Hier läuft ungefilterter Zuckerrohrsaft aus der Presse, wie er in der Karibik auf nahezu jedem Straßenmarkt angeboten wird. | ecu

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Wer schon in den Tropen oder Subtropen gewesen ist, freut sich, denn er sieht alte Bekannte. Wer noch nicht dort war, staunt: Im Gewächshaus von Jeroni Esteva bei Sant Llorenç steht eine Fülle subtropischer Obstbäume. Schilder verraten die Namen: Limettenkaviar, Drachenfrüchte, Pekannüsse, Natalpflaumen, Cherimoya, Sapote, Moringa, Guaven, Papaya und gleich mehrere Sorten von Avocados findet man hier. Sie können tatsächliche alle auf der Insel angebaut werden. Dem Klimawandel ist es zu verdanken.

Jeroni Esteva freut sich über den Wandel auf seiner Finca.
Jeroni Esteva freut sich über de Wandel auf seiner Finca.

Bis vor zehn Jahren habe es im Winter viele Probleme gegeben, erzählt Jeroni Esteva. Aber seitdem mache sich die globale Erwärmung bemerkbar. Selbst der Nordwind, der den Bäumen gar nicht gefalle, schade durch die milderen Temperaturen im Winter kaum noch.

Hauptberuflich führt Esteva Tiefbauarbeiten durch. Der Anbau und Verkauf subtropischer Obstbäume sei eine Nebenbeschäftigung und ein großes Hobby. Das merkt man dem Mann an. Mit Freude stellt der Mallorquiner seine exotischen Pflanzen vor. Im Urlaub auf den Kanaren 1994 habe alles begonnen. „Da sah ich zum ersten Mal subtropische Bäume und fand sie so schön, dass ich sie zu Hause selber anbauen wollte.”

Zurück auf der Insel setzte er seinen ersten Avocadobaum. Eine andere Sorte habe er damals nicht bekommen. „Da steht er”, meint Esteva und zeigt auf einen etwa fünfzehn Meter hohen Baum mit ausladender Krone und dunkelgrünen, elliptisch geformten Blättern unweit des Gewächshauses. Ein Avocadobaum brauche nicht mehr Pflege als ein gut erhaltener Orangenbaum. Von Krankheiten werde er nicht befallen. Nur an der Wurzel könnten sich Pilze ansiedeln, wenn man zu viel wässere. Im Frühling reiche Tropfenbewässerung einmal pro Woche, im Sommer sollte man das zweimal pro Woche machen, aber niemals täglich.

Avocados aus Mallorca!
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Inzwischen produziert der Landwirt 3000 Kilo Avocados pro Jahr. Die verschiedenen Sorten tragen zu unterschiedlichen Zeiten Früchte. Im Moment wird die Sorte „Hass” geerntet. Typisch für sie ist die genoppte Schale, die im reifen Zustand dunkel wird. Man lasse Avocados jedoch nicht am Baum ausreifen, sondern pflücke sie hart, erklärt Esteva. Dann müssten sie noch bis zu zehn Tage liegen. Es gebe aber einen Trick für Ungeduldige. „Wenn man sie schneller reifen lassen will, wickelt man sie in Zeitungspapier ein oder gibt sie in einen Obstkorb zusammen mit Äpfeln.”

Mallorquinische Avocados seien vielleicht etwas kleiner als tropische, aber genauso gut im Geschmack. Und sie hätten einen großen Vorteil. Weil der lange Transport wegfalle, gebe es keine Lagerungsschäden. Außerdem verkauft Esteve je nach Jahreszeit Guaven, weiße Sapote und Cherimoya. Geschmacklich und in der Konsistenz erschließen sich da ganz neue Welten. Weiße Sapote haben puddingartiges Fleisch, das ausgelöffelt wird ebenso wie das der Guaven. Diese sehen wie Birnen aus, sind aber Beeren. Cherimoya erinnern im Geschmack an Erdbeere, Birne und Papaya.

In erster Linie verkauft Esteva aber Jungbäume. Und er hat noch ein ganz neues Projekt, verrät er. Seit zwei Jahren baue er auch Zuckerrohr an. „Es sieht hübsch im Garten aus und hat den Vorteil, dass es sich nicht so schnell ausbreitet wie Bambus.” Früher einmal habe es auf der Insel den Anbau von Zuckerrohr gegeben. Im 15. Jahrhundert hatte König Juan II. von Aragon es eingeführt. Das Dorf Canyamel trage seinen Namen davon. „Canya” bedeute Rohr und „Mel” Honig. „Es gibt heute noch alte Mallorquiner, die als Kind am Zuckerrohr gelutscht haben, weil es sonst keine Süßigkeiten gab.”

Auch Zuckerrohr gedeiht auf der Finca.

Esteva hat noch etwas anderes damit vor. „Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.” Mit einem Gerät, das ein bisschen an eine manuelle Brotmaschine erinnert, zerdrückt er eine Stange Zuckerrohr. Dabei entsteht eine gelbliche Flüssigkeit. Das sei ein richtiges Power-Getränk. Es liefere Energie, rege den Stoffwechsel an und enthalte viele gesunde Ballaststoffe. Er kenne es aus Kuba, dem Heimatland seiner Frau. Dort und in anderen mittel- und südamerikanischen Ländern könne man an vielen Ortsausgängen frisch gepressten Zuckerrohrsaft kaufen. Wenn die Pandemie Wochenmärkte und Messen endlich wieder zulasse, wolle er das auch tun. Esteva gibt eine Kostprobe. Der Saft schmeckt süßlich, aber nicht zu süß, wie ein isotonisches Getränk. Toll, tropische Tropfen auf Mallorca!

Jeroni Esteva schneidet Zuckerrohr-Strunke in
handliche Stücke und entsaftet sie.