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Höhepunkte, von denen sich der Blick über die Weiten der Insel schweifen lässt, gibt es auf Mallorca viele. Doch kaum ein Winkel ist so wenig bekannt und doch relativ leicht erreichbar, wie die Mariengrotte von Lourdes bei Santa Eugènia in der Inselmitte, die, wie ihr Name andeutet, von der gleichnamigen Kultstätte in Frankreich inspiriert ist.

Es ist eine wahrlich archachisch anmutende Höhle mit ihren diversen Grotten, die wohl ausgespült wurden durch zahlreiche sintflutartige Regenmassen, als auf Mallorca ein tropisches Klima herrschte und die Menschheit noch keinen Fuß auf den Kalkfelsen im Meer gesetzt hatte. Stattdessen hatten sich in der Grotte Wildtauben niedergelassen, die in den bauchigen Öffnungen des ausgewaschenen Gesteins Schlaf- und Brutplätze fanden. So bürgerte sich für den Ort in Halbhöhenlage zunächst der Name „Sa Cova des Coloms”, die Höhle der Tauben ein.

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Seit 1920 wacht die Marienstatue über den Eingang zur Felsengrotte. Foto: as
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Es ist ein wahrlich friedlicher Ort, der zum beschaulichen Verweilen einlädt. Einer der größten Enthusiasten des Winkels muss der Pfarrer des kleinen Dorfes in der Inselmitte gewesen sein. Mateu Coll Rubi kam im Jahre 1920 auf die Idee, in die Taubengrotte ein Bildnis der Mutter Gottes zu installieren, ganz nach dem Vorbild von Lourdes, der christlichen Pilgerstätte an der Nordseite der Pyrenäen in Südfrankreich. Was die Franzosen können, können wir schon lange, dürfte sich der Gottesmann gedacht haben. Und schon bald zog der Ort nach und nach Menschen an, die dort zum Gebet zusammenkamen und im Falle von Gebrechen und Krankheiten das Bildnis der Heilige Maria um Heilung und Gesundheit anflehten.

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Rund um die Grotte wurden Gänge und Stufen angelegt. Foto: as

Seine Attraktion hat der Ort bis heute nicht verloren: In einer der natürlichen Nischen brennen Kerzen, in den Spalten des Gesteins stecken Zetteln, auf denen Genesene der Jungfrau ihren Dank aussprechen. Auch reichlich Blumenschmuck findet sich zu Füßen der Heiligen, die seit 1942 von einer weiteren Figur, der heiligen Bernadette, begleitet ist, die in gebührlichem Abstand zur Muttergottes in kontemplativer Andacht verharrt. Apropos Blumenschmuck: Der Statue der barfüßigen Maria hat der Künstler eine steinerne, gelbe Rose zwischen den Zehen hervorblühen lassen, die der Himmelsmutter einen ungeahnten Hippie-Look angedeihen lässt.

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Eine gelbe Rose ziert den Marienfuß. Foto: as

Rund um die „Cova de Lourdes”, wie das grottenartige Ensemle nunmehr heißt, sind von Hand weitere Gänge und Nischen angelegt worden, sodass man leicht zur Marienstatue aufsteigen oder in Gruppen auf steinernen Bänken regen- und windgeschützt zusammenkommen kann. Doch wer die Höhle besuchen möchte, muss zunächst von der Straße, die den Santa-Eugènia-Ortsteil Ses Olleries mit dem Kernort verbindet, eine Vielzahl Treppenstufen erklimmen, die es durchaus in sich haben. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum die Stätte in der Regel nicht allzu besucht ist. Wer den Aufstieg aber auf sich nimmt, wird entschädigt: Nicht nur von der Anwesenheit der Muttergottes, sondern auch vom Ausblick in die traumverlorene Insellandschaft. Wenn das nicht gut für die Gesundheit ist!