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Die alten Steineichenwälder in den Höhen der Tramuntana haben eine geheimnisvolle, fast mystische Ausstrahlung. Das liegt zum Teil an den federähnlichen silbergrünen Flechten, die sich gerne um die Äste der Bäume ranken, von denen nicht wenige über 500 Jahre alt sind. Die Baumgreise haben mächtige, weit ausladende buschige Kronen. Steineichen trotzen der kargen Natur in der Sierra und wachsen selbst auf dem felsigsten Boden. Jetzt im Spätherbst sind viele Felsen mit dunkelgrünem Moos bedeckt und immer wieder kann man hören, wie Eicheln auf das trockene Laub fallen.

Eine schöne Wanderung durch Steineichenwälder, die gleichzeitig Einblicke in die Geschichte gibt, führt um den Berg Moleta de Binifaldó in der Nähe des Klosters Lluc. Dort beginnt auch die Tour. Sie ist als Route Nummer 1 "Volta a sa Moleta de Binifaldó" gekennzeichnet.

Der Weg führt zunächst kurz an der Ausfahrt des Klosters entlang bis zu einem Fußballfeld und von dort an Steineichen vorüber weiter auf den "Camí Reial", den Königsweg. Der breite Schotterweg wurde bereits 1337 urkundlich erwähnt und war im Mittelalter die Hauptverbindung zwischen Lluc und Pollença. Nach einer Dreiviertelstunde gemütlichem Anstieg überquert die Route die Landstraße MA-10 und führt weiter auf dem Königsweg, der hier allerdings geteert wurde, durch die öffentlichen Landgüter Menut und Binifaldó.

Beide Landgüter stammen noch aus maurischer Zeit. Heute ist in Binifaldó ein Umweltbildungszentrum und in Menut befindet sich das Forstzentrum der Balearen, aber bis in die 1950er Jahre arbeiteten hier 150 Männer das ganze Jahr über, um aus dem Holz von Steineichen Holzkohle und aus Kalksandstein Kalk herzustellen.

Ein restaurierter Kalkofen kurz hinter der MA-10 und zahlreiche Kohlenmeiler (160 sind es auf beiden Fincas) zeugen davon. Die Kalksteine mussten zehn bis zwölf Tage durchgehend brennen, um zu Kalk zu werden. Fast genauso lange dauerte das Verkohlen von Holz. Während dieser Zeit mussten die Meiler überwacht werden. Die Carboners schliefen deshalb direkt neben ihnen im Wald.

Die Wanderroute verläuft direkt vor dem Eingangstor zu den Häusern von Menut. Wer kurz vorher rechts durch eine Holztür geht, sieht nach knapp 100 Metern eine strohbedeckte runde Hütte. Es ist eine nachgebaute Unterkunft der Carboners. Ganz in der Nähe steht ein gotisches Kreuz, das "Creu de Menut", zum dem die Bauern der Serra jahrhundertelang kamen, um in Trockenzeiten um Regen zu bitten.

Ab Menut sind in einer halben Stunde die Häuser von Binifaldó erreicht. Dabei gibt der Waldweg immer wieder den Blick frei auf die felsige Bergwelt rund um Lluc. Die Häuser von Binifaldó sind von gewaltigen Steineichen umgeben. Hier verlässt die Wanderroute den Königsweg und führt in Kurven bergauf zum Berg Coll de Pedregaret. Jetzt kann man auch dem Wegweiser "GR-221 Refugio Son Amer, Lluc" folgen.

Doch vor dem Anstieg lohnt sich ein kleiner Abstecher. Knapp zehn Minuten von Binifaldó, weiter auf dem Königsweg Richtung Pollença, steht ein Baumdenkmal. Es ist die riesige Steineiche "d'en Pere". Sie ist fast 600 Jahre alt und 20 Meter hoch. Ihre Baumkrone hat einen Umfang von 118 Metern. Der Abstecher lohnt sich auch, weil von hier die Hauptgipfel der Tramuntana zu sehen sind: der Puig de Massanella (1367 Meter) und der Puig Major (1447 Meter). Zurück in Binifaldó beginnt der halbstündige Aufstieg zum Coll de Pedregaret, von dem ein schmaler Pfad in 30 Minuten über den Coll des Bosc Gran zum Coll de sa Font führt.

Immer wieder erscheinen dabei Kohlenmeiler im Wald, der einer Traumwelt gleicht. Auf dem höchsten Punkt weist ein Wegweiser zu einem "Mirador", einer Aussichtsplattform mit einem imposanten Blick auf das Kloster Lluc mit seinen ausgedehnten Steineichenwäldern, und auf vier Gipfel: Caragoler (913 Meter), de n'Ali (1038 Meter), Massanella und d'en Galileu (1128 Meter). Von da ist nach etwa 40 Minuten Abstieg, immer dem Schild "GR - 221 Refugio Son Amer / Lluc" folgend, wieder Lluc erreicht.

Dauer: 3 Stunden
Schwierigkeitsgrad: leicht

AUCH DIESE WANDERUNGEN FÜHREN DURCH DIEA EICHENWÄLDER

Reitweg des Erzherzogs

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Schwierigkeit: sehr leicht

(aus MM 48/2015)