Einen Brotlaib aus Johannisbrotmehl samt geräucherter Butter – das deckt Chefkoch Santi Taura vom Restaurant Dins in Palma schon mal seinen Gästen auf. | lk

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Johannisbrot ist nicht nur ein urmallorquinisches Produkt. Die Bäume, wissenschaftlicher Name Ceratonia siliqua, mit den gebogenen Schoten gedeihen im gesamten Mittelmeerraum. Und die Samen der Hülsenfrüchte hatten einst eine besondere Bedeutung. Der Überlieferung nach sind sie der Ursprung der Gewichtseinheit Karat. Denn die Kerne sollen stets das gleiche Gewicht auf die Waage gebracht haben: rund 190 Milligramm. Zum Vergleich: Ein Karat wiegt 200 Milligramm. Ob die Geschichte stimmt, sei dahingestellt. Zumindest heutige Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kerne durchaus unterschiedlich viel wiegen …

Doch die schokobraunen Früchte des Johannisbrotbaumes haben ja noch andere Stärken. Sie sind nämlich durchaus nahrhaft. Enthalten sie doch wertvolle Vitamine wie C und D, B-Vitamine sowie Mineralstoffe wie Kalzium, Kalium, Phosphor und Magnesium. Dazu warten die Hülsenfrüchte mit Antioxidantien auf, schützen vor freien Radikalen. Das Johannisbrot hat auf diese Weise in kargen Zeiten, in denen andere Nahrungsmittel aus unterschiedlichen Gründen knapp waren, Mensch und Tier geholfen, zu überleben.

Mehr als 30 verschiedene Johannisbrotbaumarten gibt es allein auf Mallorca. Sie heißen Bugadera oder Duraió. Johannisbrotbäume sind genügsame Gesellen, kommen mit sehr wenig Wasser aus, stellen keine großen Anforderungen an die Böden und sind darüber hinaus widerstandsfähig gegen Krankheiten. Deshalb eignen sie sich auch gut für den Ökoanbau. Denn synthetische Schädlingsbekämpfungsmittel kommen bei der Kultivierung von Johannisbrotbäumen so gut wie nicht zum Einsatz.

Doch nicht immer hat Johannisbrot auf Mallorca große Anerkennung gefunden. Lange Zeit war es mit seinem intensiven Geruch geradezu verpönt und wurde fast nur als Futtermittel eingesetzt. Doch gerade jetzt erlebt das Johannisbrot eine Renaissance. Denn die Früchte des „Garrover”, so der mallorquinische Name des Baumes (spanisch: algarroba) halten als authentisches Inselprodukt immer häufiger Einzug in hiesige Küchen.

Es ist ja durchaus auch ein Vielseitigkeitstalent. Es eignet sich zum Beispiel für Suppen, Saucen, Marmeladen, Eis oder Kuchen. Auch als natürlicher Stabilisator hat Johannisbrotkernmehl seinen Auftritt. Etwa in Öko-Brausen, die auf rein natürliche Zusatzstoffe setzen. Da es kein Gluten enthält, punktet Johannisbrot zudem bei der Produktion glutenfreier Nahrungsmittel. Dazu wird es als Saft und Sirup genutzt. Sowie als Aromastoff in Branntweinen oder auch Likören, wie etwa in Mallorcas berühmten Palo. Und wer mag, kann die reifen Schoten auch roh essen. Sie erinnern vom Geschmack her an eine süß-herbe Mischung aus Karamell, Marzipan, Kaffee und Tabak.

„Johannisbrot ist ein Süßungs-, Verdickungs- und Bindemittel”, sagt Gerhard Schwaiger, Mallorcas einstiger Zwei-Sterne-Koch. Johannisbrotschoten enthalten je nach Reifegrad 30 bis 50 Prozent Zucker sowie Eiweiß. Gerhard Schwaiger selbst verwendet sie nicht. „Man kann Süßigkeiten daraus herstellen, ich habe es probiert, aber es hat mir nicht gefallen”, so Schwaiger.

Auch Peter Himbert vom Mühlenrestaurant Molí des Torrent in Santa Maria weiß natürlich um die Eigenschaften des Johannisbrots, doch er verarbeitet es ebenfalls nicht in seinen Gerichten.

Anders als Gerhard Schwaiger und Peter Himbert setzt der mallorquinische Sternekoch Santi Taura durchaus auf die braunen Schoten. Er, der es ohnehin liebt, mit typischen Inselprodukten zu arbeiten, experimentiert immer mal wieder mit Johannisbrot. So tischte er als Brot zum Dinner in seinem Restaurant Dins in Palma schon mal einen ganzen, kleinen Laib aus Johannisbrotmehl auf, zu dem er geräucherte Butter reichte.

Auch Jordi Cantó, der im Restaurant Sa Clastra im Hotel Castell Son Claret in Es Capdellà aufkocht, verwendet Johannisbrotmehl für Brot und Kekse.

Tomeu Caldentey wiederum nutzt die Schoten, die es auf keinem Markt und in keinem Geschäft zu kaufen gibt, in seinem Lokal in Sa Coma für eine spezielle Schokolade. Den zarten Schmelz kombiniert er mit Zitrusfrüchten.

Und Rafael Sánchez, der im Hotel Maricel in Cas Català am Herd steht, hat den Gästen im Rahmen des preisgekrönten Maricel-Frühstücks bereits einen Brownie mit Johannisbrotmehl präsentiert.