zahlen. Dazu kommen die Kosten für den Abriss der Gebäude und die Renaturierung des Grundstücks. Die Arbeiten sollen nun demnächst für 3,5 Millionen Euro ausgeschrieben werden. „Mit dem Geld hätte man vieles machen können”, bedauert Mir. Während es jedoch in der Vergangenheit immer wieder einmal hieß, die horrenden Zahlungen könnten die Gemeinde in den Ruin treiben, sieht er die Lage entspannter. „Wir wussten ja, was auf uns zukommt.” Daher habe man beizeiten Rücklagen gebildet.

Dass wegen der beiden Apartmentblöcke in der Cala Llamp weitere Millionenzahlungen auf das Rathaus zukommen, glaubt er derweil nicht – so zumindest seine Lesart der bisher ergangenen Gerichtsentscheidungen. Die Gegenseite sieht das naturgemäß etwas anders. Zuletzt sei ein Gerichtsbeschluss ergangen, der den Abriss der beiden Gebäude aufgeschoben habe, bis die Gemeinde sich verpflichte, für etwaige Entschädigungszahlungen aufzukommen, sagt Miguel Sastre, einst Architekt der beiden Wohnhäuser und heute Besitzer eines der zwölf Apartments darin. Er beteuert, seinerzeit – das heißt im Jahr 2005 – hätten sämtliche Genehmigungen der Gemeinde vorgelegen. „Die Gemeinde ist verantwortlich”, sagt er. „Wenn abgerissen wird, muss auch entschädigt werden.”

Das Hin und Her um diese bei-den Apartmenthäuser in der Cala Llamp
zieht sich nun schon seit Jahren. Und ein Ende ist nicht in Sicht.
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Das sieht Olaf Naether ganz genauso. Der Gynäkologe aus Hamburg zahlte einst 590.000 Euro für seine Penthouse-Wohnung in einem der beiden Häuser. „Die Entschädigung müsste gewiss bei einem Vielfachen der Kaufsumme liegen”, sagt er. Der Wertzuwachs von Immobilien in der Gegend sei schließlich enorm gewesen in den vergangenen Jahren. Naether und Sastre haben allerdings die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass der Abriss doch noch abgewendet werden kann. Naether verweist darauf, dass er schließlich seit Jahren Grundsteuer und Müllgebühren an die Gemeinde zahle. Und Architekt Sastre gibt zu bedenken, dass das Grundstück, auf dem die beiden Wohnhäuser stehen, nach dem heute gültigen Flächennutzungsplan wieder bebaut werden könnte. Und zwar mit zwei Einfamilienhäusern mit je einem Pool. „Das macht doch keinen Sinn: Erst abreißen und dann wieder aufbauen”, sagt er.

Das erinnert an einen weiteren Fall, diesmal mitten im eigentlichen Dorf Andratx. Ein Gericht hatte vor einigen Jahren den Abriss eines Wohnhauses dort verfügt, da sich die Baugenehmigung als illegal erwiesen hatte. Hier hätte das Gebäude nach dem Abriss sogar identisch wieder aufgebaut werden dürfen, da der Flächennutzungsplan mittlerweile geändert worden war. Laut Bürgermeister Mir scheint es so, als könne in diesem Fall nun tatsächlich eine einvernehmliche Lösung mit dem Kläger gefunden werden, der den Fall wohl nicht weiterverfolgen wolle. Dass dies bei den Apartmenblöcken in Cala Llamp auch eine Lösung sein könnte, scheint allerdings unwahrscheinlich. Hier hatte einst der Umweltschutzverein GOB (Grup Balear d’Ornitologia i Defensa de la Naturalesa) geklagt. Und der ist dafür bekannt, eher unerbittlich bei seiner Linie zu bleiben.

Und so dürften die Verantwortlichen im Rathaus von Andratx auch weiterhin mit den Altlasten aus der dunklen Vergangenheit zu tun haben. Ein weiteres, besonders groteskes Beispiel dafür gibt es übrigens ein paar Kurven hinter der Cala Llamp in Richtung Camp de Mar zu bestaunen. Dort sollte einst in der Cala Blanca eine Siedlung mit Dutzenden Häusern entstehen. Es wurden auch bereits eine Straße hinunter in die Bucht asphaltiert, Stromkästen installiert und Laternen aufgestellt. Im Winter 2007 beschloss die Balearen-Regierung dann einen Baustopp. Heute steht die Cala Blanca unter Naturschutz und ist die einzige Bucht zwischen Camp de Mar und Port d’Andratx, die nicht ringsherum zugebaut ist.

Ob die Überreste des einstigen Bauprojekts jemals entfernt werden ist unklar. Bürgermeister Mir betont jedenfalls, dass kürzlich in einer Gemeinderatssitzung darüber gesprochen worden sei. „Das ist derzeit allerdings tatsächlich eine eher zweitrangiges Problem”, sagt er.

(aus MM 6/2022)