Auch in Mallorcas öffentlichen Krankenhäusern sind Urlauber bereits aufgefordert worden, ihre Behandlungskosten selbst zu übernehmen.

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Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien eingeleitet. Der Vorwurf: Urlauber aus anderen EU-Staaten, die während ihres Aufenthaltes etwa auf Mallorca gesundheitliche Versorgung benötigen, werden in spanischen öffentlichen Krankenhäusern nicht kostenlos behandelt, wie es das EU-Recht vorsieht (siehe Infos am Ende des Artikels).

Offenbar liegen der EU-Kommission zahlreiche Beschwerden von Betroffenen vor, die aufgefordert wurden, ihre Behandlungskosten entweder selbst zu zahlen oder über ihre private Reisekrankenversicherung abzurechnen. Dies komme vor allem in touristischen Regionen des Landes vor, wobei die EU-Kommission keine konkreten Fälle nennt.

Laut Zeitungsberichten gab es Beschwerden über Krankenhäuser an der Costa del Sol sowie auf Ibiza. Aus mallorquinischen Krankenhäusern wurden solche Fälle bereits vor einem Jahr bekannt. Das Thema ist denn auch nicht neu: Die EU-Kommission stehe seit 2010 in Kontakt mit den spanischen Behörden, heißt es in einer am 30. Mai veröffentlichten Pressemitteilung.

Und weiter: "Die Kommission ist besorgt darüber, dass Spanien womöglich seiner EU-rechtlichen Verpflichtung nicht nachkommt, Personen aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die sich vorübergehend in Spanien aufhalten, im medizinischen Notfall die gleiche Versorgung zukommen zu lassen, die auch spanische Staatsangehörige im öffentlichen Gesundheitssystem beanspruchen können."

Das spanische Gesundheitsministerium in Madrid reagierte umgehend: Wer in einem öffentlichen Krankenhaus eine gültige europäische Krankenversichertenkarte vorlege, werde auch behandelt. Man habe keine Kenntnis von Fällen, in denen eine kostenlose Behandlung verweigert worden sei.

In Spanien würden jährlich 50 Millionen Touristen ihren Urlaub verbringen, 500.000 von ihnen nähmen mit einer europäischen Versichertenkarte ärztliche Hilfe in einem der öffentlichen Krankenhäuser in Anspruch.

Auf den Balearen verbrachten im Jahr 2011 knapp zehn Millionen ausländische Touristen ihren Urlaub. Laut Zahlen der zuständigen Behörde IB-Salut nahmen 38.900 von ihnen ärztliche Hilfe im öffentlichen Gesundheitswesen in Anspruch, überwiegend wegen Knochenbrüchen, Infektionen sowie Magen-Darm-Erkrankungen.

Die verursachten Kosten beliefen sich auf 13,4 Millionen Euro - viel Geld, angesichts der angespannten Finanzlage in Spanien. Denn diese hat ohnehin schon zu massiven Sparmaßnahmen im öffentlichen Gesundheitswesen geführt.

Unter anderem wurde Ausländern der Zugang zu einer Versichertenkarte erschwert. Wer sich auf Mallorca niederlassen will, muss seit einem Jahr entweder eine feste Arbeit, eine private Krankenversicherung oder ausreichende Geldmittel nachweisen, um nicht dem spanischen Sozialstaat zur Last zu fallen.

Illegale Immigranten aus Nicht-EU-Ländern wiederum bekommen keine Versichertenkarte mehr und werden selbst in den Notaufnahmeabteilungen der mallorquinischen Krankenhäuser nur widerwillig oder gar nicht behandelt, wie kürzlich der Fall des 28-jährigen Senegalesen Alpha Pam zeigte, der an einer nicht diagnostizierten Tuberkulose starb.

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Tatsächlich verursacht das Gesundheitswesen einen Großteil der Ausgaben des spanischen Staates. 2011 etwa betrug dieser Posten im Staatshaushalt mehr als 62 Milliarden Euro. Dementsprechend groß ist der Druck, hier Geld einzusparen.

In Internetforen rief die Meldung des Verfahrens gegen Spanien denn auch eindeutige Reaktionen hervor: Es könne nicht sein, dass Ausländer aus reichen mittel- und nordeuropäischen Ländern Spaniens Gratis-Gesundheitswesen ausnutzen, während die Bevölkerung des Landes mit immer neuen Sparmaßnahmen klarkommen müsse. "Und jetzt macht die EU deswegen auch noch Druck", heißt es weiter.

Der spanische Staat allerdings bleibt auf den Mehrkosten nicht sitzen: Die Ausgaben, die Urlauber mit einer europäischen Krankenversicherungskarte in Spanien verursachen, werden ersetzt. "Die spanische Sozialversicherung stellt die Kosten der jeweiligen deutschen Krankenkasse in Rechnung", bestätigt Franz-Peter Kampmann von der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland in Bonn.

"Das Prozedere dauert zwar etwas, letztendlich aber werden alle Ausgaben eins zu eins erstattet." Probleme gibt es traditionell beim Transfer des Geldes aus dem zentralen Fonds in Madrid in die Regionalkassen. Die Balearen haben als Touristenregion vergleichsweise hohe Mehrausgaben durch Urlauber, die medizinische Behandlung benötigen.

Erstattet wird aus dem Gesundheitsfonds in der Hauptstadt aber nur ein Teil davon. Laut IB-Salut blieb man im Jahr 2011 auf rund 6,7 Millionen Euro sitzen.

INFO

Die Europäische Krankenversicherungskarte (EKVK) garantiert EU-Bürgern bei vorübergehenden Aufenthalten im Ausland (wie etwa Urlaub) den Zugang zum dortigen öffentlichen Gesundheitswesen - zu denselben Bedingungen wie die Angehörigen des jeweiligen Staates.

Die Karte ist ausdrücklich nicht dafür gedacht, zu Behandlungen eigens ins Ausland zu reisen. Sie deckt nur "erforderliche Sachleistungen" in öffentlichen Krankenhäusern und Gesundheitszentren ab, wie es bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland heißt.

Die EKVK wird in Deutschland von der jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse ausgestellt. In Spanien bekommt man die Tarjeta Sanitaria Europea, TSE (auf Englisch: European Health Insurance Card, EHIC) entweder bei der Gesundheitsbehörde IB-Salut (Terminvergabe: 971-437336) oder per Internet bei der Sozialversicherung.

Informationen rund um die Europäische Krankenversicherungskarte gibt es zum Beispiel auf der Internetseite der EU-Kommission.