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Ein Gerücht geht um: Der weiße Hai soll ins Balearenmeer zurückgekehrt sein. Ein Fischer will ihn bei Cap Formentor gesehen haben. Er beharrt darauf. Früher wurde der größte Raubfisch der Welt hier gejagt. Am häufigsten fingen die Fischer ihn vor Alcúdia und Pollença.

Seit 1976 ist kein Weißhai mehr vor der Küste der Balearen gefangen oder zweifelsfrei identifiziert worden, aber seit ein paar Jahren gibt es immer wieder Meldungen von vermutlichen Sichtungen. Auf Menorca wurde Anfang August ein Strand gesperrt, weil ein Badegast Gefahr im Wasser gewittert hatte, was allerdings nicht bestätigt werden konnte. Müssen wir Angst haben?

Experten beruhigen - mehr oder weniger. "Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für die Rückkehr des weißen Hais", sagt Biel Morey von der Meeresschutzorganisation Ondine. Es könne natürlich sein, dass ein Exemplar an den Balearen vorbeiziehe. Er sei ein Wanderfisch und lege lange Entfernungen zurück. Heute sei er hier, morgen vielleicht schon vor Korsika. Für den weißen Hai stelle das Mittelmeer im Allgemeinen eine Durchgangszone dar. Lediglich im Süden von Italien gebe es ein Brutgebiet.

Insgesamt kommen im Balearenmeer dreißig Arten von Haien vor, erzählt der Biologe. Ein Teil davon halte sich ständig hier auf: "Dass sie an die Küste kommen, ist sehr unwahrscheinlich, weil sie in großen Tiefen leben." Am häufigsten nähere sich der Blauhai dem Ufer an. In letzter Zeit seien vor Formentera aber auch Riesenhaie beobachtet worden. Beide gehörten zu den Wanderfischen. Fast immer, wenn Fischer glaubten, einen weißen Hai gesehen zu haben, stelle es sich als Blauhai heraus, und es gebe keinen einzigen bestätigten Fall, dass einer jemals einen Menschen im Wasser gebissen hätte.

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"Wenn wir den Haien durch die Überfischung der Meere ihre Nahrung wegnehmen, kann es schon sein, dass sie sich mehr der Küste nähern", sagt Diana Alonso von Palma Aquarium. Irgendwo müssten sie sich ja ihre Nahrung suchen, aber sie seien keine kaltblütigen Killer, wie allgemein vermutet. "Der Film 'Der weiße Hai' hat eine kollektive Psychose ausgelöst", meint die Meeresbiologin mit einem Seufzen.

Den Einwand, dass kürzlich vor den USA zwei Jugendliche bei einer Hai-Attacke jeweils einen Arm verloren haben, lässt sie nur bedingt gelten: "Dort kommen viel mehr Haie vor als bei uns. Aber sie attackieren Menschen nicht gezielt, sondern können uns mit ihrer Beute verwechseln. An was erinnert ein Surfer, der auf seinem Board sitzt und paddelt, von unten gesehen? An eine Meeresschildkröte. Und wem sieht ein Taucher ähnlich? Einer Robbe."

Sobald der Hai merke, dass er sich getäuscht habe, lasse er los. In Palma Aquarium hätten sie noch nie ein Problem mit einem der Haie gehabt. Die Pfleger tauchten zum Füttern täglich in die großen Becken ein. Es sei unglaublich, wie vorsichtig die Tiere ihr Fressen entgegennähmen. Sie kämen sogar und berührten die Pfleger. Das sei ihre Art, sie zu identifizieren. "Ich versichere Ihnen, Haie haben mehr Angst vor uns als wir vor ihnen und versuchen, sich von uns fernzuhalten."

(aus MM 36/2015)